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    Exkurs zu Runde 5 der Edublogparade 2024: Wie ich Texte schreibe

    Susanne Posselts toller Beitrag zu Runde 5 der Edublogparade ist gespickt mit wundervollen persönlichen Einblicken in ihre Biografie und ihren Schreibprozess. Grund genug, dass ich auch mal in mich selbst reinhorche und ein bisschen darüber erzähle, wie meine Blogartikel entstehen. Und vor allem nach welcher Vorgeschichte. Schreiben ist nach wie vor für mich ein sehr persönlicher Prozess – und das eigentlich schon immer.

    Exkurs: Schreibgenese

    The Early Years

    Lesen und Schreiben konnte ich schon, seit ich denken kann. Meine Oma brachte es mir bei, weil ich meiner sechs Jahre älteren Schwester bei den Hausaufgaben zusah und zunehmend neidischer wurde, was sie da mit Stift und Heft anstellte – so geht zumindest die Anekdote im Hause der Familie Mess. Mit vier Jahren lief ich daher schon mit meiner Kinderfibel durch die Gegend und las munter vor mich hin. Welche das war, kann ich leider nicht mehr sagen. Ich kann mich nur noch an den Umschlag erinnern, auf dem ein hingekritzeltes Kind in blau-rot eine Fibel hochhielt, auf der es selber dargestellt wurde, wie es eine Fibel hochhielt, auf dem ein Kind dargestellt wurde, wie es eine Fibel hochhielt, auf dem… (you get the idea).

    Ich gab nie großartig damit an, weil es für mich einfach selbstverständlich war, und wurde immer sehr genervt, wenn man es als etwas Besonderes herausstellen wollte. Eine meine ersten Erinnerungen im Kindergarten an der Hiltenspergerstraße in München ist ein Nachmittag, wo ich von den Erzieherinnen mehr oder weniger genötigt wurde den anderen Kindern aus einem Buch vorzulesen. Ich fand das ganz furchtbar wie eine Zirkusattraktion in der Mitte des Raumes zu sitzen, mit 30 Augenpaaren auf mich gerichtet. Entsprechend bockig war ich dem Wunsch zu entsprechen: Erst habe ich gar nicht gelesen – dann mit gehörigem Widerwillen. Und in passiv-aggressivem Flüsterton. Geschadet hat mir das natürlich nicht. Aber ich kann mich an die Episode auch noch knapp 40 Jahre später erinnern. Das sagt schon einiges.

    The School Years

    Einen Vorteil hatte die Chose aber: Da ich mit Schreib- und Lesekenntnissen in die Schule kam, waren die ersten Jahre dort für mich ein Klacks. Mit so einem Vorsprung konnte ich mich gechillt auf den Vorschusslorbeeren ausruhen und bei wenig Arbeitsaufwand gute Ergebnisse einfahren. Und so kam es dann auch: Niederschriften, Aufsätze, Rechtschreibübungen – ich frühstückte sämtliche dieser Prüfungsformate und kam in der Regel mit fehlerlosen Ergebnissen nach Hause.

    Das hatte allerdings einen gewissen Preis: Der Prozess des Lesens und Schreibens hatte für mich nicht den Reiz des Neuen, den meine Klassenkameraden beim Erlernen dieser essenziellen Zauberkraft empfanden. Es gehörte für mich einfach dazu. Als Konsequenz sah ich keinerlei Notwendigkeit im Lesen und Schreiben besser zu werden. Ich las einfach nichts mehr. Bücher waren schick im Bücherregal, aber aus eigenem Antrieb ein anderes Buch als die in der Schule in die Hand nehmen? No way.

    Die Lektüren, die wir in der Schule lasen, taten ihr Übrigens mir das Lesen madig zu machen. Ich erinnere mich noch an Rokal, den Steinzeitjäger. Das Wirtshaus im Spessart (in der fünften Klasse!). Oder Hexen in der Stadt. Ich fand das alles ganz fad. Entsprechend plumpsten meine Noten in Deutsch irgendwann mal in halbgares Mittelmaß – vor allem, als es irgendwann in Richtung Sachtexte ging. Ohne Zeitungen oder Artikel zu lesen hatte ich schlichtweg keine Ahnung oder ein Gefühl dafür, was einen Sachtext lesenswert macht. Aber ich fand mich damit ab. Mehr als 3 wird es halt nicht mehr.

    The University Years

    Und so tippte ich meine ersten Seminararbeiten im Grundstudium auf gewohnte, uninspirierte Weise. Da dort vorrangig der Inhalt und nicht die Art der Verpackung zählte, waren die Noten dort immer ganz ordentlich. Was sich allerdings für mich komplett neu gestaltete, war der Weg zu einem solchen Schriftstück: Eine längere Zeit an einem Thema sitzen und für sich recherchieren, die Gedanken ordnen und durchdenken, bevor man auch nur eine Silbe geschrieben hatte, war für mich eine neue Erfahrung. Es reichte nicht mehr auf eine Initialthese spontan zu reagieren und in einem Korsett von 90 Minuten irgendein Schriftstück hinzuschneuzen, wie ich es aus der Schule kannte. Für ein gutes Ergebnis war eine entsprechende Vorarbeit notwendig. Zunächst nur inhaltlich. Später aber auch stilistisch. Aber das lernte ich vor allem bei einem meiner Nebenjobs im Studium.

