• Allgemeines,  Prüfungen,  Unterricht

    Von blankem Horror

    Es dürfte irgendwann um 1997 gewesen sein. So richtig kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber ich dürfte damals in der Oberstufe gewesen sein.  Ich spazierte damals vergnügt zur dritten Stunde in die Schule. Die ersten beiden Stunden waren ausgefallen, und mein Schultag würde so mit dem Leistungskurs Latein beginnen. Als ich den Raum betrete, scheint alles wie immer. Ich sehe die ganzen Leute vor mir, in eben der Sitzordnung, wie sie für unseren Kurs üblich war. Alle waren schon eingetrudelt und in aufgeregte Gespräche verwickelt. Mein bester Freund redete mit hochrotem Kopf auf seinen Vordermann ein, griff sich regelmäßig in die Haare, kritzelte auf einem Blatt Papier herum, radierte, murmelte. Ich nehme rechts von ihm Platz und entziffere aus dem Gekritzel mathematische Formeln, allem Anschein nach etwas zum Thema Kurvendiskussion. Zu Beginn kann ich mir einen amüsierten Kommentar nicht verkneifen. Ich ernte aber nur entgeisterte Blicke. “Unsere Matheklausur gerade war dermaßen schwer, ich kann da von Glück reden, wenn es noch vier Punkte werden”, zischt mir mein Freund entgegen, bevor er sich wieder seinem Vordermann zuwendet und hektisch Ergebnisse vergleicht. Im ersten Moment registriere ich das noch gelassen, bis ich von meinem Freund zugeraunt bekomme “Ich hoffe, eure Klausur war einfacher.”
    Unsere Klausur? Ich stutze. Ich habe heute keine Matheklausur geschrieben. Ich bin ja gerade erst in die Schule gekommen. Zur dritten Stunde. Die ersten beiden Stunden waren doch ausgefallen… oder? Ich werde etwas unruhig und schaue mich im Klassenraum nach Leuten um, die in meinem Mathekurs sitzen, um mich dessen zu vergewissern. Aber ich bin hier der einzige. Die nächsten 45 Minuten der Lateinstunde nehme ich nur physisch wahr. Im Kopf drehen sich Fragen über Fragen. Oder eher gesagt nur eine einzige: Habe ich etwa gerade eine Matheklausur verschlafen? Nein, das kann nicht sein, sowas passiert mir nicht. Die Termine sind Wochen vorher bekannt gegeben worden. Ich hätte mich hundertprozentig darauf vorbereitet. Andererseits ist es bei uns in der Oberstufe üblich, dass die Mathekurse am selben Tag parallel ihre Klausuren schreiben. Und neben mir wird gerade heftigst über eine eben geschriebene Mathearbeit diskutiert. Ich werde zunehmend unruhiger, rutsche auf meinem Stuhl hin und her und starre mit leerem Blick auf die Uhr, auf dass sie die 45 Minuten schneller vergehen lasse. Ich muss jemanden aus meinem Mathekurs finden und mir Klarheit verschaffen.
