• Alltag,  Technik,  Unterricht

    Endjahresstimmung

    Oh Wunder. In diesem verrückten Jahr zeigt sich 2022 auf einmal, wie es sein sollte. Passend zur Weihnachtszeit hat sich der Winter in den letzten Tagen breit gemacht. Die Straßen sind mit einer dicken Lage Schnee bedeckt, vom Himmel rieselt unaufhörlich Nachschub herab. Die Christkindlmärkte in München sind gefüllt von Menschen, die nach zwei Jahren Pandemie endlich wieder ein bisschen Weihnachtsstimmung spüren wollen. Der Geruch von Glühwein und Bratwürsten ist allgegenwärtig, ebenso wie die so vertrauten Klänge von beruhigender Weihnachtsmusik. Doch der Schein trügt. Man muss den Leuten nur ein bisschen zuhören um es zu merken. Das Gefühl der Ohnmacht ist auch in der staaden Zeit immer dabei. Krieg, Inflation, gestiegene Preise, Energiekrise, Strom. Man lächelt die Themen immer ein bisschen weg, um die Stimmung nicht zu versauen. Aber so richtig gelingt es nicht. Bei uns in der Schule sieht es ganz ähnlich aus.

    Weihnachtsfrieden?

    Zum ersten Mal nach drei Jahren gibt es wieder das volle Weihnachtsprogramm: Weihnachtsfeier, Weihnachtsbasar, Weihnachtskonzert. Der Nikolaus ging am 6. Dezember wieder durch die Klassen der Unterstufe. Der Lehrerchor übt nach Jahren wieder für den Auftritt vor einem großen Publikum. Es wird alles toll. Aber ebenso wie auf den Christkindlmärkten halten wir auch eine gewisse Fassade aufrecht, damit diese Scheinnormalität gelingt.

    Wir haben echt zu ackern gehabt. Denn neben dem Alltagsgeschäft hatten wir gut mit unserem neuen alten Standort zu kämpfen, den wir im September noch voller Vorfreude bezogen hatten… bis die Realität zuschlug. Bei der Ausstattung fehlte es an allen Ecken und Enden: Kein Internet in den meisten Räumen, fehlendes Mobiliar, Docking Stations ohne Verbindung, ausfallende Telefone, Klassenzimmer ohne Heizkörper, Toiletten ohne Kabinen, ein EDV Raum ohne Rechner und Schränke. Kurz: Es war ein Desaster.

    Mittlerweile hat sich einiges getan in unserem Hause. Das liegt vor allen an der Hartnäckigkeit, mit der Schulleitung, Systembetreuer, Hausmeister und Kollegium jeden Mangel permanent gemeldet und auch beanstandet haben. Auch hier gilt wieder: Der Unterricht per se ist gesichert. Aber wer hinter die Kulissen blickt, sieht noch immer die Defizite:

    • So wurde das Mobiliar im EDV-Raum bis heute nicht geliefert. Auf Nachfrage wurde uns erst erklärt, dass die Bestellung ohne Angabe von Gründen storniert wurde. Ein andermal hieß es, die Schule habe nie Mobiliar bestellt. Ein Hinweis auf die Online-Liste, in der die Schränke unter der restlichen Ausstattung der MINT-Räume zu finden sind, wurde mit pampigen Worten quittiert. Ausgeholfen wurde uns bis heute nicht. Nur mit Hilfe der Fachschaft Physik, die mir zwei große Schränke aus ihrem Fundus geschenkt hat, kann ich nun nach drei Monaten endlich anfangen, unser Equipment aus den 30 Kisten zu befreien.
    • Mein Arbeitsplatz als Systemadministrator wurde Anfang Oktober über Nacht einfach abgebaut. Grund hierfür war eine Raumvertauschung der Arbeiter, die mir irrtümlich den Arbeitstisch aus einem anderen Büro zugewiesen haben. Eine Bestellung für einen neuen Tisch wurde vor meinen Augen notiert. Erhalten habe ich bis heute… nichts. So steht nun mein Verwaltungsdrucker mitsamt Rechner einfach auf dem Boden. Arbeiten kann ich somit im Schneidersitz… oder auf allen Vieren.
    • Der dritte Stock hat bis heute keine funktionierende Sprechanlage. Durchsagen oder Schulgong am Ende der Stunde lassen sich bei offenem Fenster nur erahnen… wenn diese sich öffnen ließen…
    • … denn direkt unter dem Dach hält ein Regensensor die Fenster eisern geschlossen, damit durch die Dachschrägen kein Wasser in die Klassenzimmer tropft. Soweit alles ok. Aber die Fenster bleiben auch zu, wenn Schnee darauf liegt. Das bedeutet, dass sich nach dem aktuellen Wintereinbruch letzte Woche die Oberstufenräume seit knapp 10 Tagen nicht lüften lassen. Infektologisch ebenso wie olfaktorisch etwas… nun ja… suboptimal.
    • Eine Zeitlang war die Sprechanlage im Rest des Hauses zu leise. Oder fiel aus. Oder sie gab für 30 Minuten konstantes Rauschen aus. Wie die alten analogen Fernseher nach Sendeschluss. Höhepunkt war, dass durch irgendeine Rückkopplung die Sekundenzeiger der elektrischen Uhren in einigen Räumen über die Sprechanlage zu hören waren. Zu jeder Sekunde klopfte es im Lautsprecher. Das Ende vom Lied war, dass sämtliche Uhren im Gebäude ausgeschaltet werden mussten, damit die Klassen in aller Ruhe arbeiten konnten. Und seitdem ist bei uns im Gebäude die Zeit buchstäblich stehen geblieben.
    • Eins unserer Lehrerzimmer hat bis heute weder Strom noch Internet. Eine Nachfrage bei der Stadt ergab, dass nichts verlegt wurde, weil der Raum noch nicht fertig möbiliert war. Das hat uns dann schon ein bisschen überrascht. Denn da oben stehen Tische, Stühle, Schränke, Fächer. Wir arbeiten da oben schon seit Monaten – nur halt ohne Elektrik. Problem waren – nicht lachen – die Garderobenhaken. Diese sind seit September geliefert, aber bis Ende November nicht aufgehängt worden. Als die endlich hingen, wurde uns nach einem Wochenende stolz rückgemeldet, dass die Verkabelung von der Stadt vorgenommen wurde. Nur ist das halt nicht wahr. Was passiert ist, ist, dass Techniker im Raum waren und uns alles in Kisten auf ein Regal gestellt haben… Danach sind sie abgezischt. So etwas als “erledigt” zu betrachten ist frech.

