• Allgemeines,  Alltag,  blog

    Runde 5 der Edublogparade 2024: Warum schreibe ich einen Blog?

    Vorbemerkung: Eine Reihe von bildungsaffinen Bloggern hat sich zum Ziel gesetzt, 2024 häufiger thematisch gemeinsam zu bloggen. Die Themenvorschläge werden an dieser Stelle gesammelt, alle Beiträge zum aktuellen Thema werden unter dem Beitrag gesammelt.

    Folge 5 der Edublogparade2024 geht ans Existenzielle. Zumindest für uns bloggende Lehrkräfte: “Warum schreibe ich einen Blog?” lautet die Frage. Und darüber sinniere ich. Wieder mal. Das Thema spukte mir schon vor ein paar Jahren im Kopf herum und brachte mich zu einem Artikel, der sich irgendwo in den Tiefen dieses Archiv verbirgt. Ich muss ihn nur suchen… (and for later: hier ist er übrigens). Ich lese das gute Stück allerdings erst, nachdem ich fertig bin – allein um zu sehen, ob sich was an meiner Grundmotivation geändert hat. Kann ja gut sein. Denn die digitale Welt hat das definitiv.

    Drei Dinge auf einmal: Neugier

    Am Anfang war es pure, ungezügelte Neugier am Ausprobieren. Anfang 2013 wurde ich im Netz zunehmend auf die Blogs von Lehrkräften in Deutschland aufmerksam. Als ich dann merkte, dass es sogar Lehrende aus Bayern gab, die sich auf diesem Format bewegten, war das Interesse geweckt. Als dann auch noch die Verquickung mit Twitter bei vielen Blogs auffiel, fing ich auch auf technischer Ebene Feuer.

    Drei Dinge auf einmal: Vernetzung

    Nach den ersten Schritten kam dann der nächste Grund ganz automatisch: Vernetzung. Mit Blog und Kurznachrichtendienst öffnete sich eine Tür in eine andere, viel größere Welt. Zum physikalischen Lehrerzimmer vor Ort kam ein digitales dazu. Und das war weiter, größer und bunter als alles, was ich bis dahin gekannt hatte. Im späteren Twitterlehrerzimmer tummelten sich alle Bundesländer, alle Fächer, alle Schularten. Und mit dem großen Blick über den Münchner Tellerrand in andere Kollegien bekam ich eine Tonne an Ideen, lange bevor sie bei uns an der Schule ankamen:

    Ich war der erste mit einem Tablet an der Schule. Bereits 2014 versuchte ich mich an einer kabellosen Verbindung nach Inspiration eines Artikels von Matthias Heil. Der Corona-Lockdown wurde durch den Ideenpool online Wochen vorher mit Alternativformaten kompensiert, bevor wir von Staatsseite Unterstützung durch Videotelefonie bekamen. Die Liebe zu Lernplattformen und digitale Übungsformate fing ausschließlich online Feuer. Und in das tolle Team, mit dem ich am ISB arbeiten darf, kam ich nur aufgrund meines Blogs, auf den man aufmerksam geworden war.

    Drei Dinge auf einmal: Kontemplation

    Für mich war der Blog immer eine tolle Möglichkeit, Sachen loszuwerden, die mich im Schulkontext beschäftigten. Positives wie auch Negatives. Dinge, die mir sonst den Schlaf rauben würden, kann ich im Blog ablegen, im internen Monolog mit mir bearbeiten, veröffentlichen – und mit etwas Glück habe ich am nächsten Tag auch ein paar Leser mit an Bord, die mit mir darüber in Dialog getreten sind. Ich kann ein paar Apps ausprobieren, einen Erfahrungsbericht dazu verfassen – und bestenfalls jemand dazu inspirieren selbiges zu tun. Ist das nicht großartig?

    Oh ganz vergessen: Spaß

    Den hätte ich fast vergessen. Der schwingt bei all dem natürlich mit. Der Austausch, das Entdecken, das Vernetzen ist existenziell für mich geworden. Und jeder Kenntnisgewinn über neue Methoden oder Tools fühlt sich an wie ein neues Tor zu eine neuen kleinen, coolen Welt. Und das ist bis heute so.