    Als der Gong ertönt, bin ich der erste, der wie von der Tarantel gestochen aufspringt und zur Klassenzimmertür hechtet. Im Gang schieben sich bereits Massen von Leuten durch die Schule. Unterstüfler, Mittelstüfler, ein paar Lehrer – und irgendwo mittendrin Manfred. Wir nannten ihn aufgrund seiner körperlichen Statur schlicht und ergreifend “Bäpf”. Er sitzt in meinem Mathekurs  zwei Reihen hinter mir und ist für die nächsten Sekunden der Mann, der diesen Tag in eine Katastrophe oder riesige Erleichterung verwandeln kann. “Bitte sag mir nicht, dass wir heute eine Matheklausur geschrieben haben”, keuche ich ihm entgegen, als ich mich durch die Schülermassen gewühlt habe und endlich bei ihm ankomme. Seinem Gesichtsausdruck kann ich die Antwort schon ablesen. “Sag mal, wo bist du denn gewesen? Wir haben alle auf dich gewartet! Hast du die Verlegung des Termins nicht mitbekommen” fragt Bäpf ungläubig. “Das wissen wir doch schon seit der ersten Woche des Schuljahres!”
    Und da merke ich, wie es mir den Boden unter den Füßen wegzieht. Da haben wir den Salat. Ich habe wirklich eine Klausur verpennt. Ich bin in der Kollegstufe eines Gymnasiums und habe eine der wichtigsten Prüfungen auf dem Weg zum Abitur schlichtweg vergessen. Unentschuldigt gefehlt am Tag einer angekündigten Prüfung bedeutet bei uns in Bayern automatisch 0 Punkte. Note 6. Damit setze ich meinen guten Abischnitt aufs Spiel. Nein. Falsch. Damit IST der gute Abischnitt aufs Spiel gesetzt. Die Sechs habe ich sicher. Mit pochendem Herzen und dem wohl tomatigsten Gesichtsrot, das es jemals an meiner Schule gegeben hat, begebe ich mich in das nächste Klassenzimmer, gehe im Kopf durch, wie ich das meinem Mathelehrer erklären soll, der ja ohnehin als ein harter Hund gilt. Oder meinen Eltern. Und vor allem mir selbst. So eine Kopflosigkeit kenne ich von mir überhaupt nicht. Wie konnte das passieren, dass mir diese Terminverlegung durch die Lappen gegangen ist? Ich bin so in Gedanken verloren, dass ich gar nicht registriere, in was für einem Unterricht ich überhaupt sitze. Ich suche im Raum nach dem Lehrer des Kurses, um zu sehen, ob ich nicht schon wieder etwas verschusselt habe und blicke Richtung des Lehrerpultes. Dort sitzt aber nicht einer meiner Lehrer. Dort sitzt einer meiner jetzigen Kollegen.
    Und dann wache ich auf. Jedes Mal. An genau dieser Stelle. Alle drei bis vier Monate kommt dieser Traum. Ich durchlebe jedes Mal die gesamte Achterbahn der Gefühle. Die Panik, als ich merke, was passiert ist, die Unruhe, meine Selbstgeißelungen. Und letztlich die endlose Erleichterung, wenn ich merke, dass ich im Jetzt des Jahres 2017 aufgewacht bin – mit einem Abi und zwei Staatsexamina in der Tasche. Warum es jedes Mal die Mathematik ist, die mir diesen Horror einbringt, kann ich nicht sagen. Ich war in Mathe immer solide. Nicht brilliant, aber passabel. Und trotzdem hat sich da bei mir irgendwie ein kleines Trauma festgesetzt, das mich viermal im Jahr um den Schlaf bringt.
    Verrückt, wie sich Schule auch noch nach Jahren bei uns festsetzen und wüten kann. Ich hoffe, dass keiner meiner Schüler wegen mir so etwas durchleben muss…

