• Allgemeines,  Alltag,  Unterricht

    Kekse lügen nicht

    Plätzchen im August? Ja, so habe ich auch geschaut, als ich heute meine Klasse in die Sommerferien entlassen habe, und von zwei Fans eine Tüte mit Selbstgebackenem geschenkt bekam. Aber das nicht nicht irgendwelche Plätzchen. Es sind ganz besondere Exemplare. Sie sind nämlich personalisiert und repräsentieren durch die Bank Dinge, die ich mag… Oder auch nicht. Wer mich tiefenpsychologisch mal näher analysieren wollte… look no further. Die Karten Kekse lügen nicht…
    Im Bild zu sehen:

    • Ein Laptop (könnte auch ein Gameboy sein 😁): Steht für meine Technikaffinität.
    • Eine Kaffeetasse: Steht für meinen Koffeinkonsum, den ich eigentlich meinen Klassen immer sehr zu verheimlichen trachte. Ich vermute eine undichte Stelle im Kollegium, die hierzu nähere Informationen geliefert hat.
    • Ein durchgestrichener Fußball: Meine Gleichgültigkeit gegenüber dieser Sportart kann ich leider weniger vor den Klassen verbergen als mein latentes Kaffeeproblem.
    • Ein Hund: Ich bin definitiv Mitglied im Team Hund. Auch wenn das gebackene Exemplar an einen Pudel erinnert, mit denen ich tatsächlich nicht so viel anfangen kann. Dabei wären Dackel bestimmt viel leichter zu backen gewesen.
    • Ein Dinosaurier: Aus einem erst kürzlichen Gespräch am Wandertag wurde mir die Information entlockt, dass mir Dinosaurier eigentlich egal sind (ähnlich wie Fußball). Ausnahme stellt lediglich der Brontosaurus dar. Die gemächlich vor sich hin ziehenden Pflanzenfresser fand ich auch schon in Jurassic Park anno 1993 ganz cool.
    Hast du eine Meinung dazu? Dann hinterlasse einen Kommentar oder eine Wertung.
    5
  • Allgemeines,  Alltag

    Dit is Berlin

    Die letzten Wochen vor den Sommerferien beginnen. Finale. Oder wie es der Volksmund sagt: “Ihr habt ja jetzt eh nix mehr  zu tun.” Genau. Und deswegen stecken wir mitten drin in der Zeugniserstellung. Klassen- und Lehrerkonferenz starten im Anschluss an den regulären Unterricht in den Nachmittagsstunden und ziehen sich gerne mal bis 19.00 Uhr. Wir planen Wandertage, reservieren Gruppentickets, stellen Buchungen für die Klassen sicher. Sammeln Geld ein für Eintritt und öffentlichen Nahverkehr. Wir stecken in den Vorbereitungen für den Museumstag – oder sind eine komplette Arbeitswoche rund um die Uhr im Dienst, um die fünften Klassen im Schullandheim bei Laune zu halten. Oder wie in unserem Fall: Knapp 80 Zehntklässler in Berlin.

    Wir fahren nach Berlin!