    Times are a-changing

    Diese vier Gründe halten meinen Blog bis heute am Laufen. Zugegeben, es ist ein leicht instabiles Gebäude, dieses Fundament. Der Alltag ist nämlich gerne mal ruppig und raubt einem dieser Pfeiler gerne mal den ihm gebührenden Platz. Denn auch nach Jahren Routine in der Schule selbst ist in Digitalien zwar gut was los, aber nicht immer Gutes:

    Die DSGVO führte vor ein paar Jahren zum Blog-Tod einiger gut gehender Angebote. Das Twitterlehrerzimmer ist zerfallen und in BlueLZ, thLZ, das Instalehrerzimmer und das FediLZ zerfleddert. Dadurch sind social media zunehmend im Bildungsbereich unterwegs und haben viele Leute dorthin abgezogen. Der Bedarf an long reads in Blogs ist den Kurzformaten in Form von 10 Sekunden-Stories und Kurznachrichten gewichen. Selbst Kommentare zu Blogartikeln haben sich vorrangig in die sozialen Medien verschoben. Sagen wir es, wie es ist: Blogs sind ein Boomer-Format geworden. Aber das ist ok für mich. Ich brauche Inhalte jenseits von POV-Videos, in denen Leute mit zweifelhaften schauspielerischen Talenten ihren Schulalltag nachstellen. Ich brauche was anderes als Leute, die auf Instagram vorrangig ihre Links zu ihrem kostenpflichtigen Lernmaterial an den Mann und die Frau bringen. Oder mit ihren Klassen Dance Challenges durchführen. Ich brauch das nicht. Ich bin zu alt dafür. Oder wie Roger Murtaugh aus Lethal Weapon sagen würde:

    I’m too old for this shit.

    Weitere Beiträge zum Thema auf den folgenden Blog:

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  • Allgemeines,  Prüfungen

    Wieviel Zeit beansprucht ein Abitur?

    Während Runde 5 der Edublogparade 2024 gerade durch die Lande zieht (und ich über einen adequaten Artikel zu dem Thema nachdenke), habe ich aus Runde 2 Lehren gezogen und mich der Arbeitszeiterfassung hingegeben. Denn darum ging es vor ein paar Monaten vor dem Hintergrund des Abbaus von Überstunden.

    Wie immer dauert es bei mir, bis neue Routinen sitzen. Es gibt Tage, wo mir erst am Abend einfällt, dass ich ganz vergessen habe mit Working Hours meine geleisteten Stunden zu dokumentieren und gebe sie im Nachhinein ein. Für die nächsten vier Wochen werde ich allerdings ganz genau darauf achten. Es ist eine besondere Zeit angebrochen. Das Abitur läuft seit ein paar Tagen in Bayern, und ich möchte seit Jahren für mich selbst herausfinden, wie lange ich tatsächlich für die Korrektur eines Abiturs benötige. Ich will nichts rechtfertigen, auf nichts Besonderes aufmerksam machen, keinen Shitstorm hervorrufen, weil ich auf “kostenlose” Überstunden hinweisen möchte – mir geht’s persönlich einzig und allein um den Kenntnisgewinn. Deswegen schauen wir mal, was draus wird. Wie lange brauch ich für das diesjährige Abitur in Englisch? 24 Leute. 12 Arbeiten schriftlich, 12 Kolloquien. Alles möchte ich festhalten: Das Abholen der Arbeiten, das Ordnen, das Auslegen, das Probehören der Audiodateien, die Korrektur, die Sitzungen zum Abgleichen der Fehler. Alles.

    Wetten werden angenommen. Jetzt. Am Besten in den Kommentaren. Nun auch mit echtem Poll:

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    Wie lange korrigiert man an einem Abitur (Kursstärke 24 SuS, 12 schriftlich, 12 mündlich)
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  • Allgemeines,  Technik

    Eine neue Landing Page mit Linkstack

    Landing Pages sind schon seit Jahren für Leute, die in den sozialen Netzwerken tätig sind, eine schicke Sache. Das Prinzip ist einfach: Statt eine Person auf den einzelnen Plattformen umständlich zu suchen, hat diese einfach stets dieselbe Landing Page in ihrem jeweiligen Profil hinterlegt. Auf dieser sind sämtliche ihrer Profile in einer schicken Übersicht gelistet, sodass man nun bequem mit ein paar Klicks dem neuen Influencer auf Instagram, Facebook, Bluesky oder Mastodon folgen kann. Das ist praktisch. Und in Zeiten der Zersplitterung des ehemaligen Twitterlehrerzimmers wohl wichtiger denn je, um die Leute nicht aus den Augen zu verlieren.