    Die Liste ließe sich noch ein bisschen weiterführen. Aber im Sinne des Weihnachtsfriedens erspare ich das der geneigten Leserschaft. In der Woche vor Weihnachten die Zeit zum Lesen von Blogposts erfahrungsgemäß äußerst rar. Und ich muss mir ja noch ein bisschen Blog-Material in der Hinterhalt halten.

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  • Alltag,  Technik

    Wege aus dem LZ-Chaos

    Die digitalen Lehrerzimmer sind in Bewegung wie schon lange nicht mehr. Das Kollegium bei Mastodon wächst und organisiert sich. Teilweise ist man noch bei Twitter oder hat sich komplett aus der alten Heimat verabschiedet. Aber die Linien zwischen den Universen zerfließen. Die einen legen “drüben” komplett neue Profile an, wieder andere verlassen sich von einer Plattform auf die andere aufs Crossposting durch Bots, wieder andere posten mal hier und mal da. Ein heiloses Durcheinander, in dem man sich viel zu schnell verlieren kann. Daher muss wieder ein bisschen Ordnung ins Gewusel. Und zum Glück gibt es bereits erste Anstrengungen dazu.

    Anna Do hat sich mit Interessierten auf einer Taskcard-Pinnwand Gedanken gedacht, um das legendäre TWLZ-Padlet von Marc Albrecht-Hermanns umzustrukturieren. Das war nämlich durch die Unmenge an Verlinkungen in unterschiedliche Profile ein ganz schöner Speicherfresser geworden. Wer es  ein bisschen speicherschonender haben möchte, darf sich gerne in das mir erstellte Cryptpad eintragen. Hierbei handelt es sich einfach um eine Neuauflage unserer Blogliste, die vor Jahren als GoogleDoc erstellt und dann aus unerfindlichen Gründen gesperrt wurde. Deswegen nun hier ein neuer Versuch, der in Cryptpad hinterlegt ist:

    Auf ins digitale Lehrerzimmer zur Aufstellung!

    Damit ging's los...

    Ein Online-Excel Sheet, in das sich das digitale Kollegium aus welchem #LZ auch immer eintragen kann, damit man sich auch jenseits der Tellerrandes des eigenen Netzwerkes findet. Tragt ein, so viel ihr wollt und könnt: Name, Bundesland, Blog, social media-Profile. Alles kann, nichts muss. Aber je mehr daran teilnehmen, desto vollständiger ist die Aufstellung, die sich hinterher nach allen möglichen Aspekten umsortieren lässt.

    Das Dokument ist auch künftig in der Mitmachen!-Sektion des Blogs verlinkt, wo sich für kollaborativ nutzbare Dokumente eine extra Sektion findet, sodass man auch noch lange schnell Zugriff auf die Dateien hat, wenn dieser Beitrag hier schon wieder in der Timeline verschwunden ist.

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  • Allgemeines,  Alltag,  Technik

    In the works

    Ist ganz schön was los hier. Die Masto-Exodus ist in vollem Gange, seitdem auf Twitter eine Hiobsbotschaft nach der anderen eingeht. Mittlerweile sprechen einige davon, dass die Plattform innerhalb der laufenden Woche darnieder liegt. Irre, wie jemand es schafft ein Netzwerk, das mehr als eine Dekade echt gut lief und sich gut behaupten konnte,  mit fragwürdigen Entscheidungen in kürzester Zeit völlig kaputt zu sanieren, dass es bald regungslos am Boden liegt. Und die Geschwindigkeit, mit der die Leute aktuell die Plattform verlassen, ist echt unheimlich. Das sieht man auch im Twitterlehrerzimmer.

