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Läuft… Oder?

avatarIch kann mir vorstellen, dass ein paar von euch seit ein paar Wochen die Klassenanekdoten vermissen, die hier im Blog regelmäßig zu lesen waren. Ich wünschte, ich könnte euch ein paar neue lustige Geschichten erzählen. Oder etwas Verrücktes. Aber ich muss euch enttäuschen: dieses Jahr läuft es.
Die Klassen verhalten sich mustergültig und sind hochmotiviert. Selbst die Mittelstufe ist brav und liefert bei den Schulaufgaben Top-Niveau. Lediglich die Fünfte stellte sich für ein paar Wochen als Mini-Sorgenkind heraus, weil sich nach den ersten Tests schon deutliche Leistungsunterschiede gezeigt hatten. Vor allem die Kinder mit Migrationshintergrund waren zwar hochkonzentriert bei der Sache, aber mit dem schriftlichen Fixieren völlig überfordert. Deutsche Schulen im Ausland garantieren noch lange nicht, dass die Schüler sich in der Sprache auch ausdrücken können. An vielen Schulen dort wird zwar Deutsch gesprochen, aber nicht geschrieben. Das Ergebnis: Krudeste Rechtschreibfehler und falsche oder gar nicht vorhandene Flexion von Substantiven. Viele der Sätze reihten die Nomen einfach im Nominativ aneinander. Was ein Kasus ist und wofür sie gut sind, verstanden die Schüler nicht. Zumindest bis jetzt. Dass die kleine Heleni aus Athen plötzlich Formen wie “den Senator” oder “der Senatoren” bilden kann, kommt nicht von ungefähr. Das liegt zu einem gewissen Teil auch an Latein, wo wir uns mit dem Flexionssystem intensivst auseinandersetzen.
Ähnliches auch bei der Unterrichtsvorbereitung: Im Moment flutscht es einfach. 90% meiner Stunden muss ich lediglich mit einem Mausklick in meinen Unterrichtsordner in Evernote kopieren, inklusive Bilder, Arbeitsblätter und Stundenskizzen, die als Anhang an der Notiz drankleben – und das war’s. Gelegentlich muss ich noch etwas Feinschliff anbringen, aber das meiste geht erstaunlich schnell von der Hand. Oft ist die Vorbereitung nach gerade mal einer Stunde erledigt. Das schafft Platz: Man hat wieder Luft. Man hat wieder Zeit. Zeit zum Nachdenken, wie es weiter gehen soll. Vor allem beruflich.
Interessanterweise hat Frau Henner zu genau derselben Zeit ähnliche Gedanken im Kopf. Diese innere Unruhe, sich mit der neu gewonnenen Zeit anders, mehr oder besser in den Schulbetrieb einbringen zu wollen, aber nicht so recht zu wissen, in welcher Hinsicht, ist bei mir ebenso spürbar. Nur wo? Die Funktionsstellen sind fest besetzt (im Gegensatz au Frau Henners Schule durch die Bank mit sehr fähigen Leuten). Außerdem ist eine Bewerbung darum in meinem Alter noch recht aussichtslos, weil das Dienstalter gerne mal als Trumpf ausgespielt wird. Und da wäre ich als noch relatives Greenhorn mit Mitte 30 wohl erstmal unterlegen. Was bleibt da noch? AKs? Fortbildungen geben? Schülerzeitung?
Wie sieht’s denn bei euch aus, liebe jung gebliebenen alten Hasen 🙂 ? In welche Richtung seid ihr denn geschippert? Und wann?