    Unter den Teenagern, mit denen wir seit Tagen durch die Häuserschluchten der Hauptstadt ziehen, sind auch Teile meiner ehemals fünften Klasse dabei, die ich vor fünf Jahren an unserem Gymnasium begrüßt habe – eine echt tolle Truppe damals, die nicht nur lernbegierig, sondern auch richtig witzig war. Mit ihnen habe ich Marleen von Marianne Rosenberg samt Choreographie einstudiert, damit sie beim Einsammeln von Prüfungen und Übungen die Hände von den Stiften lassen oder die schwäb’sche Eisebahne besungen. Wir haben zu einer Drum Machine im Chor dekliniert. Lauter so herzerfrischend nutzloser Kram, den wir da veranstaltet haben. Aber diese Zeiten liegen nun hinter uns. Wir sind älter geworden. Sie sind älter geworden. Und aus den Kindern von damals wurden junge Erwachsene, die kurz vor dem Eintritt in die gymnasiale Oberstufe stehen. Nix mit Schabernack mehr. Viel zu kindisch. Außerdem haben wir in der riesigen Gruppe an Leuten sowieso kaum Berührungspunkte über die Woche. Die Zehntklässler, die ich von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit begleite, kenne ich kaum. Sie sind aus Klassen, die ich nie im Unterricht hatte. Auch sonst komme ich mit meinen ehemaligen Schützlingen kaum ins Gespräch. Das Programm ist packevoll, die Wege lang, die Temperaturen konsequent jenseits der 30 Grad. Da fehlt einfach die Zeit für entsprechenden Smalltalk.
    Nur einmal in der Tram komme ich mit zehn “meiner” Jungs ins Gespräch. Sie präsentieren sichtlich stolz die fliederfarbenen Tanktops, die sie allesamt in einem der Läden am Alexanderplatz erworben haben. Wie lila Schlümpfe stehen sind eng aneinander gequetscht in der Tram. “Ihr seht fast ein bisschen aus wie eine Boyband. Fehlt nur noch eine Choreo”, meine ich. Sie lächeln verlegen bis zur nächsten Haltestelle, und raus sind sie. Auf dem Weg in die Kulturbrauerei im Prenzlauer Berg. Ich fahre weiter mit meinen Leuten nach Hohenschönhausen in das ehemalige Stasi-Gefängnis, und wir lassen uns von ehemaligen Häftlingen durch diesen unheimlichen Ort der nicht so weit zurück liegenden Vergangenheit führen. Durch miefige Keller, Internierungszellen und piefige Büros mit ockerfarbenen Mustertapeten und mausgrauen Polstermöbeln. Wir lauschen gebannt den Ausführungen unseres Guides über die Verhörmethoden der Stasi, lesen uns durch Akten, in denen die mitunter lächerlichen Verhaftungsgründe der Insassen dokumentiert sind – und kehren letztlich geplättet von Eindrücken und der Tristesse des Ortes irgendwann ins Hotel zurück. Uff…

    Nachtschicht

    Entsprechend fertig bin ich, als ich am Abend mit der Zimmerkontrolle beginne. Und verwirrt, als ich im Zimmer meiner “alten” Zehntklässler stehe. Es sieht aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen: die Kissen liegen am Boden,  die Einkaufstüten sind hastig in eine Ecke gepfeffert. Die Betten wurden zur Seite geschoben und stehen kreuz und quer im Raum. Hauptsache die neuen Flieder – Tanktops, die sie am Körper tragen, sind unversehrt und trösten über das Chaos hinweg. Ich bin sofort genervt. Nach dem langen Tag jetzt auch noch schimpfen. Das brauch ich gerade noch. “Was ist denn hier los?” frage ich hörbar genervt in den Raum. Der Rädelsführer des Männerrudels tritt etwas verunsichert hervor. “Wir haben für Sie eine Choreographie einstudiert”. Und auf einmal formieren sich die vier Jungs zu zwei Pärchen und führen mir eine astreine Tanzeinlage zu Dancing Queen vor. Mit Drehungen, Schrittfolgen, Handwechsel. Das ganze Programm. Vier Jungs, von denen mir jeder einzelne größentechnisch problemlos auf den Kopf spucken könnte, hüpfen hochkonzentriert vor mir herum – und ich versteh die Welt nicht mehr… bis ich mich an das Gespräch in der Tram erinnere. Mein Ärger verfliegt sofort. Es ist wieder genauso wie vor fünf Jahren. Der Schalk sitzt den Teenies noch genauso im Nacken wie damals. Entsprechend überschwänglich bedanke ich mich am Ende für die Performance – und werde gleich ein Zimmer weitergeschickt, wo mich die nächste Einlage erwartet. Auch hier steht ein Quartett in Flieder bereit. Und tanzt mir vor. Zu einem Mixtape von der schwäb’schen Eisebahne, das mitten drin plötzlich zu Marleen überblendet. Die Musik schallt den ganzen Gang entlang. Irgendwann stehen meine Kollegen mit in der Tür und blicken etwas ratlos auf das Szenario. “Was soll das denn?”, werde ich gefragt. Tja, dit is meene fünfte Klasse <3!