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  • Alltag,  Technik,  Unterricht

    Mein Hardware Setup 2016/17

    Da sich mal wieder die Fragen im Blog häufen, ob sich an meinem Technik-Setup etwas geändert hat, habe ich mich mal kurz zusammengesetzt, um über meine neuen-alten treuen Wegbegleiter zu sinnieren, mit denen ich täglich durch die Gänge unserer Schule stapfe. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich das eine oder andere getan, vieles ist aber auch absolut gleich geblieben – schon mal ein gutes Omen. 

    Das aktuelle Setup 2016/2017
    • Samsung Galaxy Note 8.0: Kaum zu glauben, dass das kleine Stift-Tablet im Oktober seit nunmehr vier Jahren mit mir tagtäglich auf Reisen geht und im Unterricht täglich 6-7 Zeitstunden präsentiert, abspielt, streamt, abspeichert, malt und dabei noch immer kein einziges Mal nennenswert kapituliert hat. Keine der Apps ist dem Tablet zu umfangreich oder zu rechenintensiv, der Akku hält nach wie vor knapp zwei Tage durch und die Geschwindigkeit passt für mich. Ich werde ein paar große Tränen vergießen, wenn das Note 8.0 das Zeitliche segnen sollte, weil Samsung bis heute keinen nennenswerten Nachfolger auf den Markt gebracht hat. Die stylus-fähigen Modelle wurden in die Tab S3-Serie verbannt, wo sie mehr als das Doppelte kosten als das Note 8.0 zu Hochzeiten. Schade…
    • Acer K-137: Auch schon seit fast zwei Jahren im Einsatz und bis heute ohne nennenswerte Probleme im Unterricht dabei. Sogar ein paar Stürze vom Pult hat die kleine Funzel hinnehmen müssen, die ihr aber nicht nennenswert geschadet haben. Von ein paar Macken an den Rändern mal abgesehen. Bis heute habe ich auch keinen LED-Beamer entdecken können, der eine ähnliche Lumen-Zahl bei so einem Preis zustande bekäme. Vielleicht habe ich aber auch noch nicht genug geschaut 🙂
    • EZCast Pro: Fast genauso lange wie der Beamer bei mir in der Tasche und von all den Streaming-Sticks, die ich bis jetzt im Einsatz hatte, mit Abstand der verlässlichste! Sogar der Dongle von Samsung hat deutlich mehr Abstürze oder Stotterer zu verzeichnen als das kleine Streaming-Wunder aus Fernost. Die Zusatzfeatures sind eine nette Dreingabe, aber für mich definitiv nicht ausschlaggebend. Viel wichtiger sind mir die Verlässlichkeit und die Möglichkeit, das gute Ding direkt mit dem Beamer zu verbinden, ohne auch nur ein einziges Kabel dafür zu benötigen!
    • Bamboo Stylus Feel: So nett das Note 8.0 auch ist, aber der Stylus war – was die Haptik anbelangt – eine Katastrophe. Permanent hatte man beim Schreiben das Gefühl, einen Zahnstocher in der Hand zu haben. Auch die größere Standalone-Version von Samsung war nicht nennenswert besser. Das Ding sieht zwar wie ein Stift aus, ist aber viel zu leicht. Der Stylus Feel von Bamboo ist da genau richtig. Ein schönes Gewicht, ein schönes Design. So was nehme ich zum Arbeiten gerne in die Hand.

    Man sieht: so richtig viel auf dem Gebiet hat sich nicht getan. Und das ist gut so. Die Langlebigkeit der Komponenten spricht definitiv für ihre Qualität. Ich habe nach langem Ausprobieren endlich ein Hardware Setup, mit dem ich restlos zufrieden bin. Hier zum Vergleich mal die Setups der letzten Jahre:

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  • Buch,  Latein,  Unterricht

    Buchtipp: Kritzel dich durch die Geschichte

    Zur Abwechslung hab ich auch mal einen kleinen Literaturtipp für euch: Ein Schatzkästchen für die Unterstufe in Buchform. Antiquarisch und in Topzustand. Und viel zu schade, um das gute Stück unerwähnt in die Wellen der Vergessenheit abtreiben zu lassen. Andrew Pinders Kritzel dich durch die Geschichte ist für die kreative Vertiefung des Sachwissens für die kleinen Lateinschützen ideal.  Das Buch stellt chonologisch wichtige Episoden der Weltgeschichte dar und bietet ab 200.000 v. Chr. bis in die früheste Zeitgeschichte verschiedene angefangene Szenarien in Bildform, die der Besitzer vervollständigen muss. Pyramidenschmuck, viktorianische Haartracht, die chinesische Mauer oder der Sturm auf die Bastille – jedes der Szenarien ist mit einem kurzen Infotext versehen und einer kleinen Anweisung, die dem Maler erklärt, was zu tun ist. Das ist mal bezaubernd, öfter makaber (abgeschlagene Köpfe auf Speere malen; genau das Richtige für Jungs), aber immer unterhaltsam.
    Für die Altphilologen unter uns finden sich knapp 15 nette Anlässe, in denen die Schülerinnen und Schüler Sachwissen und Kreativität zusammenbringen können. Die sieben antiken Weltwunder sind hierbei ebenso Kritzelanlass wie der trojanische Krieg, antike Mythologie, Römerfeinde oder römisches Leben. Mal muss man das trojanische Pferd erschaffen, mal Soldaten einkleiden, dann römische Wandmalereien weiterführen, Hannibals Elefanterie (pun intended) auffüllen, Kerberus furchteinflößender machen oder ein Gladiatorenszenario vervollständigen. Ein sehr putzige Abwechslung, mit der man die berüchtigten Unterrichtsstunden nach Schulaufgaben oder vor Ferien nutzen kann.