    Als unausgesprochener Standard hat sich in den Netzwerken irgendwann linktree etabliert. Der Service ist in der Basisversion kostenlos, erlaubt viele Einstellungen und hübsche Designs… und ist leider auch eine ziemliche Datenkrake. Wie gut, dass es Alternativen gibt. Eine davon finde ich besonders reizvoll: Linkstack. Angeblich speicherschonend und datenschutzkonform. Schauen wir mal🙂

    Abhängig von der gewählten Instanz kostet die Einrichtung einer Landing Page dort entweder minimal bis gar nichts. Für mich am reizvollsten ist die Option des self-hostings – vorausgesetzt man hat eigenen Webspace und eine Domain. Mit dem entsprechenden Provider ist das fluchs eingerichtet.

    Installation

    Auf der Seite lädt man einfach eine ZIP-Datei herunter (self-hosted option), die man entpackt und über FTP in ein vorher angelegtes Verzeichnis auf seinem Webspace hochlädt. Bei  all-inkl.com geht es sogar noch komfortabler. Hier lädt man die ZIP-Datei in Gänze hoch und überlässt das Entpacken einfach dem System – vorausgesetzt man hat an der entsprechenden Stelle ein Häkchen gesetzt. Sobald alles installiert ist, surft man einfach im Browser die erstellte Domain an, in die Linkstack installiert wurde. Dort lässt sich ein Administrator samt Passwort anlegen und schwupps ist man auch schon im System, um seine Landing Page anzulegen.

    In all-inkl.com lässt sich die heruntergeladene Datei einfach uploaden und automatisch entpacken.

    Ab da geht’s rasend schnell! Über Links lassen sich die URLs zu den jeweiligen Profilen anlegen und in der Auflistung nach oben und unten verschieben. Linkstack erkennt die jeweiligen Dienste hinter den Adresse und blendet später an den entsprechenden Buttons die jeweiligen Icons des Netzwerkes ein.

    Über Aussehen lässt sich ein kleiner Einleitungstext und ein Profilbild hinterlegen. Nix Großartiges, aber das verlangt ja auch keiner. Die Links stehen hier ja klar im Vordergrund.

    Themen verleihen der Landing Page das gewisse Etwas. Es handelt sich hierbei um vorgefertigte Designs, die mit interaktiven Hintergründen und darauf abgestimmte Farb- und Fontpaletten aufwarten. Einen kleinen Vorgeschmack findet man hier. Man kann aber auch einfach einen schnöden statischen Hintergrund hochladen – und fertig ist die neue Landing Page. Diese lässt sich nun als Link in jedem sozialen Netzwerk im Profil hinterlegen. Hier ist meiner:

    https://herrmess.de/linkstack/@herr_mess

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  • Alltag,  Technik

    Like it’s 1996…

    Horror, ich habe mein Handy zuhause liegen lassen. Und das an einem Tag, wo ich vor 16.00 Uhr nicht zuhause bin. Zu dumm, dass mir das erst aufgefallen, als ich in den Öffis Platz genommen hatte. Also viel zu spät. Wieder aussteigen und wieder zurückfahren, um das unverzichtbare Utensil zu holen, war zeitlich einfach nicht drin. Naja, dann zähneknirschend hingenommen, für die nächsten zehn Stunden ohne mein Smartphone zu sein.