    Von 2002 bis 2006 war ich Teilzeit – Mitglied einer Redaktion in München, die sich auf Videospiele spezialisiert hatte. Wer von den Zeitschriften Cube und 360 Live aus der Zeit noch Exemplare auf dem Dachboden liegen hat, hat vermutlich ein paar meiner Artikel gelesen.

    Meine echten Lehrjahre: Die des Videospielredakteurs
    Redaktionsmitglied

    Am Anfang waren das noch kleine Beiträge. Kleine Snippets und Previews von den neuen Titeln. Dann kamen Testberichte dazu. Und mit ihnen der innere Antrieb mehr und mehr am eigenen Stil zu feilen. Denn mit einem Lesepublikum im Rücken wollte man den Leuten auch Schreibstücke bieten, unter die man guten Gewissens seinen Namen setzen konnte, bevor sie in den Druck gingen. Der Durchbruch in dieser Hinsicht folgte bei mir automatisch, als ich Ende 2004 zu meinem assistant year nach England aufbrach. Tagsüber war ich Deutschlehrer an einer Schule in Lincoln, Lincolnshire und abends Redaktionsmitglied im Außendienst – wenn auch mit stark eingeschränkten technischen Möglichkeiten. Da in unserem Haus kein Breitbandanschluss vorhanden war (anno 2004 definitiv noch kein Standard), mussten wir die Telefonleitung für das Internet nutzen, die wie damals üblich im Minutentakt abrechnete. Entsprechend waren wir gezwungen unsere online Zeit optimal zu nutzen, um nicht am Monatsende beim Öffnen der Telefonrechnung aus den Latschen zu kippen. Großartige Online-Recherche war für mich damit kaum möglich.

    Stattdessen kaufte ich mir in den örtlichen Zeitschriftenhandlungen Publikationen der englischen Presse, die in Sachen Videospielen der deutschen damals schon um Meilen voraus war, und exzerpierte die Inhalte wie bei Seminararbeiten auf Papier. Seitenweise. Blätterweise. Ich versank in den Artikeln, die in einem für mich sehr erfrischenden Ton geschrieben war, den ich so noch nicht kannte: Informativ, hoch fundiert, aber dennoch immer in einem grund-frotzeligen Ton, stets unter leichter Missachtung von gängigen Regeln der Punkt- und Kommasetzung. Satzreihen wie diese hier, die keinen grammatikalisch akkuraten Hauptsatz aufweist. Einfach durch einen Punkt abbrechen? Darf man das? I guess they don’t care. And neither did I.

    Ich begann unbewusst diesen Stil auf mein eigenes Geschreibsel zu übertragen. Bekam ein Gefühl für Satzrhythmen und den Atem, den man für seine Sätze braucht, um einen Effekt zu erzielen. So etwas ging mir zunehmend besser von der Hand. Ich fühlte langsam, wann ein Satz zu kurz war. Wann zu lang. Und wann genau richtig. Das ging so weit, dass ich in Sätzen Worte gegen entsprechende Synonyme austauschte, die in ihrer Silbenanzahl divergierten, und so nach meinem Empfinden besser in den Rhythmus des Satzes passten. So wurden meine Artikel in der Genese immer komplexer und herausfordernder. Daher musste ich meine Arbeitsweise umstellen – und setze sämtliche meiner Artikel handschriftlich auf.

    So hatte ich das Gefühl näher am Text zu sein. Worte wurden nicht einfach nur getippt. Sie wurden geformt. Ein leeres Blatt Papier, ein Bleistift und ich. Und über allem mein aufkeimender Perfektionismus. Jeder Satz wurde auf die Stilwaage gelegt, bewertet – und erweitert, umgestellt oder mit rabiaten Bleistiftstrichen vom Papier gelöscht. Ich wünschte, ich hätte noch irgendwo einen alten Block in einer Schublade, in dem man die Genese eines solchen Artikels sehen kann. Für den Uneingeweihten sah das aus wie ein Din/A4-Fiebertraum. Für mich hingegen war dieses Geschmiere das lebendige Ergebnis eines Schöpfungsaktes. Und das merkte ich. Und mein Chefredakteur. Meine Artikel lasen sich in Deutschland spürbar flotter. Entsprechend bekam ich zunehmend größere Fische zum Berichten. Erst die News-Seiten (12 Seiten Text, die monatlich zu füllen waren!). Dann die Leserbriefe, in denen der bayerische Grundgrant so richtig zur Geltung kam. Dann folgten die Testberichte zu den monatlichen Toptiteln (bis heute mein Favorit: der Bericht zu Resident Evil 4 – da war ich stolz wie Bolle drauf). Und zum Schluss die Reportagen, die eine nicht enden wollende Bandbreite an Themen bot: Die Geschichte von Donkey Kong, ein Bericht über die furchtbarsten Versoftungen von Kinofilem auf heimischen Konsolen, eine Abhandlung über das Erfolgsgeheimnis von Nintendo, ein Artikel über die berühmtesten urban legends in der Videospielindustrie. Ich forschte mich durch alles, was man mir vorlegte. Und ich liebte es.

