Ich muss zugeben, dass ich mich das Thema Lernplattform lange Zeit sehr kalt gelassen hat. Das war schon so, als dieser Blog vor sechs Jahren ins Leben gerufen wurde. Damals gab es in Bayern ausschließlich Bayernmoodle, mit dem ich aufgrund der gruseligen Oberfläche nie wirklich warm wurde. Mit Mebis sah das zwar etwas schicker aus, aber leider stand auch diese Liason unter keinem guten Stern. Denn gleich zu Beginn setzte es Ärger: Beim Import sämtlicher Kurse war ein Großteil der Aktivitäten gelöscht worden. Vor allem mein W-Seminar, das hier kollaborativ Glossare und Wikis erstellt hatte, guckte auf einmal hilflos in die Röhre und war aus gutem Grund schwer genervt. Die ganze Arbeit umsonst. Und so fristete auch diese Lernplattform ein Schattendasein in meinem Methodenporfolio.
Das hat sich in den letzten Monaten deutlich geändert. Das liegt nicht nur an der besseren technischen Ausstattung, die so langsam in der Schule ankommt und dafür sorgt, dass man die Plattform auch tatsächlich im Unterricht nutzen kann. Es tragen gewiss auch die Medienkonzepte in Bayern dazu, in denen Mebis regelmäßig verankert ist; nachvollziehbar, denn datenschutzrechtlich unbedenkliche Alternativen gibt’s schlichtweg für uns Lehrkräfte nicht. Aber auch von oben wird Mebis mit tollen Fortbildungen und Spitzensupport gefördert, sodass Interessierte ganz schnell zu tollen Ergebnissen kommen. Ich selber habe dank Christian Mayrs Selbstkursen innerhalb von drei Wochen alle sechs Fortbildungen durchgearbeitet. Und mit zusätzlichen Modulen wie z. B. der Mediathek und der Mebis-Tafel ist definitiv dafür gesorgt, dass die Plattform mit praktischen Zusatzfunktionen immer mehr Fuß in den Klassenzimmern fassen wird. Auch bei mir. Man fühlt sich zunehmend gewappnet, der einst unsteten Schul-Technik ab und an das Szepter in die Hand zu geben und die Schüler selbständig mit den PCs arbeiten zu lassen. So ganz ohne Reibungsverluste geht das allerdings nicht. Nicht nur der Lehrer muss sich auf solch eine Unterrichtsform neu einlassen. Die Kleinen und Großen, die man unterrichtet, müssen das auch. Vielleicht sogar ein bisschen mehr als ich selbst, wie ich bei meiner ersten 100% Mebis-Stunde herausfand. Denn will man als Schüler bei uns in der Schule im IT-Raum mit PCs arbeiten, muss man sich mit einer eigenen Kennung einloggen. Da die Kinder aber in den Jahren viel zu selten damit gearbeitet haben, kamen knapp 75% der Leute des Kurses nicht ins System. Sie hatten ihre Passwörter einfach vergessen. Auch im weiteren Ablauf der Stunde kam es zu Beginn zu kleinen Aufregern, mit denen ich so nicht gerechnet hatte. Wie geht man mit Schülern um, die zunächst eine Aufgabe im Buch erledigen sollen, der bereits angeschaltete Rechner jedoch viel zu verlockend ist? Wie mit Schülern, die nicht wissen, wo man am PC einen Kopfhörer einsteckt? Wo man die Lautstärke regelt? Wie und mit welchem Client man eine reguläre Email verschickt? In Zeiten von Smartphones und Ear Pods scheint es, als seien solche für mich völlig selbstverständliche Handgriffe bei einem Teil der Schülerschaft obsolet geworden. Oder bin ich es, der längst vergessene Rituale von den Kiddies einfordert?
Trotz allem: Die Stunde lief nach diesen Unwegsamkeiten prima. Es war totenstill. Die Schüler haben aus Videos exzerpiert, Szenen analysiert, Bildvergleiche recherchiert, Hintergründe erforscht und kollaborativ zusammengetragen, Trump Tweets auf Sprache und Stil analysiert und durften hinterher selber ein paar Tweets kreieren. Schülerzentriert, produktiv, binnendifferenziert und im jeweiligen Tempo. Danke, Mebis.
Wie läuft’s denn bei euch so?