    So wurde es eben ein Arbeitstag wie vermutlich 1996. Nur ein PC und eine eMail. Und deswegen folgt nun eine Liste über…

    …Dinge, die über den Tagesverlauf nicht möglich waren:

    • Musik hören auf dem Weg zur U-Bahn
    • Vokabeln lernen in der U-Bahn
    • Nachrichten lesen und beantworten
    • eMails on the go lesen und beantworten
    • Freistunden mit Surfen versüßen
    • social media lesen und beantworten
    • Techniker für die Schul-IT wegen mehrerer Fehler Bescheid geben
    • Kollegenkreis mit Sparwitzen von punnyworld versorgen
    • Auf akut auftretende Kollegiumsfragen reagieren
    • Zwischen Tür und Angel einen Arzttermin ausmachen
    • Espressomaschine von unterwegs vorheizen
    • Sprachnachrichten abhören und beantworten
    • spontan Fotos machen und verschicken

    War mega.

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    3.3
  • Allgemeines,  Alltag,  blog

    Gipfeltreffen und Kaiserwetter

    Bei schönstem Wetter hatte sich hoher Besuch in München angekündigt. Kein Geringerer als Herr Kubiwahn hatte vor Wochen zwecks eines kleinen Blogger-Treffen in der Landeshauptstadt angefragt. Mit ihm und Herrn Rau fand ich mich in der Gesellschaft echter Blogging-Urgesteine wieder. Oder um Armins Metapher zu bemühen: Ich war ein Zollkiesel unter Meilensteinen. Schön war’s, wenn auch recht kurz (was meiner Wochenendgestaltung geschuldet war). Und lecker. Das Faun im Glockenbachviertel hat kulinarisch mittlerweile gut was auf dem Kasten. Die Bowls sind sehr zu empfehlen.

    Falafel-Bowl!

    Ich mag solche Treffen ja sehr. Leute sehen, mit denen man seit Jahren online Umgang hat, ist immer eine ganz spannende Geschichte. Man kennt sich, und dann auch wieder nicht. Das ist immer ein interessantes Spannungsverhältnis voller Überraschungen, das bei solchen Meetups immer wieder zu Tage tritt. Leider mache ich das viel zu selten, weil ich es ohne eine entsprechende Vorplanung nicht wirklich hinbekomme. Meine Wochenenden und Ferien sind in der Regel gut verplant, daher sind auch so Veranstaltungen wie das große Kasseltreffen für das ehemalige Twitterlehrerzimmer kaum möglich. Umso dankbarer bin ich dann dafür, wenn sich Leute von sich aus in meinen Orbit bewegen. So wie Herr Kubiwahn.

    Es gab viel zu erzählen: Die regionalen Unterschiede von Schulen, die Vor- und Nachteile von Lernplattformen, Schwellenängste und Ablehnungshaltung derselben in Schulfamilien, Freud und Leid einer mebis Koordination oder das Bloggen als Alt-Herren-/Damen-Sport waren ebenso Thema wie der Unterschied von Falafelbowls und Falafelteller, das Aussehen von echtem Griebenschmalz, Herr Raus Artikel über den Ritter Manuel oder längst vergessene Arbeitsgeräusche antiquierter Technik.

    Man sieht, in den knapp zwei Stunden gab es einiges an Themen. Dabei war ich so interessiert beim Zuhören, dass ich ganz vergessen habe, ein Erinnerungsfoto zu machen. Lediglich meine leckere Falafelbowl schaffte es unter meine Linse. Tja, dann müssen wir wohl oder übel nochmal ran 🙂

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    4.7
  • Allgemeines,  Alltag,  Unterricht

    Runde 4 der Edublogparade 2024: Lehrkräfte, die uns beeindruckt haben

    Es ist Zeit für Runde 4 der Edublogparade 2024. Das Thema: Lehrkräfte, die Teenager beeindrucken – jaja, sowas kommt vor. Und für jeden passiert das aus anderen Gründen. Die einen fahren durch ihr schieres Sachwissen Respekt ein, andere überzeugen durch ihre Art. Mein Exemplar hatte beides. Und auch wenn ich ihn nur kurz als Sprachenlehrer hatte, ist er mir bis heute in Erinnerung geblieben.