    Meine gesammelten Werke auf CD-Rom

    Wenn es etwas gegeben hat, was meinen Schreibstil maßgeblich geformt hat, dann sind das die erfüllenden Jahre im Redaktionsbüro Löwenstein am Tassiloplatz in München. Von den Erfahrungen zehre ich bis heute – im Unterricht, beim Schreiben von Tutorials beim ISB – und im Blog.

    Heute: Schreiben im Blog

    Am Anfang ist der Gedanke – und die voice to text Funktion am Smartphone, wenn die Inspiration zuschlägt. Denn ein Blatt Papier zum Skizzieren meiner Artikel würde an einem normalen Arbeitstag hoffnungslos in den Tiefen meiner Tasche verschwinden. Mein oftmals nur schemenhaftes Geschwafel landet als Text in Evernote, wo ich – genauso wie Susanne – von jedem meiner Geräte darauf zugreifen kann. In einer Freistunde am Tablet, in der Ubahn am Handy oder zuhause am Arbeits-PC. Meine Notizen sind alle in Evernote in einem Ordner abgelegt, wo sich Ideen, Bilder, Soundschnipsel oder Screenshots lose in einem Ordner tummeln, den ich völlig uninspiriert “Blog” betitelt habe.

    Hier geht jeder Artikel los

    Darin passiert die Arbeit, die ich früher mit einem Blatt Papier vollzogen hätte. Ich schreibe, ich lösche, ich lese. Ich tausche aus. Ich markiere. Ich formuliere aus, gliedere. Und wenn ich mit dem Ergebnis irgendwann mal zufrieden bin, schiebe ich das Ergebnis in einen neuen Ordner, wo sich meine “Endredaktion” befindet, die automatisiert alles Richtung Blog schiebt. Dies passiert mit Hilfe des Dienstes Zapier, der alle Evernote-Notizen, die in diesem Ordner landen als Artikel-Entwurf in WordPress abspeichert. Dort muss ich den Artikel nur noch mit endredigieren und mit einem Mausklick in die weite Welt schicken.

    Ta-Dah!

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  • Allgemeines,  Prüfungen

    Wieviel Zeit beansprucht ein Abitur?

    Während Runde 5 der Edublogparade 2024 gerade durch die Lande zieht (und ich über einen adequaten Artikel zu dem Thema nachdenke), habe ich aus Runde 2 Lehren gezogen und mich der Arbeitszeiterfassung hingegeben. Denn darum ging es vor ein paar Monaten vor dem Hintergrund des Abbaus von Überstunden.

    Wie immer dauert es bei mir, bis neue Routinen sitzen. Es gibt Tage, wo mir erst am Abend einfällt, dass ich ganz vergessen habe mit Working Hours meine geleisteten Stunden zu dokumentieren und gebe sie im Nachhinein ein. Für die nächsten vier Wochen werde ich allerdings ganz genau darauf achten. Es ist eine besondere Zeit angebrochen. Das Abitur läuft seit ein paar Tagen in Bayern, und ich möchte seit Jahren für mich selbst herausfinden, wie lange ich tatsächlich für die Korrektur eines Abiturs benötige. Ich will nichts rechtfertigen, auf nichts Besonderes aufmerksam machen, keinen Shitstorm hervorrufen, weil ich auf “kostenlose” Überstunden hinweisen möchte – mir geht’s persönlich einzig und allein um den Kenntnisgewinn. Deswegen schauen wir mal, was draus wird. Wie lange brauch ich für das diesjährige Abitur in Englisch? 24 Leute. 12 Arbeiten schriftlich, 12 Kolloquien. Alles möchte ich festhalten: Das Abholen der Arbeiten, das Ordnen, das Auslegen, das Probehören der Audiodateien, die Korrektur, die Sitzungen zum Abgleichen der Fehler. Alles.

    Wetten werden angenommen. Jetzt. Am Besten in den Kommentaren. Nun auch mit echtem Poll:

    This poll is no longer accepting votes

    Wie lange korrigiert man an einem Abitur (Kursstärke 24 SuS, 12 schriftlich, 12 mündlich)
    ×

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    Edublogparade – Folge 3

    Runde 3 der Edublogparade bringt wieder etwas Positivität auf den Tisch. Was den Lehrberuf attraktiv macht, ist das Thema. Mit dem Blick auf meine aktuellen Arbeitszeiten, die ich seit drei Wochen brav tracke, fällt mir es schwer, diese tatsächlich als Plus anzuführen. Es ist gerade entsetzlich viel los. So viel, dass ich nach Dienstschluss so gar nichts mehr machen möchte, was mit dem Thema Schule zu tun hat. Blogbeiträge meiner Online-Kolleginnen und Kollegen lese ich aus Zeitgründen seit Wochen nicht mehr. Es ist einfach viel. Zu viel. Und mit dem Eindruck bin ich nicht alleine. Man hört immer wieder, wie gestandene Kolleginnen und Kollegen meinen, aktuell könne man diesen Beruf dem Nachwuchs nicht mehr ruhigen Gewissens ans Herz legen. Von daher finde ich es ganz schön schwierig in dieser Runde eine gute Antwort zu finden. Denn auf der einen Seite gibt es die Anforderungen auf dem Papier, auf der anderen Seite die Sachzwänge der Realität, die immer wieder Improvisation oder schlimmstenfalls Kapitulation bedeuten. Lehrermangel, Krankheitsausfälle, fehlerhafte Technik, marode Schulgebäude, Burnout als buchstäbliche Berufskrankheit. Die Zeitungen sind voll davon. Was bringt der Lehrberuf also?