    Sag zum Abschied medienwirksam “servus”

    Die Abschiedstweets häufen sich, die Mastodon-Accounts werden gepostet, damit man sich auf der anderen Seite schnell wieder findet. Andere bleiben enttäuscht und allein auf Twitter zurück. Den einen ist Mastodon zu kompliziert, zu unsicher, zu langsam, zu nischig. Den anderen ist Twitter zu voll geworden, zu unübersichtlich, zu böse… oder auch zu langweilig. Ein paar Abgesänge, mit denen sich Leute von ihren Followern verabschieden, lesen sich ganz schön hart und lassen das Gefühl aufkommen, dass man da die letzten Jahre nur aus Bequemlichkeit ausgehalten hat. Ich persönlich tu mir mit dem Abschied ziemlich schwer. Twitter ist und war Dreh- und Angelpunkt von allem. Hier wurden Grundsteine gelegt für Tätigkeiten im Lehrberuf, die so gar nicht möglich gewesen wären. Kein Netzwerk hat bei mir mehr Stunden online geschluckt. Nirgendwo sonst wurde offtopic so viel rumgeblödelt. Aber ich ließ es gerne geschehen. Denn die Balance zwischen Sinnlosig- und Sinnhaftigkeit blieb immer bestehen. Natürlich lässt sich das alles auf Mastodon wieder herstellen. Aber das braucht Zeit. Und ob ich die aktuell investieren will, ist die Frage. So ist Mastodon im Moment aufs Wesentliche beschränkt und dreht sich ausschließlich um Bildung und Schule. Und Twitter ist das große Hintergrundrauschen mit all den süßen Verlockungen. Eventuell wird dieser Doppelspagat irgendwann so aufs Stundenkonto schlagen, dass man wirklich eine der Plattformen abstellen muss. Man will ja nicht ständig vor dem Smartphone sitzen (… und tut es ja dann doch).

    Mein Fels in der Brandung

    Bei so viel Unbeständigkeit ist mein Blog mir dann doch sehr lieb. Der bleibt einfach ein Fels in der Brandung. Auch wenn der auch mal wieder ein kleines Facelifting braucht. Ein Anfang ist schon mal gemacht: Nach neun Jahren der Existenz hat er jetzt endlich mal Social Media Buttons bekommen sowie ein kleines Namensbanner, damit die Leute auch wissen, auf wessen Seite sie sich gerade rumtreiben. Allerdings bin ich noch nicht ganz glücklich damit. Vermutlich muss der Apollo früher oder später aus dem Banner weichen. Aber das entscheide ich selbst zu gegebener Zeit. Im Gegensatz zu Mr Musk lass ich mir für meine Entscheidungen nämlich Zeit.

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  • Allgemeines,  Alltag

    Herbstferien

    Die Herbstferien in Bayern sind vorbei. Wie immer haben wir Ende Oktober eine Woche Zeit durchzuschnaufen, bevor es im November wieder Richtung Jahresende weitergeht. Die wenigen Tage zur Erholung sollen weise genutzt werden, damit sich man vor lauter Aktionismus die Woche nicht so zuklatscht, dass man gar nicht mehr zur Ruhe kommt.

    TOPs

    Nach dem turbulenten Rückumzug in unser neues Gebäude war Durchschnaufen erste Priorität. An zweiter stand dann aber dann doch gleich wieder die Schule mit Ausbildungsgeräten und Korrekturen. An Platz 3 dann das Thema Digitales. Die Übernahme von Twitter durch Elon Musk hat bei uns im Twitterlehrerzimmer große Wellen geschlagen. Einige sind zu Mastodon gewechselt. Andere bleiben hartnäckig bis zum Ende – egal wie es ausgeht. Wieder andere so wie ich schauen sich erstmal beides an, bevor sie sich final entscheiden – und schwupps ist man selbst Teil vom Fediversum und hat damit schon wieder einen digitalen Kanal mehr zu bedienen. Sowas versetzt mich immer in einen ganz seltsamen Zwischenzustand von Neugier und Stress.

    Zwei Seelen

    Einerseits wieder mal eine Möglichkeit sich neu zu vernetzen, neue Leute kennenzulernen, Neues zu entdecken. Dann aber wieder das zeitraubende Sondieren: Welches Netzwerk nutze ich wozu? Poste ich überall dasselbe? Nutze ich die Netzwerke gezielt für unterschiedliche Zwecke? Oder werf ich eins raus? Und wieviel von meiner Zeit kann ich in die Gestaltung investieren? Wie ist denn da euer Vorgehen? Läuft da bei euch derselbe Film ab? Oder seht ihr das gelassener? Um ein paar Kommentare wäre ich sehr dankbar. So wie auf Twitter.

    Um mich auch selbst zu besinnen und mir einen Überblick zu verschaffen, was ich digital so alles auf dem Kerbholz habe, habe ich mir mal eine Landing Page bei linktr.ee angelegt, die man immer wieder bei Instagram sieht. Schnell gemacht, sieht schick aus und nützt mir und der geneigten Leserschaft.