    Hast du eine Meinung dazu? Dann hinterlasse einen Kommentar oder eine Wertung.
    4.6
  • Allgemeines,  Alltag,  Buch

    Von Kulinarischen Leckerbissen

    Letzte Woche fanden bei uns im Viertel die Hinterhofflohmärkte statt. Ein wirklich schönes Event, das man sich da ausgedacht hat: Pro Viertel wird an einem Samstag ein Zeitraum geschaffen (in der Regel von 9.00-16.00 Uhr), in dem die Bewohner ihres Kiezes an kleinen Ständen in ihrem Hof nicht mehr gebrauchtes Hab und Gut verkaufen. Quasi ein Flohmarkt mitten in der Stadt. Das ist aus vielerlei Hinsicht immer eine tolle Erfahrung: Man kommt nicht nur mit seinen Nachbarn bestens ins Gespräch, sondern darf nebenher auch einen Blick in Hinterhöfe riskieren, die der Öffentlichkeit sonst nicht zugänglich sind. Und da gibt’s echt ein paar Perlen zum Anschauen. Sowohl bei Hinterhöfen als auch bei den angepriesenen Schätzchen, die man für kleinstes Geld erwerben kann –  zumindest von dem Zeug, das sich auch tatsächlich verkaufen lässt…

    Waren, die an diesem Wochenende keinen neuen Besitzer finden, werden in aller Regel wieder weggepackt und versauern bis zum nächsten Flohmarkttermin in einer Kellerkiste… oder landen vor den Häusern in einer “Zu verschenken”-Box. Dort finden sich gerne mal kleine ehemals liebgewonnene Schätze, aber auch die eine oder andere Skurrilität. Zum Beispiel dieses Kochbuch aus den frühen Siebziger Jahren eines auch heute noch bekannten Herstellers von Haferflocken, das auf den Namen “Gesunde Tafelfreuden” hört und sowohl mit Inhalt als auch mit Aufmachung schwer überrascht.

    Zwischen Rezepten wie Griesnockerln, Apfelstrudel oder Kaiserschmarrn finden sich wie selbstverständlich Anleitungen für die Zubereitung von Hirnnockerln, Zungenauflauf, Käseäpfel oder Kekse mit Leber. Zur Verfeinerung wird regelmäßig dazu aufgerufen, statt Butter auch einfach mal tierisches Bratenfett zu nutzen. Das runde das Aroma ab. Also einfach mal seine Leberplätzchen zur Weihnachtszeit in geilem Gänsefett kross und backen und an dem Geruchserlebnis die komplette Hausgemeinschaft teilhaben lassen. Lecker… Aber das ist ja nicht alles. Viel verstörender als die Rezepte im Kochbuch sind die eingestreuten Illustrationen, die ja eigentlich Lust auf Kochen machen sollten (so würde ich das als Rezipient ganz naiv annehmen). Aber weit gefehlt. Stattdessen gibt’s ein verstörendes Szenario nach dem anderen:

    Warum wird in dem Kochbuch an prominenter Stelle ein Kind übers Knie gelegt und verprügelt? Warum wird ein Mädchen mit einer übergroßen Sahnespritzpistole zu Weinkrämpfen drangsaliert? Warum ist ständig von einer kaputten Uhr die Rede? Wieso tuscheln zwei Damen mit Hut über diese Meldung so aufgeregt? Warum reiten drei afrikanische Kinder auf einer Banane?  Warum heult da ein Junge neben der kaputten Uhr? Und was macht der Typ mit dem lüsternen Blick und dem lasziv angelegten Zeigefinger am Mund da mit dem kleinen Mädchen? Ich habe Fragen. Und werde vermutlich nie eine Antwort darauf bekommen. Vielleicht aber stattdessen einen Zungenauflauf. 🤤

    Hast du eine Meinung dazu? Dann hinterlasse einen Kommentar oder eine Wertung.
    5
  • Allgemeines,  Alltag