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    Im Moment leider gefühlt genau dieses.

     

     

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  • Alltag,  Technik,  Unterricht

    Lehren aus Runde 2 der Edublogparade 2024

    Ich bin tatsächlich sehr überrascht, wie viele Leute im Zuge von Runde 2 der Edublogparade über das Tracken ihrer Arbeitszeit gesprochen und geschrieben haben. Und das so sehr, dass ich nun auch Butter bei die Fische bzw. Klarheit haben möchte. Daher habe ich bei Arne nachgefragt, womit er denn seine Arbeitszeit misst und auf sein Anraten Working Hours aufs Handy geladen. Für knapp 10€ hat man eine Lizenz für eine Plattform. Für andere Betriebssysteme fällt zusätzlich Geld an, aber ich hab das Handy sowieso immer in greifbarer Nähe, wenn ich arbeite, daher reicht mir die eine Instanz.

    Working Hours ist tatsächlich sehr simpel gestaltet. Man definiert zu Beginn – sofern man es denn will – verschiedene Aufgaben, die einem im Arbeitstag über den Weg laufen, versieht sie mit einer Farbe und startet den Tracking Vorgang mit einem Klick, sobald man damit loslegt. Ich hab mir mal angewöhnt, meinen Arbeitstag farblich in workload in der Schule und Zuhause einzurichten. Zusätzlich habe ich mir noch eine Sparte für Korrekturen eingerichtet. Aktuell liegt hier die letzte Oberstufenklausur vor dem Abitur Ende April. Da kann ich endlich mal sehen, was die Korrektur zeitlich bedeutet, anstatt es immer nur grob zu überschlagen. So richtig interessant wird es natürlich, wenn das Abitur selbst losgeht. Korrektur eines kompletten Englisch-Abis, Vorbereitung und Abhalten von Kolloquien, Vorbereitung und Abhalten von Nachprüfungen zur Notenverbesserung. Da wird einiges auf dem Stundenkonto los sein. Das ist aber eigentlich auch jetzt schon der Fall…

    Aktuell ist bei uns an der Schule gut was los, sodass die ersten Wochen weit jenseits der 40 Arbeitsstunden sind. Infoabende, Vorträge am Abend, Generalproben für die Technik, Medienwarte, Tag der offenen Tür – da kommen gut und gerne mal knapp 50 Stunden zusammen. Teilweise mehr. Das wird interessant zu sehen, auf was sich das alles einpendelt, wenn mal wieder “Regelbetrieb” eingekehrt ist – was auch immer das bei unserem Job bedeuten mag 😁

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  • Allgemeines,  Alltag,  Unterricht

    EduBlogparade2024 – Runde 2: Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte?

    Disclaimer: Ich agiere bei dem folgenden Thema rein auf common sense. Ich weiß nicht mehr darüber als jeder normal sterbliche Lehrkörper, der seit Jahren ohne Arbeitszeiterfassung vor sich hin wurschtelt und es auch nicht anders kennt. Deswegen verzeihe man mir meine Blauäugigkeit bei dem Thema.

    Jan-Martin hat sich für Runde Zwei der Edublogparade2024 ein ganz besonderes heißes Eisen aus einer ohnehin heißen Vorauswahl des Bildungsrates von unten gefischt: Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte. Das Thema wabert ja schon seit geraumer Zeit durch die Medienlandschaft und mein Stand der Dinge war ja immer, dass das definitiv kommen soll, die KuK-Konferenz aber darauf noch sehr verhaltend reagiert. Aber man kläre mich gerne auf, wenn es anders sein sollte.
    Zu dem Thema gibt es tatsächlich sehr konträre Meinungen. Ich hab mir vorgenommen, die verschiedenen Beiträge der Edublogparade erst hinterher zu lesen, weil ich mir meinen Blutdruck nicht unnötig in die Höhe treiben möchte. Denn theoretisch kann ich mir ein solches System schon gut vorstellen. Theoretisch wohlgemerkt. Denn es hätte ein paar echte Vorteile auf der Hand.