    Es ist 1996…

    Wir bekamen ihn in der zehnten Klasse in Englisch und Französisch (und wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, war er sogar unser Klassenlehrer) – oder besser gesagt: wir sollten ihn bekommen. Das Schuljahr ging nämlich ohne ihn los. Aus Krankheitsgründen fiel er bis zum Halbjahr aus. Die beiden Sprachenfächer übernahmen solange zwei Kolleginnen und Kollegen von ihm. Mit denen kamen wir durch die Bank gut aus. Das war aber auch kein Wunder: Wir galten als Klasse als insgesamt sehr verträglich. Und so startete das Jahr nach anfänglichem Durcheinander – ohne Klassenlehrer fehlt schon etwas die Richtung – ganz ok. Es gab die typischen Ups and Downs eines Schuljahres für eine Mittelstufe. Frankreichaustausch, erste Schulaufgaben, Klassenparties, Kontakt mit Alkohol, Tanzkurs. Die Routine eines Schuljahres ließ uns vergessen, dass wir in zwei Hauptfächern Ersatzlehrkräfte stecken hatten und uns der Klassenlehrer fehlte. Und dann kam das Halbjahr. Und mit ihm kam er.

    Er war eine echte Erscheinung. Groß, athletisch, dynamisch – und mit einem perfekten Sprachenakzent sowohl in Englisch als auch Französisch. Mich beeindruckte diese Authentizität von Anfang an. Und die legte er auch bei allem anderen an den Tag. Er verstellte sich nicht. In den 90ern, wo wir an unserem Kleinstadtgymnasium schon noch das eine oder andere biedere Exemplar an Unnahbarkeit am Pult sitzen hatten, pfiff er auf Distanz. Er ging von Anfang an auf Tuchfühlung und Nähe. Persönliche Geschichten von sich und seiner Familie gehörten für ihn zur Tagesordnung, ebenso wie das ständige Sprechen über unsere Hobbies und Freizeitaktivitäten – natürlich in der jeweiligen Fremdsprache. Sein Interesse wirkte nie geheuchelt. Es war echt. Und er nutzte es im Unterricht regelmäßig, um uns ins Geschehen reinzuziehen:

    Lektionstexte zu Jugendthemen, die uns zu aufgesetzt vorkamen, ließ er kurzerhand von uns umschreiben. Rezepte, die in unseren Lehrwerken abgedruckt waren, wurden konsequent nachgekocht und im Unterricht verzehrt und in Rezensionen bewertet. Musik und Filme, die uns bewegten, waren immer wieder Teil von Diskussionen. Unsere privaten Anliegen und Interessen waren immer wieder Teile von Aufgaben in Prüfungen, die er absichtlich einbaute und uns so das Gefühl gab ständig gehört zu werden.

    Aus heutiger Sicht mag das selbstverständlich klingen. Aber ich bin noch Teil einer Schülergeneration, in der man von manchen Lehrkräften ausschließlich mit Nachnamen angesprochen wurde. In der man Klassenarbeiten namentlich und nach Zensuren verteilte. Oder offensichtlicher Willkür oft schutzlos ausgeliefert war. Bei ihm war das nie Thema. Man hatte “Wohlfühlunterricht”. Es gab immer was geboten. Unvergessen die Stunde, als er beim Thema Bürgerrechtsbewegung unvermittelt auf das Lehrerpult stieg und Martin Luther Kings berühmte Rede auswendig aus dem Kopf vortrug. Komplett mit theaterreifer Gestik, Mimik und Betonung. Er hat uns einen waschechten Dead Poets’ Society-Moment beschert, den ich so nie wieder erlebt habe. Spätestens ab da hatte er uns gewonnen.

    Ein Jahr später

    Umso trauriger waren wir damals dann, als in der elften Klasse nur noch ein Teil von uns ihn in Französisch bekam. Die Klasse wurde in Französisch aufgeteilt. Wieso, wussten wir nicht. Meinereiner war bei einer anderen Lehrkraft im Unterricht. Auch dieser war nicht schlecht. Aber er war nun mal nicht so wie im letzten Jahr. Die Spuren, die er bei uns im Französischunterricht hinterlassen hatte, waren deutlich zu spüren – und es schmerzte, dass sie nicht vollständig ausgefüllt werden konnten. Er war einfach one of a kind. Und so haben wir ihn alle bis heute im Gedächtnis behalten. Auf den wenigen Abitreffen, auf denen wir uns zusammenfinden, fällt sein Name immer wieder. Wir reden über seinen aufregenden Unterricht. Über seine herzliche Art. Und dann auch über die große Leere, die er zurückließ, als er nicht mehr war.