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15 Comments

  • Martin

    Lieber Herr Mess,
    wenn wirklich das Bedürfnis danach besteht, irgendeine Funktion (und sei es mangels “Dienstreife” nur kommissarisch bzw. ohne offizielle Funktionsübertragung) zu übernehmen, dann kann ich den Wechsel an eine Aufbauschule empfehlen. Da bekommt man (ob man will oder nicht) jede Menge Aufgaben zusätzlich zum normalen Unterricht, einfach, weil es zu Beginn gar nicht genug Kollegen für alles gibt. Da liegen dann Stufenkoordination, Fachbetreuung und zwei AGs / Wahlkurse schon mal bei einer Person. Das ist am Anfang sicher sehr stressig, dafür hat man im “Gründungschaos” einer Schule aber auch mehr Freiheiten. Und mit wachsendem Kollegium kann man dann einzelne Aufgaben abgeben und nur die behalten, die man wirklich haben will (alles das Einvernehmen der Schulleitung vorausgesetzt).
    Bin selber seit gut 1,5 Jahren an einer solchen wachsenden Schule (nach dem Ref dorthin gekommen) und habe nach dem ersten Dienstjahr die Systembetreuung (mangels Dienstalter nur kommissarisch, aber immerhin mit Anrechnungsstunden) bekommen – einfach weil’s sonst niemand machen wollte / niemand dafür da war.
    Ansonsten möchte ich mich mal für die vielen tollen Beiträge bedanken, lese das Blog regelmäßig und sehr gerne und bin mittlerweile auch begeisterter und intensiver Nutzer von Evernote.
    Ganz herzliche Grüße aus dem Münchner Osten
    Martin

    • herr_mess

      Lieber Martin, du arbeitest/wohnst/lebst dann wohl fast bei mir ums Eck 🙂 Das mit einer Aufbauschule klingt sehr verlockend, aber im Moment hänge ich noch sehr an meinem Kollegium und den ganzen Leuten hier. Menschlich ist bei uns alles super. Auch die Schüler. Ich mag das Gefühl im Moment sehr zum “Inventar” gesehen zu werden. Aber frag mich nochmal in zwei Jahren ;-D

  • Hauptschulblues

    Flagge zeigen mit Mitte 30 ist nie verkehrt. Also ruhig mal bewerben.
    Ich ging erst in Richtung Schulberatung, dann in Richtung Schulentwicklung. War sehr sehr spannend und hat sich gelohnt. Das heißt aber, dass viele Fortbildungen, die andere Mitbewerber u.U. nicht haben werden, besucht werden.
    Und jetzt im Ruhestand bin ich in einer Schulpreisjury (Schulentwicklung!).

  • Anna

    Hallo Herr Mess,
    mein Mann und ich waren mit Anfang/ Mitte 30 (vier Jahre nach Beendigung des Refs) für 5.5 Jahre an einer Deutschen Auslandsschule. Dort konnten wir sehr aktiv die Schule mit entwickeln. Mein Mann kam – wenn auch weiterhin als A13er- als ADLKler (Dt. Auslandsschullehrkraft) in die Schulleitung.
    Dort begannen wir ein Fernstudium “Schulmanagement” an der TU Kaiserslautern, Inhalt war eben Schulentwicklung. Mein Mann ist nun – 2 Jahre nach Rückkehr – in Ba-Wü an einem Gymn. als Fachabteilungsleiterin der erweiterten Schulleitung.
    Ich (da 3 kleine Kinder, 2 davon kleine Amis, da dort während der Zeit a.d. Dt. Auslandsschule geboren) habe als Teilzeitlehrkraft keine Führungsposition, bin aber – mit STundenanrechnung – an meiner Schule Inklusionsbeauftragte, da ich in dem Bereich meine Masterarbeit schrieb.
    Ich bin nun seit 12 Jahren im Schuldienst, das ist meine vierte Schule und ich finde es gut, dass ich mehrere Schulen kenne und habe nicht vor, an meiner jetztigen bis zur Pensionierung zu bleiben!
    Viel Spaß und Erfolg bei der beruflichen Veränderung!