     
     
     
     
     
     
     
    Erschienen ist Andrew Pinders “Kritzel dich durch die Geschichte” im Knesebeck Verlag. Das allerdings schon 2011. Deswegen wird man das eine oder andere Antiquariat bedienen müssen. Vielleicht ist das altbekannte zvab.com eine erste Anlaufstelle, wo man fündig werden könnte…

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  • Latein,  Technik,  Unterricht

    Philosophie – Off the Wall!

    avatarEigentlich wollte ich mir diesen Artikel für 2017 aufheben, da ich das Jahr gerne immer mit dem WordPress-eigenen Annual Report beschließe. Aber da der für 2016 wohl aus Zeitgründen gestrichen ist, schick ich ihn als letzte gute Tat dieses Jahres voraus – Noch dazu, wo kluge Worte zu einem beginnenden neuen Jahr immer besonders gut ankommen. Na dann, los geht’s 🙂
    Die elfte Klasse in Latein steht ab dem zweiten Halbjahr nach dem bayerischen Lehrplan ganz im Sinne der antiken Philosophie. Die Werke Ciceros wie auch Senecas bilden in diesen Monaten die Grundlage für an sich sehr relevanten Fragen. Was ist ein glückliches Leben? Wie hole ich das Maximum aus der mir verfügbaren Zeit? Wie wichtig ist Freundschaft? Liebe? Geld? Tolle Themen, die sprachlich in wunderschönstes Latein gegossen sind. Nur leider verliert man sich beim Analysieren der Satzperioden und Abfragen der Kasusbezüge und Konstruktionen irgendwann im Detail, da viele der Texte für einen Großteil der Schülerinnen und Schüler einfach aus dem Stand schwer zu verstehen sind. Und so fällt die sprachliche Würdigung dieser Werke oft der inhaltlichen zum Opfer.
    Schade eigentlich. Denn so bleibt kaum Zeit für die Vielzahl an einprägsamen Sentenzen und Sinnsprüchen, die die Autoren als bon mot der Nachwelt überliefert haben. Deswegen habe ich letztes Jahr ein kleines Miniprojekt gestartet, das Handlettering-Experten wie Frau Hölle oder Frau Annika glücklich machen dürfte.
    Jeder der Schüler sollte sich anfangs aus den lateinischen Zitatsammlungen, die man in Bibliotheken oder Online-Archiven findet, einen Spruch im Original herausfischen, der ihn/sie persönlich anspricht, und dazu ein digitales Mottoplakat erstellen, das zu Beginn der jeweiligen Schulstunde in einem Minireferat vorgestellt wurde. Welche Tools dafür zum Einsatz kamen, war für mich irrelevant. Meine digitalen Lieblinge wie Canva oder Notegraphy habe ich den Schülern vorgestellt, aber auch Klassiker wie Photoshop, Gimp oder das durch Sketchnotes berühmte Handlettering waren gerne gesehen. Die Struktur der Präsentationen war dabei jedes Mal dasselbe. Neben dem Plakat sollte der jeweilige Referent eine Übersetzung des Spruches, eine Erklärung zu Autor, Werk und Stelle, aus der das Zitat entnommen ist, vorstellen sowie eine Interpretation und eine persönlichen Würdigung vornehmen, warum ausgerechnet diese Sentenz gewählt wurde.
    Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Spruch sowie der künstlerischen Ausgestaltung verhoffte ich mir mehr als den einen oder anderen netten Unterrichtseinstieg, sondern ein echtes Auseinandersetzen mit dem entsprechenden Inhalt. Vor allem bei der handschriftlichen Ausgestaltung der Sprüche waren die Schülerinnen und Schüler gezwungenermaßen über lange Zeit mit den Sentenzen, die oftmals aus nicht mehr als vier Wörtern bestanden, beschäftigt und konnten dabei auch gut über deren Aussagegehalt reflektieren.
    Das Ergebnis war wirklich gut. Vor allem die Handlettering-Arbeiten bestachen mit so viel Liebe zum Detail, dass ich sie nicht einfach so im Unterrichtsgeschehen verschwinden lassen wollte. Deswegen habe ich mir in Absprache mit den jeweiligen Schülern deren Sprüche auf Leinwand drucken lassen, um mir ddamit mein heimisches Arbeitszimmer damit zu schmücken. Mit ein paar kleinen extra Griffen lassen sich die Arbeiten sogar noch einmal zusätzlich verfeinern. Here’s how:
    Da das Plakat digital vorliegen sollte, habe ich mir sämtliche Plakate von den Leuten in ein Evernote-Notizbuch hochladen lassen. Natürlich gehen auch andere Cloud-Dienste wie Dropbox, Skydrive oder Google Drive. Aber ich bin nun mal ein Gewohnheitstier. Hier zu Beginn die digitale Urfassung einer Schülerarbeit:
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    Die Bilddatei habe ich in Gimp importiert und mithilfe von Farbverlaufskurven relativ schnell in Sachen Kontrast so optimiert, dass der Hintergrund einheitlich weiß und die Buchstaben in ein kräftiges Schwarz getaucht werden.
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    Mit Hilfe von Gimp habe ich die weiße Hintergrundfarbe als transparent definiert und so den reinen Schriftzug isoliert. Das fertige Ergebnis stutze ich noch ein bisschen zurecht und exportiere es in Gimp als PNG-Datei, ein Format, das ja bekanntlich mit transparenten Bildinformationen umgehen kann.
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    Die PNG-Dateien lade ich in Canva hoch. Nachdem ich eine Ebene als Hintergrund definiert und mit den entsprechenden Filtern bearbeitet habe (Blur und ein bisschen Vignette leisten hier fabelhafte Dienste), habe ich den Schriftzug als transparente Ebene darüber gelegt, zentriert, skaliert und noch etwas angepasst. Das fertige Ergebnis lässt sich als Bilddatei exportieren.
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    Die Datei habe ich bei einem entsprechenden Online-Dienst, der die Daten auf Leinwand druckt hochgeladen.  Meinfoto.de bietet aktuell ein Angebot an, das für 5€ die Plakate auf 20x20cm verewigt. Super Preis.
    Und nach etwas über 24h hielt ich ein paar echte Schülerunikate in der Hand. Ta-Dah!

