Sobald sie alle draußen sind, wird es still hier. Totenstill. Alle Klassen sind aus dem Schulhaus, die Möbel zur Grundreinigung auf den Gang gestellt. Und da steht man nun, in einem leeren Schulgebäude, in einem leeren Klassenraum, und man merkt zum ersten Mal, wie der Stress endlich abfällt. Ich genieße die Ruhe, die erste seit Langem, und bleibe noch ein Weilchen. Ich brauche das, um das Jahr ein bisschen zu verarbeiten und in die Ferien zu finden. Im Lehrerzimmer geht das Gewusel weiter. Aber ich will jetzt erstmal für mich sein, in diesen 60 Quadratmetern Stille. Es ist ein Mini-Ritual. Aber ich als treuer Beamter halte daran fest. Auch wenn es dämlich aussieht. Mein Vater war da deutlich cooler.
Als Schulleiter eines der größten Gymnasien in Bayerns hatte er Ende Juli über all die Jahre ein Ritual, von dem die komplette Schulfamilie nichts wusste: Pünktlich zum Schulgong, der buchstäblich die Sommerferien einläutete, stand er auf dem Flachdach des Schulgebäudes und sah die Massen an Kindern in die wohlverdiente Freiheit stürmen – mit einer rauchenden Zigarre im Mund. Der Sheriff wacht über seine Stadt. Bis zum Ende. So war er. Für ihn war das nicht einfach ein Beruf. Für ihn war es Berufung.
Leider ist er letztes Jahr völlig überraschend verstorben. Daher war es auch oft etwas ruhiger hier im Blog und auf den sozialen Medien. Wir als Familie mussten uns etwas sortieren. Vor allem ich. Ich hing sehr an ihm. Er war über all die Jahre ein toller Mentor, der mit großem Interesse auch lange nach seiner Pensionierung durch mich dem Schultrubel folgte. Und immer brav meinen Blog las. Einen Großteil dieses Schuljahres hat er nicht mehr mitbekommen. Zum Glück.
Das Hin und Her in der Schulpolitik hätte ihn so richtig geärgert. Das Zurückrudern bei der 1:1-Ausstattung der Staatsregierung, das pfauenhafte Aufplustern Bayerns wegen der Sommerferien, der Lehrermangel, das Versprechen von Bürokratieabbau, von dem man an den Schulen rein gar nichts merkt (zumindest bei uns nicht). Aber konzentrieren wir uns doch lieber auf die schönen Momente:
Technik
Technisch ist bei mir dieses Jahr ja gut was passiert. Ende November zog mein erstes iPad in die Schultasche. Nach mehr als zehn Jahren Samsung-Tablet gab ich dem Apple-Universum eine Chance. Und damit erfährt mein Equipment-Foto am Ende des Schuljahres wieder eine Neuerung.