     

    Theorie…

    • Transparenz nach außen: Für die Öffentlichkeitsdarstellung würde so ein System zum Teil mit dem Märchen des Halbtagsjobs aufräumen, das der Profession seit geraumer Zeit anhaftet. Kein Wunder, er ist nun mal ein Job außerhalb des üblichen nine-to-five Korsetts. Ob er durch so ein System zu einem wird, ist zu bezweifeln. Aber es könnte zu einer gewissen Normalisierung beitragen.
    • Transparenz nach innen: Wer arbeitet wirklich wieviel? Und wie lange? Dieses Thema erhitzt regelmäßig die Gemüter. Auch innerhalb eines Kollegiums. Eine Arbeitszeiterfassung könnte schnell Klarheit schaffen, wer über die Maßen arbeitet oder aber auch nur so tut als ob. Auf diese Weise ließe sich die Last gerechter auf den verschiedenen Schultern verteilen.
    • Prävention: Für Außenstehende selten einsehbar, für Eingeweihte Realität: Unser Job ist anstrengend. Er geht an die Substanz. Und gerne auch an unser Stundenkontingent. Korrekturen, Bürokratie, Elterngespräche, Vorbereitungen, Nachbereitungen, Elternabende, Fortbildungen, Projekttage, Exkursionen. Das frisst Zeit. Soviel Zeit, dass wir sie manchmal komplett aus den Augen verlieren. Ich selbst habe nur in zwei, drei Situationen zum Spaß mal die Zeit mitgezählt, um zu sehen, wie viele Stunden ich zu Hochzeiten in den Beruf versenke. Aber über einen längeren Zeitraum habe ich das nie verfolgt. Man schludert schnell beim Mitzählen, vergisst, und plötzlich lässt man es wieder. Man hat ja nichts davon. Hätte ich aber ein System gehabt, das mir suggeriert, dass Mehrarbeit in irgendeiner Art auch mal (ab-)gerechnet und wertgeschätzt wird, hätte ich an vielen Stellen mal den Stecker gezogen. Und ein Wochenende auch mal Wochenende sein lassen.

    … und Praxis

    Soweit die Theorie: Ich grüble aber tatsächlich angesichts der praktischen Umsetzung: Wie soll so ein System aussehen? Wären wir gezwungen, nur noch am Lehrerdienstgerät zu arbeiten, wo eine Software die Arbeitsstunden zählt. Erkennt sie, ob ich tatsächlich arbeite oder einfach dem Online Shopping fröne? Kann sie technisch unterscheiden zwischen Freizeit und Arbeitszeit? Und was zählt als Arbeitszeit? Wenn ich in den Laden gehe um Lektüren für die Klasse zu kaufen? Wenn ich eine Zusatzschulaufgabe erstelle, weil wieder zwei bei der Prüfung krank waren? Oder wenn ich in Warteschleifen festhänge, um die Zugverbindung für die Klassenfahrt und die dazugehörigen Tarife erfrage? Wie wird das gezählt? Wird das überhaupt gezählt? Zählen nachmittägliche Elterngespräche außerhalb der Sprechstunden, weil es oftmals nicht anders geht? Zählt Bürokratie wie das Erstellen und Abhaken von Listen, Ordnen von Klassenarbeiten für die Respizienz? Erhöhter Korrekturaufwand aufgrund größerer Kurse oder korrekturintensiveren Fächern? Was mache ich mit Klassenfahrten? Bin ich da per se von Aufstehen bis zur Bettruhe im Einsatz? Oder rund um die Uhr? Und was passiert bei Überstunden? Bekomme ich die ausgezahlt? Oder kann ich die ähnlich abfeiern wie in einem Bürojob? Wo würde dann Zeit ausfallen? Wohl nicht Unterricht, oder? Der Lehrplan geht ja trotz der Zusatzbemühungen fürs Klassenklima weiter.
    Je länger man drüber nachdenkt, desto mehr Fallstricke fallen auf. Es IST eben kein anderer Job wie jeder anderer.
    So, und jetzt ihr…
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  • Allgemeines,  Alltag,  Technik,  Unterricht

    Blogstöckchen: Standard-Apps

    Herr Rau hat’s in den Lehrerblogs vorgemacht, Kubiwahn folgte. Und ich hab seinen indirekten Sprechakt verstanden und mach mit. Alleine, weil es klingt wie eine kleine Reminiszenz an die Blogstöckchen, die es dareinst mal gab. Das Thema sind Standard-Apps, mit denen man so seinen Alltag bewältigt. Das Format geistert schon eine ganze Weile in der Blogging-Landschaft umher. Warum also nicht mals wieder ein Blogstöckchen aufheben und dran teilnehmen?

    So here we go…

    Reihum in der Blogger-/Indieweb-Riege – eine Liste von Apps, die man im Alltag für definierte Aufgaben nutzt.

    📨 Mail: Thunderbird zu Hause in der Schule, Outlook für die Systembetreuung
    📝 Notes: Evernote, Squid, seltener Lecture Notes
    ✅ To-Do: Evernote
    📷 Android Camera app: Camera app, Camera MX
    🟦 Photo Management: keine Zeit dazu, alles bleibt in der Galerie oder in Ordner auf Festplatten
    📆 Calendar: Apple Calendar, der über Lightning mit Thunderbird synchronisiert ist
    📁 Cloud File Storage: OneDrive, Dropbox, ByCS Drive (beim Austesten, ich bin allerdings noch etwas vorsichtig)
    📖 RSS: Feedly, Palabre
    🙍🏻‍♂️ Contacts: Android Contacts synced
    🙋‍♂️ Browser: Firefox und Edge zuhause, Edge in der Schule, kein Firefox, weil die Schulgeräte eine alte Version installiert haben, die gerne mal Fehler produzieren.
    💬 Chat: Signal, Threema, Whatsapp, ByCS Messenger
    📣Social Media: Twitter, Mastodon, BlueSky, Instagram, Discord
    🔖 Bookmarks: nutze ich tatsächlich kaum, nutze meist Webclipper von Evernote
    📑 Read it Later: Webclipper in Evernote
    📜 Word Processing: Microsoft Word, LibreOffice Writer, ByCS Office Writer
    📈 Spreadsheets: Microsoft Excel
    📊 Presentations: Microsoft Powerpoint, Prezi, Canva
    🛒 Shopping List: Evernote
    🍴 Meal Planning: Leute machen tatsächlich sowas?
    💰 Budgeting and Personal Finance: Ein Blatt Papier
    📰 News: diverse Nachrichten Seiten, die über BlueSky und Mastodon abgezapft werden.
    🎵 Music: Spotify, iTunes mit Rocket Player und isyncr
    🎙️ Podcasts: Spotify, früher Acast
    🔐 Password Management: Mein Kopf