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    Philosophie für die Wand
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  • Prüfungen

    Von einem Weihnachtswunder

    avatar In diesen Wochen kommt nicht nur für die Schüler alles zusammen. Auch wir Lehrer sind gut am Rödeln. Neben dem Unterricht sind wir mit Konferenzen beschäftigt, in denen wir über die Fälle diskutieren, die auf Probe vorgerückt sind. Mehrere AKs wollen kurz vor den Ferien zu ein paar neuen Impulsen rufen. Nebenher geht der Nikolaus um, das Weihnachtskonzert wird nicht nur besucht, sondern auch geprobt. Die Sprechstunden sind dick gefüllt, weil die Eltern den Kindern ein paar gute Vorsätze ins Jahr 2017 mitgeben wollen. Die Kinder werden ausgelassener, je näher der 23.12. rückt. Und mittendrin: Korrekturen. Stapelweise Korrekturen von Exen, Schulaufgaben, Klausuren, Mini-Tests. Der Schreibtisch quillt über vor Papier – in diesem Jahr mein Fluch.
    Es ist Freitag. Vor mir schreibt gerade die zwölfte Klasse in einem engen, ungemütlichen Raum ihre Klausur. Auf dem Tisch vor mir ein Haufen Papiere, den ich schon den ganzen Tag mit mir herumtrage: Zusätzliches Papier für die Oberstüfler, übrig gebliebene Klausurenangaben, ein Stapel Klausuren aus der Elften, die ich in der Freistunde durcharbeiten möchte, meine Schulaufgabe der sechsten Klasse, die ich abgeben muss, und eine Nachholschulaufgabe, die ich gerade in der Pause zwischen Tür und Pausenkaffee durchprügeln konnte. Die Note des kleinen Tobi ist nicht wirklich überragend. Ich möchte ihm aber das Wochenende nicht mit der Zensur versauen und habe mich in der Frühe entschlossen, ihm sein magnum opus erst am Montag rauszugeben, damit er von dem 2. Advent etwas hat.
    Eine einsam herumfliegende Schulaufgabe ist eine heikle Geschichte. Wie schnell ist sie in einem solchen Blätterwust verloren und auf ewig verschollen. Zum Glück hab ich für diesen Zweck einen eigenen Ordner, in dem ich Schulaufgaben und Angaben sammle. Also rein damit und das Ende der Oberstufenklausur abgewartet. Nach 90 Minuten ist der Spuk vorbei. Die Arbeiten werden eingesammelt und in den berühmten grünen Mantelbogen gelegt. Darauf meine Prüfungen der sechsten Klasse und die Elfklassklausuren – mein Wochenende ist gerettet. Endlich keine Langeweile mehr. Die übrig gebliebenen Klausurenangaben lagere ich in eine blaue Stofftüte aus und verstaue sie im Auto, da ich sie nicht so schnell brauchen werde, und brause nach Hause in ein arbeitsreiches Wochenende.
    Fast Forward Sonntag Abend. Ich bin mit allem fertig, packe gerade meine Sachen für den Montag zusammen. Achja, noch schnell die Schulaufgabe vom kleinen Tobi raussuchen, die ich ihm ja erst nach dem Wochenende rausgeben wollte. Also Ordner rausgeholt, Register für abgegebene Schulaufgaben und Exen aufgemacht, die Schulaufgabe gesucht – und ich stutze: Die Arbeit ist nicht da. Ich denke mir erst nichts und gehe den Stapel an deponierten Prüfungen noch einmal durch. Wieder nichts. Etwas unruhig schaue ich die restlichen Register des Ordners durch und stoße auf dieselbe gähnende Leere. Tobis Schulaufgabe ist weg. Kein Problem, denke ich mir. Du hast sie bestimmt in der Schule auf deinem Platz zusammen mit den zwei durchkorrigierten Schulaufgabenstapeln abgelegt, die du nicht mehr nach Hause nehmen wolltest. Also gehe ich mit der Gewissheit zu Bett, dass sich das gute Stück am nächsten Tag vor meiner Nase im Lehrerzimmer auftauchen wird. Licht aus.
    Montag. Sie fehlt. Tobis Schulaufgabe findet sich weder im Prüfungsstapel der sechsten, noch der fünften Klasse. Ich schaue den restlichen Stapel an Papieren auf meinem Arbeitsplatz im Lehrerzimmer durch. Dienstanweisungen, Folien, Elternbriefe, Entschuldigungen von Eltern, Arbeitsblätter der Q11, ein Referat aus der Q12, eine Klassenliste meiner Schützlinge. Aber keine Schulaufgabe von Tobi. Nirgendwo. Ich kratze mir verwundert meinen Kopf. Vielleicht hab ich sie nach der Klausur am Freitag in mein Fach reingelegt? Nachprüfen kann ich das allerdings erst in der Pause, denn die erste Stunde beginnt. Die fünfte Klasse. Tobi wartet bestimmt schon auf seine Schulaufgabe. Ich werde ihn vorerst vertrösten müssen.