    • herr_mess

      Vielen Dank, Anna! Das klingt ja jetzt schon nach einem sehr bewegten Leben. Gut zu lesen, dass ich nicht der einzige bin, der das Mitte 30 spürt. Ich kenne sehr viele, die jetzt schon in meinem Alter einen gewissen Berufszynismus an den Tag legen und Unterricht nur noch auf einer Viertel Backe abhalten. Finde ich immer sehr traurig zu sehen, weil es genau wieder SOLCHE LEHRER sein werden, über die man sich das Maul zerreißt. Und schwupps ist wieder ein ganzer Berufsstand diffamiert…

  • lilohenner

    Lieber Herr Mess,
    schon das “laut” drüber Nachdenken bringt etwas. Irgendwie tut sich dann plötzlich eine unverhoffte Tür auf. So auch bei mir. Die Stelle, die ich wollte, war ja weg und nichts anderes Reizvolles in Sicht. Und wie durch ein Wunder (manchmal kommen Babys sehr spät 😀 ), wird diese Stelle just in dem Moment wieder frei! Macht kein A14, aber auf alle Fälle neue Impulse und die Möglichkeit, Schule zu gestalten. Erfreulich: der Chef kam gleich zu mir und bat mich, die Stelle zu nehmen. Er wusste ja schon, dass ich mich gerne mehr einbringen möchte. Das ist also der erste Schritt: auf zum Personalgespräch!
    Soweit zur Theorie, jetzt heißt es, der Kollegin die Daumen drücken, dass alles gut geht, und das nicht nur aus Eigennutz, dann bewerben und erst dann Genaueres erzählen. Du weißt schon, ungelegte Eier und so.
    lg Lilo

  • stefan

    Und vor allem nicht vergessen….
    SCHULE IST NICHT ALLES!
    Es gibt such sonst noch ein paar Dinge im Leben, mit denen man ganz gut die neugewonnene Zeit füllen kann. Und irgendwelche Funtkionen zu haben, nur um Wichtig zu sein bringt nur Frust.
    Wenn Sie in der Schule “mehr” machen wollen, dann suchen Sie sich etwas aus, was (ihnen) Spass macht – egal ob’s was “bringt” oder nicht. Entweder wird Ihr Chef daruf aufmerksam – Glück gehabt oder nicht – dann wenigstens Spass gehabt. Behalten Sie die “Work-Life-Balance” im Blick – und vor allem: was mit mitte 30 noch kein Problem ist kann mit Mitte 50 schon eine echte Last werden.

  • P

    Ich hatte nach einigen Konflikten mit der Schulleitung (nicht als einziger, aber in meinem Fall laut und konsequent bis zum Ende durchgezogen), die einen sinnvollen weitergehenden Einsatz oder eine Beförderung verhindert haben, an der Schule einige Jahre lang einfach nur unterrichtet und die zusätzliche Freizeit genossen. In der Zeit habe ich an der Fernuni Hagen Philosophie studiert; ich habe letztes Jahr meinen Master gemacht. Das habe ich mir dann als drittes Fach für S I und S II anerkennen lassen und jetzt arbeite ich mich an der Schule in für mich völlig neuen Unterricht ein. Spannend. Und Unterricht macht mir in der Schule immer noch weitaus am meisten Spaß; deshalb bin ich schließlich Lehrer geworden.
    Und unerwarteterweise bin ich jetzt sogar doch noch zu einer sinnvollen Zusatztätigkeit in der Schule gekommen, ohne mich bewerben zu müssen. Man hat mich gefragt. So hat sich alles für mich insgesamt doch noch gut entwickelt.
    Was ich sagen wollte: Es gibt auch Möglichkeiten, sich erst privat weiterzubilden und das dann später in den schulischen Bereich einzubringen. Und wenn man bedenkt, dass wir ohnehin bis mindestens siebenundsechzig arbeiten müssen, bleibt für alles andere immer noch Zeit genug.
    Wenn ich heute schon unlurking betreibe: großartiger Blog. Ich lese mit großem Interesse und bin beeindruckt von deinem Unterricht und von deinem Technikeinsatz.
    (Ich lese auch regelmäßig bei Frau Henner mit; viele Grüße auch nach BW.)
    P

  • FrauSchuetze

    Hallo,
    Ich kann deine Gedanken sehr gut nachvollziehen! Bei mir ist es ähnlich. Ich bin dieses Schuljahr durch Zufall zur Schülerzeitung gekommen und arbeite dort nicht mit Oberstüflern, wie der bisherige Leiter, sondern mit 6.Klässlern, die ihre Arbeit ganz wunderbar machen und viel Freude am Schreiben und all den anderen Aufgaben haben.
    Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Suche 🙂

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