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  • Alltag,  Technik,  Unterricht

    Ausbildungsgeräte

    Let’s talk Ausbildungsgeräte, meine Damen und Herren. Keine Lehrerdienstgeräte. Sie haben richtig gelesen. Wir reden von Ausbildungsgeräten. Dabei handelt es sich um eine Neuerung, die auf einer Änderung des Ausbildungsgesetzes in Bayern beruht. Nach diesem hat jede Person, die in Bayern in das Referendariat eintritt, ein Anrecht auf ein solches. Wahlweise ein Microsoft Surface oder ein Apple iPad mit allem drum und dran wird für das Seminar bestellt. So ist es in einem offiziellen KMS vorgestellt, nebst den nächsten Schritten, welche in naher Zukunft folgen sollen.

    Viel Licht…

    Das passiert in Form von diversen eMails, die über die Tage bei mir eintrudeln. Jede davon enthält Zugangscodes für verschiedene Portale, für die man sich als Systembetreuer registrieren muss, denn die ehrenvolle Aufgabe der Gerätewartung, die zusätzlich anfällt, ist auf uns übertragen (wir sind ja chronisch unterfordert, wie jedermann weiß). Und so erhält man eine Kennung für eine Schulungsplattform, wo man eine 40-seitige Anleitung findet, eine weitere für das sog. MDM, über das die Geräte mit Software bespielt werden, und eine Einladung zu einer vierteiligen insgesamt vierstündigen Fortbildungsreihe, in der man in das Thema eingeführt werden soll. Ebenso folgt die Ankündigung von zusätzlichen Mails, die im November auf uns hernieder prasseln, wenn es um die Bestellung der Geräte geht, denn auch das funktioniert ausschließlich online und mit Hilfe von digitalen Unterschriften durch die Schulleitung. Natürlich gibt es dafür auch wieder eine Kennung und ein Portal – ebenso wie für eine weitere, wenn es um das Melden von Fehlern geht. Die Codes hierfür folgen im November.

    Viel Schatten…

    Ganz schön viel Tamtam. Noch dazu, wo wir diese Ausbildungsgeräte per se nicht benötigen. Denn seit diesem Jahr hat jeder im Kollegium ein Lehrerdienstgerät. Das bekommen ausnahmslos alle bei uns in der Schulfamilie an die Hand: Aushilfslehrkräfte, die Leute im Zweigschuleinsatz, im Seminar, Lehrende in Teil- wie auch Vollzeit. Absolut jeder. Die Gründe hierzu gibt’s hier zu lesen. Und daher ist ein Ausbildungsgerät nicht von Nöten. Ebenso wenig wie eine vierstündige Fortbildungsreihe und ein Zugang zu vier Portalen für Registrierung, Schulung und Einrichtung der Dinger. Genau das schreibe ich dem Kontakt aus dem Kultusministerium; in den besten Absichten, dem bayerischen Staat ein paar Tausend Euro sparen zu wollen. Die Antwort folgt prompt, knapp und präzise:

    Lehrerdienstgeräte seien bezahlt aus dem Topf des Sachaufwandsträgers (in unserem Fall die Stadt München), Ausbildungsgeräte seien vom Freistaat Bayern bezahlt, und die Seminarlehrkräfte hätten laut Ausbildungsgesetz Anspruch darauf. Das ist mir alles klar, schreibe ich zurück, aber die Ausbildungsgeräte sind für den Unterricht nur bedingt einsetzbar, da das pädagogische Netz der Stadt München externen Geräten gegenüber extrem skeptisch ist: Fremd-PCs kommen ohne größeres Gefrickel durch den Systembetreuer weder ins Internet noch an die pädagogischen Drucker. Und sofern die neuen Geräte nicht über USB-C verfügen, können die Refis ihre schicken Ausbildungsgeräte nicht einmal an das Whiteboard hängen, da wir in den Klassenzimmern den Unterricht ausschließlich mit Docking Stations bestreiten (an die jeder sein Lehrerdienstgerät hängen kann). Meine wie ich finde doch recht plausiblen Einwände werden mit einem Einzeiler weggewischt: “Es tut mir leid, dass ich Ihnen in dieser Angelegenheit keine positiven Antworten vermelden kann.” Die Refis könnten die Ausbildungsgeräte ja dann zumindest zuhause zur häuslichen Vorbereitung nutzen.