    Das war in den Osterferien der elften Klasse, als er mit einem Teil von uns auf Schüleraustausch in die Vereinigten Staaten aufbrach. Und nie wieder zurückkehrte. Was in den Ostertagen damals tatsächlich passiert war, ist uns bis heute nicht hundertprozentig bekannt. Wir wurden in der Schule lediglich mit den Fakten konfrontiert: Suizid. Auf dem Schüleraustausch. Mich schaudert es heute noch, wenn ich an den Ausnahmezustand zurückdenke, in den uns dieses Wort schleuderte.

    Die Klassenkameraden und Begleitlehrkräfte kamen verfrüht und mit blassen Gesichtern zurück. Viele seiner Kolleginnen und Kollegen, die wir als Fels in der Brandung erlebten, brachen vor unseren Augen im Unterricht weinend zusammen oder rannten tränenüberströmt aus dem Klassenzimmer, wenn das Thema in Durchsagen zur Sprache kam. Es wurde auch absolut nicht im Unterricht bearbeitet. Auffangen durch gab es nicht. Keine Beratungslehrkraft oder Schulpsychologe trat in Erscheinung. Es gab nur uns und dieses explosive Bündel an giftigen Emotionen: Trauer, Hilflosigkeit, Wut, Fassungslosigkeit, Angst. Wie wir damit umgehen sollten, war uns überlassen: Sowohl dem Kollegium als auch uns.

    Ich weiß noch, dass wir als ehemalige Klasse seiner Familie einen langen Brief schreiben wollten. Andere hatten Pläne über eine Radiostation für ihn und seine Familie ein Lied zu spielen. Was daraus geworden ist, kann ich nicht mehr sagen. Das ist schon bald 30 Jahre her. Aber ich denke regelmäßig in der Oberstufe an ihn, wenn es beim Thema Civil Rights Movement um Martin Luther King geht – und ich wirklich jedes Mal darüber nachdenke, auf einen Tisch zu klettern und auswendig I have a dream an mein Publikum zu schmettern. Ich hab es noch nie durchgezogen. An Legenden reicht man halt einfach nie so richtig ran.

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    4.7

  • Allgemeines,  blog

    Runde 4 der Edublogparade 2024: Ein Pauker-Schlag

    Liebe Schreiberlinge,

    die Würfel sind gefallen, eine Entscheidung getroffen. Für Runde 4 unserer Edublogparade werfen wir einen Blick in unsere eigene Vergangenheit und auf diejenigen Lehrkräfte, die uns besonders im Gedächtnis geblieben sind. Das Thema ist absichtlich etwas offen gestellt, damit man die Beiträge in alle möglichen Richtungen lenken kann – positiv wie auch negativ. Denn auch Letzteres kann richtungsweisend werden und als Negativbeispiel herhalten – auf dass man es als Lehrkraft selbst exakt umgekehrt macht.

    Das Thema verspricht sehr spannend zu werden. Denn unter uns Edubloggern tummeln sich tolle Menschen mit den unterschiedlichsten Lebensläufen – und auch verschiedene Generationen, die uns mit ihren Geschichten in alle möglichen Jahrzehnte deutschen Schulsystems entführen werden – das bietet viel Stoff für haarsträubende Anekdoten 😊

    Startschuss ist ab jetzt. Bis zum 7. April könnt ihr eure Beiträge verfassen. Gebt mir Bescheid, sobald sie online sind, damit ich sie hier im Beitrag sammeln kann.

    Die bisherigen Beiträge

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  • Allgemeines

    Umfrage zu Runde 4 der Edublogparade 2024: Cast your vote!

    Auf ein Neues!

    Runde 4 der Edublogparade 2024 steht bevor. Und ich darf sie einleiten. Bzw. ihr. Ich würde nämlich das Thema mit eurer Hilfe abstimmen lassen. Fünf Themenvorschläge habe ich aus unserem Pool gefischt und mit Hilfe von Yop Poll zur Abstimmung gestellt. Wählt darunter euren Favoriten. Das meistgewählte wird nächsten Sonntag zum offiziellen vierten Thema erhoben. Los geht’s!