    Im falschen Film II – Jenseits von Stammtischparolen

    Na, da hab ich ja was losgetreten mit dem letzten Artikel. Erst meldete sich der werte Kollege Mike Graf, dann Herr Rau zu Wort. Thomas Kuban folgte mit einer Entsprechung. Und wir alle haben irgendwie ein Problem in den Blogs über Politik zu schreiben. Mike hat seinen Artikel mittlerweile wieder vom Netz genommen, Herr Rau attestiert sich selbst einen gewissen Widerwillen bei dem Thema. Mr Kuban ebenso. Ich selbst fand es ja auch irgendwie befremdlich. Dabei hatten wir alle gemeinsam einen wirklich interessanten Austausch zu politischen Ansichten: Wo liegt Objektivität, wo die Grenze beim Benennen von Problemen und dem Beginn der Übertreibung? Wo geht’s los mit Polemik? Sind Blogartikel zu Politik tatsächlich sinnvoller Austausch von Ansichten oder nur ein selbstgefälliges Brodeln im eigenen Saft? Fand ich spannend…

    A propos Brodeln: Hier in Südbayern ging’s jüngst heiß her. Eine Kundgebung zum Thema Heizungsgesetz in Erding zog massive mediale Aufmerksamkeit auf sich, nachdem sich dort eine bayernweit berühmte Kabarettistin und nicht minder bekannte Politiker zu dem Thema in teilweise doch wieder fragwürdig stammtischartiger Diktion geäußert haben. Vor einem Publikum, das von einer beachtlichen Anzahl von rechten Gruppierungen, Querdenkern und Verschwörungstheoretikern durchsetzt war. Das mediale Echo war so katastrophal, dass nun Folgeveranstaltungen abgesagt wurden. Eine Münchner Veranstaltungslocation hat einen der Sprecher sogar offiziell ausgeladen mit dem Verweis auf die Unvereinbarkeit seines Gedankenguts mit dem ihrigen. Rücktrittsforderungen wurden laut. Stattdessen gab es “nur” eine Regierungserklärung, und die lautesten Sprachrohre sind seitdem auffällig ruhig; oder zeigen sich mit der ehemaligen Bundeskanzlerin, um sich ein bisschen in Glanz und Gloria von anno dazumal zu sonnen (und von Frau Merkel ziemlich vorgeführt zu werden 🙃) Andere Parteien rufen nun zu einer Gegenveranstaltung zu der in Erding auf, nennen sie nun die “Demonstration der Vernünftigen” – befeuern aber damit genau wieder die Spaltung, die uns immer wieder so aufregt. Ich will keine Einteilung in vernünftig und unvernünftig. Ich will einfach ein gemeinsam. Über Parteien und Ideologien hinweg. Punkt.

    Und während wir über das Einen reden, wird in Thüringen der erste blaue Landrat gewählt… und jede Partei beginnt damit sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe zu schieben, wie es dazu kommen konnte. So wird das nix 🙄

    Hast du eine Meinung dazu? Dann hinterlasse einen Kommentar oder eine Wertung.
    5
  • Allgemeines,  Alltag

    Im falschen Film

    Sorry, Leute. Wir müssen reden. Und zwar über Politik. Ich weiß, das nervt. Aber es kann nicht sein, dass wir so in unseren Positionen verharren und uns deswegen irgendwann mal gegenseitig die Kauleiste polieren. Ich verstehe, dass man sich im politischen Diskurs an anderen Strömungen reibt. Das war schon immer so. Nur hat sich der Ton dabei für mich gefühlt komplett verändert. Und zwar nicht zum Guten.