    Was für ein Szenario soll das bitte sein? Da sitzen Berufsanfänger mit Laptop 1 zuhause und bereiten vor – nur um die Stunden in der Schule mit Laptop 2 zu bestreiten? Dass ein Großteil der Seminarlehrkräfte ohnehin ein Arbeitsgerät aus dem Studium besitzen, lassen wir jetzt mal einfach beiseite…

    Das Ende vom Lied

    Und so sitze ich in den Ferien in Teil 4 der insgesamt vierstündigen Online-Fortbildung zu Ausbildungsgeräten, die bei uns faktisch nutzlos sind (die Frage im Chat, ob es für diese zusätzliche Aufgabe irgendeine Art von Vergütung oder Anrechnungsstunden gibt, wird in der Veranstaltung geflissentlich ignoriert). Ich lerne etwas über die Registrierung und Einrichtung, über das MDM und den Bestellprozess zu Hardware, die bei uns keine Verwendung finden wird… und bekomme dazu am Ende sogar noch ein zusätzliches Gerät geschickt, über das all diese Prozesse stattfinden sollen. Warum ich dazu mein Lehrerdienstgerät nicht benutzen kann? Ich weiß es nicht. Oder meinen Privat-PC, wie bei allen anderen Schulbelangen auch? Ich weiß es nicht.

    Was ich aber weiß, ist das: Ich habe nun ein Lehrerdienstgerät für die Arbeit im Unterricht, einen Verwaltungsrechner für die Arbeit als Systemadministrator, ein Surface für die Verwaltung der Ausbildungsgeräte – und aus eigenen Mitteln ein Tablet sowie einen Desktop-PC zuhause. Fünf Geräte für meine Arbeit. Fünf! Dazu noch die Menge an den Ausbildungsgeräten, die hier praktisch verstauben werden, weil kein Mensch mit zwei Rechnern unter dem Arm durch den Schulalltag gehen wird. Mir wird ganz schlecht bei dem Gedanken, wie viel Geld da verheizt wird, einfach weil es in irgendwelchen Töpfen vorhanden ist. Die Hardware wird einfach über uns ausgeschüttet, ohne dass man tatsächlich den Bedarf der Schulen abfragt.

    Das geht auch anders.

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    4.8
  • Technik,  Unterricht

    Spontan sprechen: Halloween Horror

    Taskcards wird so langsam wirklich für mich ein kleines Kreativwunder. Eine leere Pinnwand, die es zu füllen gilt – womit, bleibt ganz einem selbst überlassen. Die Möglichkeiten sind endlos, wenn man erst einmal sieht, was die Kollegen damit so alles fabrizieren. Daher will ich dieses Mal nun auch wieder ran und präsentiere das Ergebnis einer superwitzigen Stunde aus meinem heutigen Konversationskurs: Wir haben kollaborativ sukzessive Horrorgeschichten gebastelt – und zwar auf Basis von Taskcards.

    Der blanke Horror

    Die Arbeitsschritte hierzu waren auf einer Pinnwand im Wochentagformat hinterlegt. In den Spalten darunter findet der Kurs endlos Platz, um das Material hochzuladen. Am Anfang steht eine lose Stoffsammlung von Bildern und Eindrücken, die kollaborativ zusammengetragen werden: Zu Beginn von künstlichen Bildern, die von der AI Craiyon produziert werden – nämlich auf Grund von grusligen Begriffen, mit denen das Programm gefüttert wird. Die grusligsten Bilder sollen in Spalte 1 hochgeladen werden, um eine Grundstimmung zu schaffen. Diese werden anschließend um weitere Fotos ergänzt, die der Kurs auf dem Schulgelände erstellt und in dieselbe Spalte lädt. Dadurch kommt buchstäblich ein bisschen Bewegung in die Sache. Und die Kinder erleben ihren Lernort wie einen kleinen Abenteuerspielplatz.

    All diese Bilder werden in einem zweiten Schritt von der jeweiligen Gruppe in eine gewünschte Reihenfolge gebracht, damit auf diese Weise ein kleines Storyboard entsteht. Dazu werden die geschossenen Bilder von Spalte 1 in Spalte 2 gezogen und an ihre neue Position im Handlungsablauf gebracht.

    In Schritt drei wird dieses Storyboard nun der nächsten ahnungslosen Gruppe präsentiert, die aufgrund der Bilder gemeinsam eine Horrorgeschichte entwickelt. Diese nehmen sie in einem nächsten Schritt spontan mit dem Smartphone auf und laden in Schritt 4 ihr Hörspiel in die letzte Spalte der Taskcards hoch.

    Eine Riesengaudi, die ich nur jedem weiterempfehlen kann. Die entsprechende Vorlage zum Weiternutzen findet ihr hier.

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  • Prüfungen,  Technik,  Unterricht

    Moodle Bar Camp 2022

    Samstag Morgen, sieben Uhr früh. Es regnet in Strömen, als der Wecker surrt. An einem normalen Morgen würde ich mich einfach noch einmal umdrehen und weiterschlafen. Die Arbeitswoche war wirklich kein Zuckerschlecken. Schlaf wär echt a Gschicht. Aber heute ist kein normaler Samstag. Ich habe mich eingecheckt zu meinem ersten Barcamp.  Und nicht nur irgendeins. Die Moodlebande ist in der Stadt. Patrick hat sie in seine Schule am Oberwiesenfeld geladen. Und alle sind sie gekommen.