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    Runde 4 der Edublogparade 2024: Welches Thema darf es denn sein?
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    Edublogparade – Folge 3

    Runde 3 der Edublogparade bringt wieder etwas Positivität auf den Tisch. Was den Lehrberuf attraktiv macht, ist das Thema. Mit dem Blick auf meine aktuellen Arbeitszeiten, die ich seit drei Wochen brav tracke, fällt mir es schwer, diese tatsächlich als Plus anzuführen. Es ist gerade entsetzlich viel los. So viel, dass ich nach Dienstschluss so gar nichts mehr machen möchte, was mit dem Thema Schule zu tun hat. Blogbeiträge meiner Online-Kolleginnen und Kollegen lese ich aus Zeitgründen seit Wochen nicht mehr. Es ist einfach viel. Zu viel. Und mit dem Eindruck bin ich nicht alleine. Man hört immer wieder, wie gestandene Kolleginnen und Kollegen meinen, aktuell könne man diesen Beruf dem Nachwuchs nicht mehr ruhigen Gewissens ans Herz legen. Von daher finde ich es ganz schön schwierig in dieser Runde eine gute Antwort zu finden. Denn auf der einen Seite gibt es die Anforderungen auf dem Papier, auf der anderen Seite die Sachzwänge der Realität, die immer wieder Improvisation oder schlimmstenfalls Kapitulation bedeuten. Lehrermangel, Krankheitsausfälle, fehlerhafte Technik, marode Schulgebäude, Burnout als buchstäbliche Berufskrankheit. Die Zeitungen sind voll davon. Was bringt der Lehrberuf also?

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    Im Moment leider gefühlt genau dieses.

     

     

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  • Alltag,  Technik,  Unterricht

    Lehren aus Runde 2 der Edublogparade 2024

    Ich bin tatsächlich sehr überrascht, wie viele Leute im Zuge von Runde 2 der Edublogparade über das Tracken ihrer Arbeitszeit gesprochen und geschrieben haben. Und das so sehr, dass ich nun auch Butter bei die Fische bzw. Klarheit haben möchte. Daher habe ich bei Arne nachgefragt, womit er denn seine Arbeitszeit misst und auf sein Anraten Working Hours aufs Handy geladen. Für knapp 10€ hat man eine Lizenz für eine Plattform. Für andere Betriebssysteme fällt zusätzlich Geld an, aber ich hab das Handy sowieso immer in greifbarer Nähe, wenn ich arbeite, daher reicht mir die eine Instanz.

    Working Hours ist tatsächlich sehr simpel gestaltet. Man definiert zu Beginn – sofern man es denn will – verschiedene Aufgaben, die einem im Arbeitstag über den Weg laufen, versieht sie mit einer Farbe und startet den Tracking Vorgang mit einem Klick, sobald man damit loslegt. Ich hab mir mal angewöhnt, meinen Arbeitstag farblich in workload in der Schule und Zuhause einzurichten. Zusätzlich habe ich mir noch eine Sparte für Korrekturen eingerichtet. Aktuell liegt hier die letzte Oberstufenklausur vor dem Abitur Ende April. Da kann ich endlich mal sehen, was die Korrektur zeitlich bedeutet, anstatt es immer nur grob zu überschlagen. So richtig interessant wird es natürlich, wenn das Abitur selbst losgeht. Korrektur eines kompletten Englisch-Abis, Vorbereitung und Abhalten von Kolloquien, Vorbereitung und Abhalten von Nachprüfungen zur Notenverbesserung. Da wird einiges auf dem Stundenkonto los sein. Das ist aber eigentlich auch jetzt schon der Fall…

    Aktuell ist bei uns an der Schule gut was los, sodass die ersten Wochen weit jenseits der 40 Arbeitsstunden sind. Infoabende, Vorträge am Abend, Generalproben für die Technik, Medienwarte, Tag der offenen Tür – da kommen gut und gerne mal knapp 50 Stunden zusammen. Teilweise mehr. Das wird interessant zu sehen, auf was sich das alles einpendelt, wenn mal wieder “Regelbetrieb” eingekehrt ist – was auch immer das bei unserem Job bedeuten mag 😁

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