    Vielleicht fühlt sich auch jemand inspiriert mitzumachen 😀Bestenfalls lernt man ein paar neue Standard-Apps voneinander…

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  • Allgemeines

    Woche der Lehrergesundheit

    Dieser Tage geht die Woche der Lehrergesundheit zu Ende. Nichts davon gehört? Dann sind Sie nicht alleine. Eine kleine Umfrage, die ich dieser Tage zu dem Thema auf Mastodon gestellt hatte, führte zu einem ganz ähnlichen Ergebnis.
    Die Mastodon-Umfrage zur Lehrergesundheit
    Kaum jemand nahm von dem Angebot Notiz – oder wusste gar nichts davon. Fast wäre ich einer davon gewesen. Ich wurde lediglich darauf aufmerksam, weil ein riesiges Werbeposter bei uns in der Lehrerküche hing und eine Fortbildung darin angeboten wurde, aus der ich schon zweimal rausgeflogen war. Und so fand ich mich am Donnerstag in einer Veranstaltung zu Stimmbildung wieder. Ein toller Tag mit vielen Einblicken und wichtigen Erkenntnissen.

    Verstimmung?

    Über Indifferenz-Tonlagen, die emotionale Kraft einer Stimme, die über Erfolg und Scheitern einer Stunde oder eines ganzen Klassenklimas entscheiden kann. Dazu kamen Selbstreflexionen über die eigene Stimmlage und Körperspannung sowohl in Theorie als auch Praxis. Am Ende folgten Auswertungen unserer Stimmpräsenz aus Videoaufnahmen, die wir voneinander anfertigt hatten und anschließend gegenseitig evaluierten. Mit super interessanten Einsichten! Es ist riesig, wie viel man man dabei über sich selbst lernt. Und wie selten man im Alltag tatsächlich mal dazu kommt, innezuhalten und solche substanziellen Fertigkeiten bei sich unter die Lupe zu nehmen. Bei mir war es tatsächlich das erste Mal seit meinem Referendariat. Damals saß eine Stimmbildnerin eine Stunde in meinem Unterricht und gab mir im Anschluss für zwei Minuten Tipps für eine geölte Stimme. Aber wirklich fundiert war das nicht. Schade eigentlich, denn – auch das habe ich jüngst gelernt – Lehrkräfte machen tatsächlich die bei weitem größte Gruppe der Berufssprecher auch; weit vor Schauspielern oder Nachrichtensprechern. Nur sind wir im Gegensatz zu ihnen die einzigen, die keinerlei Stimmausbildung erhalten – mit fatalen Folgen. Schätzungsweise 30 Millionen Euro geben Krankenkassen im Jahr für Therapien bei Lehrkräften aus, denen die Stimme versagt. Umso wichtiger ist es daher, zu haushalten und auf sich selbst zu achten. Das ist allerdings leichter gesagt als getan. Für mich war das die erste Fortbildung in meinen Dienstjahren, in denen ich explizit etwas für mich machen durfte. Und das habe ich sehr genossen. Macht man viel zu selten. Lehrergesundheit hat man letztlich auch ein bisschen selbst in der Hand.

     

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  • Technik,  Unterricht

    Mebis zur Schulentwicklung

    Mit einem kleinen, aber feinen Kreis an Mitverschwörern habe ich Anfang Oktober diesen Jahr einen Medien AK begonnen. Die Teilnehmerzahl war…  überschaubar. Aber das ist sie aktuell in jedem Arbeitskreis bei uns. Da wir auch ein Jahr nach dem Einzug immer noch Mängel im Gebäude haben, die Unterricht schlichtweg verhindern, sind wir ständig damit beschäftigt die entsprechenden Firmen zu kontaktieren, die sich um Reparaturen kümmern. Das schluckt Zeit. Und Motivation. Und Kraft. Umso wichtiger, dass die Sitzungen zur Schulentwicklung aktuell möglichst effizient ablaufen. Ich hab mich für eine Dokumentation auf mebis in ByCS entschieden – auch wenn der eine oder andere beim Thema Effizienz nicht notwendigerweise an die berühmt-berüchtigte Lernplattform denkt. Aber wenn man weiß, wie man es macht, geht es wirklich schnell.