    Deutlich beunruhigt stürze ich in der Pause an mein Fach – nur um wieder enttäuscht zu werden. Das Ding ist nicht da. Verflucht! Ein paar Kollegen von mir bemerken meine Unruhe und fragen nach, was los sei. Sie beruhigen mich. Sowas sei jedem in seinen zig Dienstjahren einmal passiert, und jedes Mal habe sich die verlegte Prüfung dann gefunden, wenn man eigentlich schon aufgeben wollte. Ich nicke etwas erleichtert und denke sofort wieder an meinen Ordner, in dem ich die Schulaufgabe von Tobi am Freitag während der Oberstufenschulaufgabe abgelegt hatte. Ein erneutes Durchsuchen wird das gute Stück bestimmt wieder zutage fördern. Denke ich. Noch.
    Aber Fehlanzeige. Sie bleibt verloren. Ich gehe zum Radikalprogramm über und ziehe jeden Korrekturstapel aus meinem Spind, den ich seit diesem Jahr schon fertiggestellt und archiviert habe: Jahrgangsstufentests, Stegreifaufgaben, Grammatiktests, Wortschatzprüfungen, Schulaufgaben alles. 25 (!!!) Klassensätze habe ich seit September korrigiert. Und jeden einzelnen – insgesamt knapp 750 Arbeiten – gehe ich gesondert durch. Falte mehrseitige Angaben und Schülerbögen auseinander, nur um die Schulaufgabe des kleinen Tobi zu finden. Ich verliere dadurch fast 2,5 Zeitstunden, literweise Stresshormone und bestimmt auch den einen oder anderen Nerv. Vor allem als klar wird, dass auch die letzte Schülerarbeit nicht das bereithält, was ich suche. Alles ist korrekt einsortiert und abgeheftet. Nur diese Schulaufgabe fehlt.
    Am Abend gehe ich nochmal sämtliche Schubladen meines Arbeitszimmers durch, die mit einem derartigen Dokument in Berührung gekommen sein sollten. Meine Kollegen, die in der Nähe meines Arbeitsplatzes  im Lehrerzimmer sitzen, habe ich telefonisch informiert, ihre Unterlagen nach Tobis Schulaufgabe zu durchforsten, vielleicht haben sie das Ding ja versehentlich eingesteckt. Mir selber gehen langsam die Ideen nach weiteren Verstecken aus. In meiner Verzweiflung leere ich sogar meinen Papierkorb im Arbeitszimmer aus. Schätzungsweise 70 Zettel, Fetzen, Post-Its und Briefumschläge flattern in alle Himmelsrichtungen über den Boden. Hektisch durchwühle ich das Chaos nach allem, was nach Korrekturen aussieht. Aber nichts. Überhaupt nichts. Nirgendwo. Tobis Schulaufgabe. Sie ist weg. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben ganz offensichtlich eine Schulaufgabe verloren.
    Was blüht mir jetzt?
    Ich werde zum Chef gehen und beichten müssen. Ich werde der Fachschaftsleitung Bescheid geben müssen. Ich werde bei Tobis Eltern anrufen und ihnen den Fall schildern müssen. Wie absolut peinlich. Der Anruf wird mein erstes berufliches Schuldeingeständnis. Eine Bankrotterklärung an mein Ordnungssystem, das seit Jahren so wunderbar funktioniert hat und jetzt in Scherben liegt. Und ich muss dem kleinen Tobi erklären, dass er vor Weihnachten nochmal eine Schulaufgabe schreiben muss. Als ob er unmittelbar vor den Ferien nicht schon genug Stress hätte. Aber es muss wohl sein. Ich habe an allen Stellen gesucht, an die ich denken konnte. Ich bin verzweifelt. Und gestehe die Niederlage ein. Merda.
    Ich werde heute sehr schlecht schlafen. Meine gesamten Gedanken werden um diese vermaledeite Schulaufgabe kreisen. Ich weiß es. So bin ich einfach.
    Kurz vor dem Zubettgehen gehe ich nochmal zur Wohnungstür um zu sehen, ob sie auch verschlossen ist (was wäre der Lehrer ohne seine Spleens). Beim Herübertrotten zum Schloss fallen meine Augen rein zufällig über die Schlüsselschale, in denen alle Schloss- und Schließmöglichkeiten meiner Habseligkeiten zu finden sind – und bleiben am Autoschlüssel hängen. War ich nicht vor einer knappen Woche mit dem Auto in die Schule gefahren? Eventuell sogar letzten Freitag, als ich Tobis Schulaufgabe zum letzten Mal gesehen hatte? Hatte ich schon dort nachgesehen? Ich reiße die Tür auf und jage im Schlafdress und mit klopfenden Herzen die Treppe zur Tiefgarage hinunter. Es ist fast Mitternacht, im Treppenhaus herrscht Eiseskälte, aber das ist mir egal. Ich bin getrieben von banger Hoffnung, hier auf der letzten heißen Spur zu sein, die mir noch bleibt. Ich reiße die Hecktür meines Autos auf. Im fahlen Licht der jetzt erst anflackernden Neonröhren erkenne ich sie – eine blaue Stofftüte, in die die Angaben der Oberstufenklausur gestopft waren. Und ganz oben auf dem Stapel: Tobis Schulaufgabe. Ich will vor Erleichterung heulen, bin aber einfach zu fertig mit den Nerven, um auch nur eine Träne hervorzubringen.
    Heute Nacht werde ich wie ein Baby schlafen.