    Am Anfang war das Wort

    Vielleicht liegt’s am fortschreitenden Alter, am Zeitgeist. Vielleicht ist es Einbildung. Aber ich bekomme zunehmend das Gefühl im falschen Film zu sitzen. Der Diskurs in der Politik ist für mich spürbar rauer geworden. Das kommt natürlich nicht von ungefähr. Man muss sich ja nur umblicken und ein paar Jahre zurücksehen: Da saß in den USA auf einmal eine prollige Mixtur aus Misogynie, Narzissmus, Dekadenz und Fremdenfeinlichkeit im verantwortungsvollsten Job der Welt und schleuderte im Minutentakt krude und gelinde gesagt dumme Thesen unter die Massen. Ungefiltert, unzensiert und ohne auch nur einen Gedanken der Reflexion über die möglichen Folgen. So ging es mehrere Jahre lang – bis hin zu diesem skurrilen Debakel am Four Seasons Total Landscaping in Pennsylvania, das an Absurdität nicht mehr zu überbieten war. Man hatte das Gefühl, da krallen sich nicht einfach nur machthungrige Menschen am Thron fest. Sondern schaumschlagende Dummbeutel, die keinesfalls in ein solches Amt gehören. Nur leider scheint das seitdem etwas System zu haben.

    Lernen von Großmäulern

    Populismus funktioniert. Oder er funktioniert wieder. In einer immer komplexeren Welt, die uns aktuell mit einem Gros an Krisen zu überfordern droht, bietet er Simplizität. Man benennt einfach einen Schuldigen, auf den man den Frust abladen kann, und ab geht die Lucy. Pandemie? Von den Chinesen. Schlechte Wirtschaft? Liegt an der EU. Erstarken der Rechten? Liegt am Gendern. Klimawandel? Eine Lüge. Dazu kommt die Unterste-Schubladen-Rhetorik, die zusätzlich Feuer in ein ohnehin schon gefährliches Rezept bringt: Ausdrücke wie “Asyltourismus” kommen in Mode und suggerieren, dass Leute mal eben ihr Leben riskieren und ihre Heimat verlassen, nur um hier ein bisschen Spaß zu haben. Man spricht von einer schweigenden Mehrheit, die sich die Demokratie zurückholen soll – als ob diese Staatsform nur für einen eingeweihten Kreis der Bevölkerung gilt. Ich sehe Transparente auf Demos, auf denen offen aufgerufen wird, Politiker zu hängen. Merkel soll gehängt werden. Scholz auch. Die Grünen in ihrer Gänze auch – solange es noch Bäume gibt.

    Diese Enttabuisierung und absichtliche Erosion und Verrohung der Sprache bekümmert mich als Sprachenlehrer ganz besonders. Das früher Undenkbare aussprechen. Ausprobieren, wie sehr es eskaliert. Und dann beim nächsten Mal nachlegen. Oder das Opfer spielen. Mausrutschen. Sich wie die Geschwister Scholl fühlen, weil man sich als Querdenkerin einer Impfung verweigert. “Volkszorn” heraufbeschwören und damit schön Vokabular bedienen, das aus ganz düsteren Truhen der deutschen Geschichte geborgen wurde – aber es dann natürlich ganz anders gemeint haben.

    Verdruss

    Am Anfang sind es nur Worte, die enthemmen. Aber wie lange bleibt das so? Braucht es wieder ein Zeichen wie die Ausgehetzt-Demos 2018, als die Leute gegen die permanenten verbalen Entgleisungen in der Politik in München auf die Straßen gegangen sind? Oder sind diese Verfehlungen so allgegenwärtig geworden, dass man abstumpft und sie geschehen lässt? Ich persönlich muss sagen, dass ich müde werde. Denn auch im Freundeskreis nehmen die hitzigen Debatten deutlich zu. Man diskutiert nicht, sondern lädt seine Meinung ab. Fällt dem anderen ins Wort. Wird laut, beleidigt. Es geht nicht mehr um eine sinnvolle Auseinandersetzung mit dem Thema. Sondern wer seine Thesen am lautesten brüllt. Und schlimmstenfalls steht einer auf und verlässt die Gruppe. Manchmal für immer. Ist uns tatsächlich so passiert.