    Auf geht’s…

    Ankommen, drankommen

    Schon bei der Ankunft merkt man: Das ist nicht einfach ein spontanes Treffen von Gleichgesinnten. Hier steckt richtig viel Vorbereitung und Arbeit drin. Jeder Ankömmling erhält ein Lächeln, eine kleine Willkommenstüte mit Leckerlis und ein Namensbadge, auf dem man optional seinen Twitter-Account vermerkt, unter dem man sich über all die Zeit erfolgreich vernetzt hat. Wie intensiv, das wird spätestens im Plenum in der Schul-Caféteria ersichtlich, als wir uns in großer Runde gegenseitig vorstellen: Unter den knapp 30 Leuten gibt es viele Hallo-Erlebnisse. Einige kennt man vom Sehen her aus dem Twitterlehrerzimmer, wieder andere als Kollegen von Fortbildungen. Sogar aus Dillingen und dem ISB haben sich diverse Celebrities eingeschmuggelt, um dem Moodlecamp beizuwohnen. Weitere 30 Personen sind online dabei und stimmen nahtlos in die Vorstellungsrunde mit ein. Und nicht nur hier. Dank “Eule” ist die komplette Veranstaltung hybrid, ein Großteil der Sessions wird aufgenommen, Interessierten ins Netz übertragen und über eine eigens aufgesetzt Moodle-Instanz organisiert. Per Buchungssystem kann man sich in mehr als 25 Sessions einklinken, die spontan von Teilgebenden angeboten werden.

    Ausschnitt aus dem Sessionangebot des Barcamps

    Themen satt

    Wer sich für eines der Themen interessiert, schaut einfach vorbei: CSS-Skripte für Moodle/Mebis, Kurse nachhaltig und arbeitsökonomisch sinnvoll organisieren, Umgang mit Test-Fragekatalogen, Moodle Breakouts oder eine kleine Läster-Schwester-Moodle-Selbsthilfegruppe – für jeden Geschmack ist was dabei. Mal rein theoretisch, dann wieder stark praxisorientiert. Mal hochkomplex auf Profiniveau, dann wieder erfrischend einfach umzusetzen. Die Mischung stimmt – genau wie die Chemie zwischen den Anwesenden. Die Hierarchie zwischen Sessionleitung und Teilnehmenden ist flach, der Ton immer mitfühlend und sympathisch. Wir sitzen hier alle im selben Boot. Der gemeinsame Weg ist klar. Und die, die auf der Reise ein paar Meilen voraus sind, geben gerne ihre Erfahrung weiter. Überall gibt es etwas zu lernen, zu entdecken, zu vertiefen, auszuprobieren. Für mich persönlich war es bahnbrechend zu sehen, wie einfach man seine Kurse für die Lerngruppe angenehmer gestalten kann. Mausklicks reduzieren, Ordnung schaffen, Navigieren erleichtern, Handgriffe einsparen. Alles genial einfach, wenn man nur weiß wie. Letztlich hat sich ja jeder mit den mitunter doch recht schrulligen Eigenheiten von Moodle/Mebis angefreundet und Workarounds erarbeitet. Jeder auf eine andere interessante Weise, die man noch nicht kannte. Aber kennenlernen will.

    Fürs leibliche Wohl ist im Barcamp immer gesorgt

    Man ist ganz erschlagen von den ganzen Eindrücken und Einblicken in die digitale Unterrichtswelt von anderen Teilnehmenden, aus anderen Bundesländern, aus sämtlichen Schularten und bespricht sich kollegial in toll organisierten Kaffee- und Mittagspausen, die zwischen den einzelnen Sitzungen stattfinden. Bei Apfel- und Käsekuchen lässt man sich den Kaffee gleich noch einmal mehr schmecken, reflektiert mit seinen Tischgästen die jüngst erlernten Fertigkeiten und Erkenntnisse. Man hört zu, man vertieft. Gönnt sich noch eine der schmackhaften Madelaines. Holt sich noch einen Kaffee. Diskutiert weiter, vergleicht seine Kurse und Aktivitäten, mit denen man seit Jahren in den Klassen gute Erfolge erzielt hat – und inspiriert andere, die bei den riesigen Möglichkeiten von Moodle/MebisMan noch nicht auf etwas ähnliches gekommen sind. Da ist sie wieder, die Inspiration. Die Ideen sprudeln nur so vor sich hin und beflügeln. So geht es den ganzen Tag hindurch. Die euphorisierende Stimmung hält an. Auch lange nach der Veranstaltung. Zufrieden und glücklich sitzen wir am Ende in der U-Bahn Richtung Innenstadt. Wie froh man doch am Ende ist, dass man den Wecker heute doch nicht ignoriert und bei diesem furchtbaren Wetter einen Fuß nach draußen gesetzt hat. Der scheußliche Tag hat sich echt ins absolute Gegenteil verkehrt. Danke, dass ihr alle Teil davon wart!

     

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  • Technik,  Unterricht

    Spontan sprechen: Two Minute Talk

    Dank meines Konversationskurses habe ich im Unterricht endlich wieder die Möglichkeit etwas zu experimentieren. Und nach ersten Anlaufschwierigkeiten geht das ganz gut. Traditionelle Literatur zu speaking activities hat sich leider als etwas langweilig herausgestellt. Zumindest in Aufmachung und Durchführung. Ganz anders sieht das allerdings aus, wenn man sich die Sachen ein bisschen technisch aufpeppt. Die berühmten Two-Minute-Talks zum Beispiel.