Die Umstellung war zu Beginn etwas ruppig, aber irgendwann hat man sich an die neuen Handgriffe gewöhnt. Gewisse Dinge finde ich immer noch schrecklich umständlich. Das Abspeichern und Hochladen von Videos ist für mich als Android-User eine Qual, weil die erstellten Filmchen erst einmal umständlich konvertiert werden müssen, bevor man sie auch auf Apple-fernen Geräten (an-)sehen kann.
Das Arbeiten mit dem Stift hingegen finde ich super. Das Schreibgefühl ist ein völlig anderes als bei Samsung. Auch die verfügbaren Apps sind in vielerlei Hinsicht eine ordentliche Hausnummer. GoodNotes zeigt, wie moderne digitale Heftführung geht. Sie ist nicht so simplifiziert wie bei Squid, und nicht so überbordernd wie bei Lecture Notes, mit dem ich lange auf meinen Galaxy Tabs gearbeitet habe. GoodNotes liegt prima dazwischen.
1:1-Ausstattung
Das Thema geistert in Bayern nun das ganze Schuljahr rum. Das Vorhaben, die Kinder an den weiterführenden Schulen mit einem Tablet auszustatten, ist ambitioniert, aber schien letztes Jahr im September echt zu passieren. Mittlerweile ist man zurückgerudert und fände eine Einführung ab Klasse 8 schick. Entsprechend haben wir an der Schule hierfür ein Konzept entwickelt und dann angepasst, das wir (hoffentlich) nächstes Jahr so in die Tat umsetzen können. Die Klammereinschränkung ist bewusst gewählt, weil Tablets im Unterricht auf allen Seiten noch ein ziemliches Reizthema sind. Auf sehr, sehr vielen Seiten. Und das sind leider die, die von der Materie so gar keine Ahnung haben. Dafür umso mehr Angst. Mehr sog i net.
ISB-Arbeit
Sie ist seit mittlerweile vier Jahren mein heimliches Highlight meiner Arbeitswoche. Sie ist abwechslungsreich, mega-fordernd, aber was die Leute technisch in unserer illustren Gruppe so auf dem Kasten haben, sind der Wahnsinn. Was hier regelmäßig an guten Ideen einfach in einem Nebensatz rausplumpst, ist enorm. Sollte irgendjemand aus dem ISB-Thinktank hier mitlesen, seid meines Dankes gewiss.
Online-Gedöns
Ich bin immer noch nicht wirklich im Reinen mit mir, was die digitalen Lehrerzimmer anbelangt. Auch drei Jahre nach dem Ende des Twitterlehrerzimmers sind wir auf mehr und mehr Netzwerken verteilt, und die Partizipation ist gefühlt eine andere geworden: Statt eines echten Austausches herrschen für mich Links vor, die kommentarlos geteilt werden. Oder Eigenwerbung. Das ermüdet mich. Ob das eine Sinnkrise der social media ist oder meine eigene, kann ich nicht beantworten. Vielleicht ist das Thema soziale Medien tatsächlich auch so langsam durch. Meine Feeds werden zugemüllt von Brainrot und Bashing Videos von Politikern, dir mir weshalb auch immer in den Algorithmus gespült werden. Da schalte ich liebe ab als zu.
A propos “Abschalten”. Ich bin dann mal weg. Die Sommerferien brechen an und wollen gut genutzt werden, um die Batterien aufzuladen. Den einen oder anderen Artikel wird es hier aber definitiv geben. Ein bisschen Verarbeiten muss ich die Erlebnisse ja irgendwo auch. Und so ende ich mit dem schönsten und aktuellsten. Eine liebe Kollegin schrieb mir vor nicht mal zwei Tagen:

Wann immer eine neue Lehrplanreform kommt – und dazu kommt es gar nicht so selten – stehen die Fachschaften in Schulen stets vor derselben Frage: Welches der neuen Lehrwerke sollen wir für die nächsten Jahre nutzen?


Das Thema KI taucht bei mir aktuell noch nicht so wirklich häufig im Blog auf. Das hat seinen Grund. Als braver Beamter sind bei mir viele Abläufe derart eingeschliffen, dass ich im Schulalltag kaum darüber nachdenke, gewisse Schritte einfach an eine KI abzugeben. Einen Lückentext erstellen lassen? Ach quatsch, mach ich mal selber. Aus einem Video eine Listening Comprehension mit einem Mausklick designen? Iwo. Die paar Minuten Englisch-Video kann ich mir selbst anhören. Und das Hörverstehen mach ich auch. Das ging ja die letzten 15 Jahre auch.
Wie 
Erster “echter” freier Tag in den Osterferien. Endlich mal ein bisschen Zeit zum Durchatmen. Denn ähnlich wie Jan-Martin war gut was los die letzten Tage. Ausbildung der Referendare, ISB-Arbeit, Schulaufgaben, Englisch-Assignments, nebenbei die Organisation der Griechenlandfahrt und mitten in der Vorbereitung für die angedachte 1:1-Ausstattung mit digitalen Geräten an der Schule. Ach ja, und nebenher gebe ich in Vollzeit Kernfachunterricht 🤐


Letzte Woche fand ein Treffen für die Systemadmins der Münchner Gymnasien statt. Dort kommt man in illustrer Runde an einem schicken, präsentablen Standort zusammen und diskutiert aktuelle Probleme unserer Zunft, kommende Neuerungen, die derzeitige Arbeitslast und futtert sich währenddessen durch Berge von Häppchen (ich zumindest).