    Hast du eine Meinung dazu? Dann hinterlasse einen Kommentar oder eine Wertung.
    4.9
  • Allgemeines,  Alltag

    Ruhig hier

    In meinen Messengern ist die Hölle los. Ich werde überflutet von Ferien-Statusmeldungen von Freunden, Bekannten und Kollegen: Bilder vom Strand, Bilder von einer mediterranen Altstadt in Süditalien. Sonnenuntergänge in Griechenland, Snapshots aus London, Bergpanoramen von Mountainbiketouren. Irgendwie hat über die Pfingstferien jeder das Weite gesucht. Nur wir sind da geblieben. Und das ist gut so.

    Denn der Umzug hat ein gutes Loch in den Geldbeutel gerissen und die kompletten Osterferien blockiert. Umso mehr genieße ich nun die Ruhe und die Leere in meinem Terminkalender. Die Pfingstferien sind abgesehen von der Oberstufenklausur Englisch wirklich frei. Ich kann machen, worauf ich Lust habe. Zum Beispiel in den Hinterhof starren. Die gurrenden Tauben beim Flirten beobachten. Den Balkon bepflanzen. Die letzten Kisten in den Keller räumen und die Wohnung wirken lassen. Lesen. Mein Fremdsprachenprojekt weiter treiben. Und wenn es fad wird, wird das neue Viertel erkundet. Hier gibt es so viel Neues zu entdecken. Das Künstlerviertel in der Preysing Straße zum Beispiel. Oder den Bordeauxplatz. Alles ist wunderschön bepflanzt und ergießt sich in sattem Grün. Das tolle Juniwetter tut sein übriges, echtes Sommerflair in der Innenstadt zu verbreiten. Und so sitzt man abends in einem der vielen Schanigärten bei einem Glas Mastika-Sprizz in der Abendsonne und lauscht der lauen Sommerbrise, wenn sich der Wind sich in den Blattkronen fängt, und das Laubrauschen den Großstadtlärm fast komplett überspielt. Wofür denn in die Ferne schweifen?

    Schön hier 😎

    Hast du eine Meinung dazu? Dann hinterlasse einen Kommentar oder eine Wertung.
    0
  • Allgemeines,  Alltag

    Mikro- und Makroblogging

    In den letzten Wochen war echt ganz schön was los hier (Artikel folgt bzw. folgen). Das hat Spuren hinterlassen, die hoffentlich der Physio-Doc wieder in den Griff bekommt. Altwerden ist echt doof. Wenn aus gewohnten Situationen und Wehwehchen, die man früher einfach so weggesteckt hätte, auf einmal langwierige Geschichten werden, mit denen man überhaupt nicht gerechnet hätte, wird man echt nachdenklich. Aber was will man machen?

    Das volle Programm der letzten Tage hat mir meine Routine ganz schön durcheinander gewirbelt. Unterrichtsvorbereitung, Elternsprechtag, Abiturkonferenzen und -aufsichten, AK-Sitzungen, pädagogische Nachmittage. Da gab es einiges oben drauf, was an anderer Stelle gut Zeit abgeknapst hat. Entsprechend fielen einige Dinge flach. Das Bloglesen von anderen Kolleginnen und Kollegen zum Beispiel, das ich gestern Abend nach einer gefühlten Ewigkeit mal wieder gemacht habe. Und ich bin jedes Mal erstaunt, wie viel tolle Beiträge es immer noch in den deutschen Lehrkraftsbloglandschaften gibt, die ich immer wieder verpasse, weil mir bis heute ein entsprechender Workflow fürs Bloglesen fehlt. Kollegen über soziale Medien ist da echt zugänglicher, Neuigkeiten viel schneller an Mann und Frau gebracht. Aber zu Blogartikeln muss ich mich immer durchklicken und -quälen. RSS-Feedreader fühlen sich für mich mittlerweile echt ein bisschen out of date an. So wie Fax oder Telex. Dabei gäbe es so viele tolle Artikel, die so niemals in ein Mikroblogging-System wie auf den sozialen Medien passen würden:

    Herr Rau geht auf Kindheitsreise, Herr Klinge schlittert um das Phänomen Midlife-Crisis. Beides las ich mit großem Interesse und Genuss. Und mit Ruhe. Ganz anders als in so manchen Netzwerken, wo alles auf Schnelligkeit, Effizienz, aber auch Chaos und Sichtbarkeit (oder auch Lautstärke) geeicht ist. Das Lesen von längeren Artikeln fühlt sich ganz anders an. Frei von Seitenlärm. Frei von Retweets- und -tröts. Frei von Chaos. Nur der Text und ich.