    Two Minute Talks anno dazumal

    Früher hätte man die Teilnehmer aus einem Stapel von Cue Cards ein Thema zum Sprechen ziehen lassen. In der Vorbereitung ist das oft gar nicht so schnell erstellt wie es klingt. Die entsprechenden Kärtchen müssen erst ausgedruckt, zurecht geschnitten und bestenfalls noch laminiert werden, damit sie auch mehr als nur einen Schultag überleben. Und eine Aufbewahrungsbox wäre auch ganz nett, um die neuen Schätzchen nicht zu verlieren. Auch dafür geht ordentlich Zeit drauf. Wenn man das irgendwie zeitsparender vonstatten ginge. Geht. Mit Canva.

    Zeit sparen in Canva

    In Canva habe ich mir in Sekunden eine optisch wenig aufregende, aber aufs Nötigste reduzierte Vorlage erstellt und in Form einer Präsentation angelegt. Diese Vorlage wird dupliziert und pro Folie mit einem Thema zum Sprechen gefüllt. Mit dem Duplizieren-Button in Canva ist dieser Handgriff immer einen Mausklick entfernt. Habe ich ca. 20 Themen zusammen, geht der Spaß los. Die Anzeigedauer pro Folie wird in der Präsentation auf das absolute Minimum herabgesetzt (in Canva sind das 0,1 Sekunden) und anschließend als Video heruntergeladen.

    Eine Präsentation ist in Canva superschnell erstellt… und auch exportiert.

    Allerdings nicht als MP4-Datei, sondern – Achtung! – als GIF-Datei. Damit haben wir eine Gif-Datei, bei der beim Öffnen die Themen in einer Geschwindigkeit vorbeisausen, dass man überhaupt nichts erkennen kann. Keine Sorge, das ist gewollt. Lädt man dieses GIF nämlich zum Beispiel in einen Editor wie das kostenlose Irfan View, hat man nämlich mit Hilfe der G-Taste die Möglichkeit, das GIF an jeder beliebigen Stelle zu stoppen. Auf diese Weise kann jeder die Animation stoppen, wenn er will, und muss spontan auf das angezeigte Thema antworten. Probiert es mal aus

    Zukunftsträchtig

    Will man über die Monate neue Themen anlegen, wird die Präsentation einfach erweitert und anschließend wieder als GIF exportiert. Und wer das Design ändern möchte, um das alles ein bisschen aufzupeppen, der darf gerne tätig werden. Eine Kopie der Präsi mit Link zum Bearbeiten findet ihr hier. Legt los 😎

     

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  • Technik,  Unterricht

    Spontan sprechen: TV Commercial

    Hier mal ganz kurz eine kleine Idee, die wir jüngst im Konversationskurs ausprobiert und für gut befunden haben, um spontanes Sprechen zu üben.

    Die Kinder werden mit ihrem Handy bewaffnet auf das Schulgelände geschickt, um mit ihrer Kamera ein Objekt auf dem Schulhof zu fotografieren, das sie aus welchem Grund auch immer bemerkenswert finden (Objekt, keine Leute!). Die geschossenen Fotos werden im Anschluss auf einer Taskcards-Pinnwand gesammelt. Nun muss jeder aus der Gruppe sein Foto einer anderen Präsentation zuweisen, indem er oder sie jedes der Fotos in Taskcards mit dem Namen der jeweiligen Person betitelt. Einfach den oberen Rahmen des Bildes anklicken, und man kann einen Namen eintragen.

    Die auserkorene Person hat nun den Auftrag, dieses zugewiesene Objekt als TV-Presentator in einer 3-minütigen Vorstellung den Zuschauern im Kurs schmackhaft zu machen. Dabei soll er

    • in Taskcards neben dem Namen das Objekt mit einem medienwirksamen Namen betiteln
    • das Objekt mit Hilfe des Bildes ausgiebig beschreiben
    • die Vorzüge des Objekts hervorheben
    • positive Adjektive und Steigerungen zu benutzen

    Wir hatten lange nicht mehr so viel Spaß wie in diesen Minuten. Und für mich sehr interessant zu sehen, was für einen Blick die Teens auf unseren Standort haben und sich auf interessante Details stürzen

     

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  • Allgemeines,  Pädagogik,  Unterricht