    Aufbau des mebis Kurses zur Schulentwicklung

    Die angedachten Sitzungen für das Schuljahr sind im Wochenformat organisiert. Dort sind unter jedem Abschnitt immer dieselben Elemente für die jeweilige Sitzung hinterlegt:

    • Die Tagesordnung als Textfeld, die mir als Leiter während der Sitzung als Lauffaden dient
    • Ein Board zum Sammeln von Ideen, wenn es ums Brainstormen geht.
    • Ein Kanban, in dem die Ideen im Jahresverlauf arrangiert werden.

    Das sieht live und in Farbe folgendermaßen aus:

    So schaut’s aus: Eine typische Sitzung im Medien AK

    Der Vorbereitungsaufwand betrug dafür knapp 10 Minuten. Und die Vorteile einer solchen Organisation sind enorm:

    Vorteile einer Dokumentierung bei mebis

    • Interessierte können jederzeit dem Kurs beitreten – vorausgesetzt, sie kennen das Passwort.
    • Die anderen Mitglieder des AK müssen von Nachzüglern nicht umständlich erfragt werden: Sie sind im Kurs in Form einer Teilnehmerliste hinterlegt.
    • Die Sitzungen und ihre Ergebnisse der einzelnen Schritte sind in den Aktivitäten und Textfeldern jederzeit einsehbar.
    • Nachzügler können sich sofort einbringen und ohne große Reibung im Team loslegen. Denn freie Posten und Aufgaben sind im Kanban als solche markiert.
    • Die Absprachen im Kanban lassen sich für die nächste Sitzung einfach in den nächsten Abschnitt verschieben und dienen dort als Evaluationsgrundlage.
    • Kanbans und Board können einfach zurückgesetzt werden und stehen sofort für neue Nutzungen zur Verfügung.
    • Ergebnisse müssen nicht mehr zusätzlich fotografiert oder schriftlich festgehalten werden. Sie sind im Kurs abgelegt.
    • Für die Rückmeldung ans Direktorat muss man keine Berichte schreiben. Mit zwei, drei Screenshots von Tagesordnung und Boards hat die Chefetage sofort einen visuell ansprechenden Überblick über unser Tun ohne sich erneut durch Text wühlen zu müssen.
    • Keine Flipchart, keine Moderatorenkoffer, keine Stifte, kein Papier, kein Müll.

    Der mebis Kurs in der Praxis

    Konkret lief die Sitzung folgendermaßen ab:

    Nach Vorstellung der Tagesordnung haben wir gleich losgelegt. In einem (zunächst noch) Taskcards-Board (geht aber mit dem von mebis genauso) haben wir frisch von der Leber wild Probleme gesammelt, die es aktuell bei uns mit der Technik und dem Umgang damit am Standort gibt. Anschließend hat jeder Teilnehmende zur Priorisierung Karten herausgesucht und mit Hilfe der Bewertungsfunktion Sterne bei den genannten Problemen vergeben, die ihnen am drängendsten erscheinen. So waren blitzschnell erste Fokuspunkte gesetzt, um die man sich als Team kümmern kann. Zusammen wurden dann gemeinsam erste Lösungen diskutiert und die Ergebnisse in der jeweiligen Taskcard als Kommentar hinterlegt. Ist das Problem gelöst, wird es kurzerhand in die Spalte “erledigt” verschoben.

    Mögliche Gliederung von imaginären Themen in Taskcards

    Ganz ähnlich gingen wir bei der Erstellung eines Fortbildungsplans vor, zu dem wir jedes Jahr durch das Medienkonzept verpflichtet sind. Auch hier sammelten wir mit Hilfe eines mebis Boards mögliche Themen für Fortbildung im Umgang mit Technik, die durch das derzeitige Mediencurriculum gestützt wurden. Anschließend wurden die einzelnen Karten von den Teilnehmenden mit Sternen bewertet, sofern sie das Fortbildungsthema für sinnvoll erachteten, sodass am Ende fünf Favoriten herausstachen.

    Karten im mebis Board lassen sich problemlos in den Spalten verschieben.

    Diese werden nun in einem Kanban Board angelegt, in dem ich Spalten angelegt hatte, die nach Quartalen im Schuljahr benannt sind.

    Jeder der Teilnehmenden schnappt sich nun eine der angelegten Karten und weist sie sich durch Mausklick zu, um die Verantwortung für diese Fortbildung zu übernehmen. Anschließend zieht sich jeder “seine” Veranstaltung in ein Quartal, in der man sich die Organisation derselbigen auch zutraut. Für Nachfragen oder die Hinterlegung von Schulungsmaterial lässt sich pro Karte die Detail-Funktion nutzen. Dort kann man Kommentare anlegen, Dateien verlinken, Bilder einfügen oder die anderen Mitglieder des AKs um Hilfe oder Kollaboration bitten. Auf diese Weise behält man jederzeit den Überblick über die aktuelle Verteilung der Arbeitslast im AK und ist jederzeit mit den Leuten vernetzt.
    Ist das Jahr gelaufen, wird das Kanban einfach zurückgesetzt und für das nächste Schuljahr flott gemacht.

    Zack. Bum. So schnell geht das.

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  • Allgemeines,  Alltag

    Guten Start!