    Genau sowas bräuchte ich auf regelmäßiger Basis. Nur halt unkompliziert.

    Hast du eine Meinung dazu? Dann hinterlasse einen Kommentar oder eine Wertung.
    5
  • Allgemeines,  Technik

    Fortbildung 2023

    Ich bin in der Wohnung gerade beim Malern. Liege auf dem Rücken, während mir die Farbe ins Gesicht tropft. Ich bin konzentriert bei der Arbeit. Und gleichzeitig nicht wirklich dabei. Wie auch, denn ich bin parallel in Dillingen. Auf einer eSession zu Midjourney, die mir vom Handy im Nebenzimmer auf meine Bluetooth-Kopfhörer gestreamt wird. Viele tolle Einfälle, die das Referententeam Christian Mayr, Melissa Schneider und Daniel Jurgeleit hat. Und ich höre gebannt zu, wie bei einem Hörspiel. Und finde es Wahnsinn, was in einem Jahr wie 2023 technisch mittlerweile so problemlos möglich ist.

    Antike Stadtpanoramen – von Midjourney erstellt
    Hast du eine Meinung dazu? Dann hinterlasse einen Kommentar oder eine Wertung.
    0
  • blog,  Technik,  Unterricht

    Jubiläum!

    Mit dem ersten April April begehe ich dieses Jahr einen ganz besonderes Jubiläum. Mein Blog wird zehn. Eine ganze Dekade bin ich nun als bloggender Lateinlehrer unterwegs. Vor 10 Jahren war die Bloglandschaft noch sehr aufregend. Man tauchte ein in eine Welt von hochmotivierten Lehrkräften, die auf ihrer digitalen Präsenz innovative Arten der Unterrichtsgestaltung präsentierten und sich wie selbstverständlich vernetzten, diskutierten und sich gegenseitig zu tollen Sequenzen inspirierten. Für mich war das damals komplett neu.

    Old School

    Ich war noch relativ frisch im Beruf und durch meine Referendarsausbildung komplett in den alten Spuren verhaftet. Ich bekam 2007 noch das old-school Komplettpaket auf den Weg: Das Arbeiten mit analogen Stundenentwürfen, das Arbeiten mit OHP-Folien, das handschriftliche Erstellen von Bewertungs- und Umrechnungstabellen bei der Bewertung von Textproduktion. Einfach alles. Und das spiegelte sich auch wider in meinem Arbeitszimmer: Dort tummelten sich meterweise Leitz-Ordner voll von Hand geschriebenen Unterrichtsentwürfen, Klarsichtfolien und Kopien. Meine Schultasche war damals noch mit der Intention gekauft worden, möglichst viel Material dort unterzubringen. Und so entschied ich mich für ein Modell, das von sich behauptete, ganze vier Leitz Ordner beherbergen zu können. Aus heutiger Sicht ein Wahnsinn. Denn dass das auch ohne derartigen Ballast funktioniert, erfuhr ich über die Bloglandschaft. Frau Schütze berichtete regelmäßig auf ihrem Blog über ihre Unterrichtsvorbereitung mit Hilfe von Evernote. Herr Larbig zeigte, wie man mit Hilfe eines Dokumentenscanners sein Büro komplett papierlos machte. Und Jan-Martin Klinge präsentierte das Leben mit OneNote. All das wollte ich auch.

    New School

    Mein erstes Tablet. Anno 2013.