    Man lernt nie aus

    Das neue Schuljahr hat neben dem Anfangsärger auch eine bunte Tüte von Neuerungen im Gepäck: Mit einem etwas größeren Stundendeputat beim ISB diversifiziert sich mein Tätigungsfeld ein bisschen mehr, sodass ich einmal die Woche der alma mater fernbleibe, um big daddy bei der Arbeit zu unterstützen. Die Abwechslung bringt spürbar Wind in den Wochenablauf. Und das mag ich. In der Schule selbst habe ich bis auf wenige Ausnahmen viele Kurse und Klassen, mit denen ich in den Vorjahren gearbeitet habe. Die Wiedersehensfreude ist groß: Aus den Mittelstüflern, die man noch vor ein paar Jahren anschieben (vorischtig formuliert) musste, sind motivierte Kollegiaten geworden, die sich voller Tatendrang ins Abenteuer Oberstufe stürzen und meinen Kurs in Englisch besuchen. Dort fühle ich mich sehr wohl. Und auch sicher: Die Themen sind vorgegeben, die Highlights von mir über Jahre erprobt und für gut befunden. Ich weiß, welche Video Comprehension super zieht, welchen Text ich im Buch lieber auslasse, oder an welchen Stellen ich neues Material nachschießen muss, weil das Englischbuch beispielsweise das Thema Brexit überhaupt nicht kennt. Das Ziel ist ebenso klar wie die Meilensteine dorthin.

    Ganz anders sieht das bei zwei anderen Kursen aus, zu denen ich dieses Jahr gekommen bin. Zum ersten Mal habe ich einen Konversationskurs in der Oberstufe sowie einen Brückenkurs in der fünften Klasse in Englisch. Zum ersten Mal an unserer Schule überhaupt. Auch hier ist bei beiden Kursen das Ziel klar: Verbessere die Sprechfertigkeiten bei den Großen. Rette das Grundschulenglisch in die sechste Klasse bei den Kleinen. Aber wie? Das darf ich mir selbst überlegen. Und das ist gar nicht so einfach. Natürlich hat man vieles über die Jahre ausprobiert und verfügt über ein entsprechendes Repertoire, auf das man zurückgreifen kann. Aber wenn ein Kurs sich wirklich nur auf einen einzigen Aspekt konzentriert, den man sonst als Teil einer Progression in den Unterricht eingebaut hat, muss man schon ein bisschen umdenken.

    In beiden Kursen ändere ich daher meine persönlichen Highlights ein bisschen auf die neue Zielsetzung ab und probiere aus. Mit unterschiedlichem Erfolg. Der Konversationskurs ist Bombe. Die Lerngruppe ist motiviert und nimmt alles begeistert auf. Wir werfen uns in abstrusen Rollenspielen in die seltsamsten Settings, erstellen mit Dokukamera und Smartphones improvisierte Fakenews, reflektieren in Zumpad und Mentimeter unsere Defizite und Schwierigkeiten beim Reden und erarbeiten Kompensationsstrategien, um für die nächste ungewollte Sprechpause gewappnet zu sein.

    Ganz anders ist das beim Brückenkurs in der fünften Klasse. Da meinte ich einfach meine Einstiegsstunde recyclen zu können, mit denen ich immer in der Sechsten beginne: Da lasse ich die Kinder immer die Wichtigkeit von Englisch erfahren, indem wir gemeinsam auf einer Karte die Länder einfärben, in welchen Deutsch gesprochen wird. Und in welchen Englisch. Anschließend führe ich mit Hilfe von Loriots berühmter Fernsehansagerin an das Problem der englischen Aussprache hin, erarbeite mit ihnen ein paar einfache Ausspracheregeln, übe das mit Hilfe von ersten Vorstellungssätzen ein, und gut ist. Dachte ich. Aber die erste Stunde läuft überhaupt nicht. Man merkt es schon am Beginn: Der Kurs ist schon einmal doppelt so groß wie er sein sollte. Statt der erwarteten 15 Leute stehen auf einmal 31 Kinder in der Tür. Manche finden überhaupt keinen Stuhl und nehmen frustriert auf dem Boden Platz. Geht schon mal gut los. Im weiteren Verlauf wird es nicht besser. Die Aufgabe mit den deutsch- und englischsprachigen Ländern überfordert einen Großteil der Kinder. Ich hatte völlig vergessen, dass die wenigsten je eine Weltkarte vor sich hatten. Erdkunde steht ja erst seit drei Wochen auf dem Stundenplan. Auch der Loriotsketch gerät zum Fiasko und geht völlig an den Kindern vorbei. Die meisten verstehen den Audioton als Hörspiel und versuchen krampfhaft den von Loriot absichtlich völlig abstrus verschachtelten Inhalt der imaginären Serie Die zwei Cousinen nachzuvollziehen anstatt sich einfach an den zahlreichen Aussprachefehlern zu erfreuen. Die anderen finden den Sketch schlichtweg nicht lustig, bedauern stattdessen die arme Fernsehsprecherin, die am Ende in Tränen ausbricht. Ich merke, wie ich nervös werde, weil das alles leider gar nicht ankommt. Und die Kinder werden nervös. Es wird laut. Ich werde laut. Und ich merke, dass die Qual der Wahl oft gar nicht so einfach ist, wie ich dachte. Eine Sechstklass-Stunde in einer Gruppe abzuhalten, die eigentlich noch in der Grundschule ist, erfordert deutlich mehr Reduktion. Und deutlich mehr Aktivität. Aber das pack ich. Wär doch gelacht.

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