    Jedem Anfang wohnt ein… Sie wissen schon. Aber neben Zauber gibt es natürlich auch eine gewisse Portion Nervosität zu Schuljahresbeginn: Wie wird es dieses Jahr? Passt der Stundenplan? Passen die Klassen? Passt die Arbeitsbelastung? Sind aus dem Nichts Unwägbarkeiten zu erwarten, die die komplette Planung durcheinander bringen?Um in derartigen Stürmen im Schuljahr die Kontrolle zu behalten, greifen wir seit jeher jedes Jahr auf Vorsätze zurück, auf die wir uns besinnen, wenn es denn mal so weit ist. Oder biegen sie uns zurecht. Oder ignorieren sie. Oder vergessen den einen oder anderen, weil man sich gar so viele vorgenommen hat.

    Für dieses Jahr gibt’s bei mir nur einen. Ich habe ihn aus einer düsteren Kneipe im Prenzlauer Berg. Aus der Herrentoilette, um genau zu sein. Nicht lachen, die größten Lebensweisheiten finden sich bekanntlich immer an Wänden des Aborts. Es ist eigentlich der Slogan der Start Up-Night, die in Berlin am 1. September statt fand. Aber man kann ihn sich getrost hinter die Ohren schreiben:

    You know what I mean…

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  • Allgemeines,  Alltag

    Mein bzw. kein Arbeitszimmer

    Meterlange Bücherreihen, Lexika bis unter die Zimmerdecke, Büsten antiker Philosophen, die allwissend in den Raum hineinstarren, dazu ein riesiger Schreibtisch mit einem feudal anmutenden Stuhl zum Arbeiten. Natürlich ausschließlich mit Mont Blanc-Füller. Im Eck des Raumes noch ein schwerer Ohrensessel mit einem kleinen Beistelltisch für längere Lektüren, eine ehrwürdige Stehlampe direkt dahinter, um die Szenerie in gediegenes Licht zu hüllen. So stellte ich mir im Studium mein Arbeitszimmer vor, wenn ich einmal im Job drin bin. Ein Traum. Und einer, den ich mir in der letzten Wohnung erfüllen konnte. Bis auf das mit den Büsten. Das ist affig.

    Ein Mann und sein Arbeitszimmer, back in 2018

    Kein Arbeitszimmer

    Beim letzten Umzug musste ich diesen locus amoenus leider aufgeben. Das hat mich schon ein bisschen verfolgt. Aber in einer Großstadt – das muss man zugeben – ist ein separates Arbeitszimmer ein Luxus, den man sich leisten können muss. Oder will. Und bei den gerade mal 1200 Euro, den man so ein Zimmer steuerlich geltend machen kann, zahlt man bei so einer Annehmlichkeit deutlich aus eigener Tasche drauf. Aber wo ein Arbeitszimmer integrieren, ohne dass es völlig deplatziert aussieht? Schreibtisch im Schlafzimmer – da hat man die Arbeit permanent vor sich. Schreibtisch im Wohnzimmer – möglich, will aber gut überlegt sein. Schreibtisch in der Küche – schwer vorstellbar, wenn da auch noch ein Esstisch drinstehen soll. Oder gleich gar keinen Schreibtisch und dann alles am Esstisch erledigen? Dann steht da aber halt immer ein Monitor in der Gegend herum. Das kann’s ja auch nicht sein.

    Wohin?

    Die Wahl fiel letztlich dann auf eine Aufteilung der Komponenten auf mehrere Zimmer: Im Wohnzimmer ist nun eine Bücherwand installiert, die mit zusätzlichen Regalaufsätzen bis unter die Decke reicht, um auf möglichst wenig Platz möglichst viel Literatur unterzubekommen. Der Schreibtisch selbst residiert in der Küche direkt am Balkonfenster. Allerdings ist das ein neuer. Für das alte Exemplar mit seiner 1,40×1 Meter Tischfläche war beim besten Willen kein Platz – und auch kein Bedarf, da meine Papierstapel über die Jahre immer kleiner (und digitaler) wurden. Jetzt ist dort ein kleiner Massivholztisch mit Schubladen integriert, der sich ein bisschen hinter dem Esstisch versteckt. Das taugt mir tatsächlich ganz gut, da auf diese Weise die Arbeitsecke den Raum nicht dominiert und so den Stellenwert in der Wohnung einnimmt, die sie eigentlich haben sollte. Um das Büroflair in der Küche weiter einzudämmen, sind sämtliche PC-Peripheriegeräte wie Tastatur und Maus kabellos und werden, sofern nicht gebraucht, einfach in einem Ablagefach im Schreibtisch verstaut. Bis ich ein Duo gefunden hatte, dass von den Ausmaßen her da auch reinpasst, hat es etwas gedauert, aber mit ein bisschen Suchen wird man schnell fündig. Aktuell stammen Funkmaus- und Tastatur von Rapoo. Nichts besonderes, aber alles sehr zweckmäßig, und für nicht mal 40€ für beides kann man definitiv nicht meckern. Wenn es der Ordnung dient. Zu der trägt seit Neuestem nun auch mein alter Raumtrenner bei. Denn dort wandern nach getaner Arbeit alle Unterlagen, Bücher und Korrekturen in einen Quasi-Handapparat. Damit bleibt der Schreibtisch leer.  Und das ist gut so.

     

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