    Und so ging es los mit einer digitalen Webpräsenz. Erst noch auf einem eigenen Server, dann, als ich kalte Füße deswegen bekam, bei WordPress selbst, wo ich anonym meine Anekdoten zum besten geben konnte. Gleichzeitig lief die Vernetzung über Twitter… und über andere Dienste, die kamen und gingen. Flipboard, Pinterest, Google Plus, Scoop it! und einiges mehr waberte gelegentlich an die Oberfläche und verschwand dann wieder sang- und klanglos in den Tiefen des Netzes. Ebenso auch die Hardware. Mein HTC Flyer wurde ersetzt durch eine Armada an Samsung Geräten: Ein Note 8.0, ein Tab S3, ein Tab S7. Dann kam das Abenteuer Lehrerdienstgeräte. Und die lange Reise der Streaming Sticks. Über die Jahre habe ich wohl fast alles ausprobiert, was auf dem Markt ein bisschen Hoffnung versprach: Ein Dongle von Samsung, der EZCast, der EZCast Pro, der Microsoft Wireless Display Adapter. Die Geräte kamen und gingen. Und der Blog blieb bestehen. Und das eigentlich sehr erfolgreich – bis 2018  das Gespenst DSGVO umging und einigen Präsenzen ein jähes Ende setzte. Die Verpflichtungen, die mit Impressumszwang, Datenschutzerklärung und Nennung einer realen, juristischen Person, war für viele zu stressig (und auch gefährlich) und veranlasste einige Blogbesitzer, ihre Seiten auf privat zu stellen – oder komplett zum Netz zu nehmen. Ich gehörte dazu. Im Nachhinein ein ziemlicher Fehler.

    Zäsur

    Denn das Bloggen ging mir tatsächlich sehr ab. Es hatte mir immer sehr geholfen, meine Gedanken zu ordnen und Frustrationen sinnvoll zu kanalisieren. Das fehlte mit einem Mal. Zusammen mit den ganzen Followern, die sich nicht nur über Twitter, sondern über diverse Reader versammelt hatten und rege in den Austausch getreten waren. Als ich daher 2020 wieder einen Blog eröffnete, musste ich mehr oder weniger bei Null anfangen. Kommentare zu Artikeln wurden deutlich rarer oder verlegten sich gleich in soziale Netzwerke, wo sie im Datennirwana verschwanden. Wieder eine Lektion gelernt.

    Der gelassene Großvater

    Insgesamt ist es seit dem Relaunch ruhiger geworden. Oder vielleicht auch ich. Die Sturm-und-Drang-Zeit, mit der man jeden Trend mitgemacht und sich in jeden EdChat oder Blogparade oder -stöckchen einklinkte, sind einfach vorbei. Der Fokus hat sich verlagert. Stürmen und Drängen tun andere. Und ich schaue aus der entfernten Warte zu. Wie der gute alte Opa aus der Werthers Echte-Werbung (die übrigens dreißig Jahre später ganz schön unangenehm zum Ansehen ist)

    Dieses Video auf YouTube ansehen.
    Die Verbindung zu YouTube wird erst bei einem Klick auf den Screenshot hergestellt.

    Hast du eine Meinung dazu? Dann hinterlasse einen Kommentar oder eine Wertung.
    0
  • Allgemeines,  Pädagogik,  Unterricht

    Vom Abschied auf Zeit – Teil II

    Falls ihr euch gefragt habt, was das dicke Ende war, auf das ich Anfang der Woche spekuliert hatte. Hier ist es:
    Eine komplette Klasse, die für mich Spalier steht. Tosender Applaus. Ein Kuchen- und Tortenbuffet nur für mich mit allem, was dazu gehört: Säfte, Limo, Knabbereien. Eine große Kiste mit 26 teilweise hoch emotionalen Abschiedsbriefen.  Ein Lorbeerkranz für den magister laureatus. Eine große Fotorunde mit allen. Ein paar Tränen. Und ein großes “Auf Wiedersehen”, als ob ich die Schule für immer verlasse. Dabei wechsle ich ja nur das Fach.
    Und jeder, der nun behauptet, das Lehramt das Unterrichten sei ein furchtbarer Beruf, hat entweder keine Ahnung oder etwas fundamental falsch gemacht!

     

    Hast du eine Meinung dazu? Dann hinterlasse einen Kommentar oder eine Wertung.
    4.7