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  • Alltag,  Uncategorized,  Unterricht

    Schulaufgabenyoga

    avatarFür einige meiner Kollegen ist das Abhalten von Schulaufgaben eine Wohltat in einem hektischen Schultag. 45, bestenfalls sogar 90 Minuten kann man die Schüler ungestört arbeiten lassen, während man selber ein bisschen zur Ruhe kommt und durchschnauft. Ich hasse diese Zeiten. Ich würde so gerne in dieser Zeit etwas Produktives machen, vielleicht etwas wegarbeiten, aber das kann man sich vollkommen abschminken. Immerhin hockt man vor 30 Herren und Damen, von denen einige nur allzu gerne einen Blick zum Nachbarn riskieren möchten. Hilft also nix, man muss mit Argusaugen über seine Schäfchen wachen. Oder zumindest so tun. Denn früher oder später packt mich dann doch der Lagerkoller und meine Professionalität verabschiedet sich ins Wochenende. Hier mal eine beispielhafte Aufstellung von Aktivitäten während 90 Minuten Oberstufenklausur, die irgendwann eskalieren:

    • Schülerbögen austeilen und beschriften lassen
    • Angabe der Schulaufgabe ausgeben
    • Mít Schülern eventuelle Fragen klären
    • um absolute Ruhe bitten
    • Arbeitszeit verkünden
    • Viel Erfolg wünschen
    • Hinsetzen
    • Schülerschaft scannen
    • aus dem Fenster blicken
    • Schülerschaft scannen
    • Weihnachtsgeschenke überdenken
    • Schülerschaft scannen
    • Nachmittag mit Korrekturen im Kopf vorskizzieren
    • Laut aufseufzen
    • Schülerschaft scannen
    • Auf und ab gehen
    • Schülerschaft scannen
    • Schüler 1 wegen Spickversuchs ermahnen
    • Der Schnuffelnase in der 3. Reihe mit väterlich-sorgenvollem Blick ein Taschentuch reichen
    • Restzeit durchsagen
    • Auf und ab gehen
    • Schülerin 2 wegen Spickversuchs ermahnen
    • Hinsetzen
    • Schülerschaft scannen
    • Schüler 3 wegen raschelnden Pausenbrotpapiers genervt mit den Augen fixieren
    • Blickduell mit Schüler 3 initiieren
    • Blickduell gewinnen: Schüler 3 packt mit hängenden Schultern sein Essen weg
    • Schülerschaft scannen
    • Aufseufzen
    • Gelangweilt die Tafel nass wischen
    • Hinsetzen
    • Aufstehen
    • Schülerschaft scannen
    • Schüler 4 von der Seite anreden, weil er absichtlich seinen Nachbarn stört und ihm ständig mit der Hand über das Gesicht fährt
    • Zusatzblätter austeilen
    • Restblätter durchzählen
    • Schüler 4 erneut blöd anreden, weil er den Nachbarn stört
    • Blickduell mit Schüler 4 beginnen
    • Blickduell gewinnen
    • Schülerschaft scannen
    • Arbeitszeit durchgeben
    • Durch die Klasse gehen
    • Schüler 4 durch das Werfen des Tafelschwammes von erneutem Störversuch abhalten
    • Blickduell mit Schüler 4 gewinnen
    • Zur Tafel drehen und merken, wie Schüler 4 wieder ärgern möchte.
    • Hinsetzen
    • Racheplan an Schüler 4 planen
    • Aufstehen
    • Schüler 4 mit dem Klassenbesen traktieren
    • Schüler 4 mit dem Klassenbesen über die Angabe wischen
    • Zwischenfrage beantworten
    • Arbeitszeit durchgeben
    • Schülerschaft scannen
    • Aufstehen
    • Zusatzblätter austeilen
    • Schüler 4 mit dem Klassenbesen über die Kleidung streichen
    • Arbeitszeit durchgeben
    • Schüler 4 wortlos das Lexikon zuklappen, damit er nicht mehr nachschlagen kann.
    • Arbeitszeit durchgeben
    • Neben Schüler 4 wortlos stehen bleiben und ihn durchdringend anblicken.
    • Letzte Arbeitsminuten durchgeben
    • Blickduell mit Schüler 4 beginnen und gewinnen
    • Arbeiten einsammeln
    • Schüler 4 die Arbeit als erstes aus den Fingern reißen
    • Klasse entlassen

    Disclaimer: Im Verlauf der Schulaufgabe ist kein Schüler 4 zu Schaden gekommen. Ich kenne ihn seit der fünften Klasse und er ist genau wie in der Oberstufe das, was man früher einen kleinen Unhold nannte. Eine solche Behandlung wird ihn nicht von der Top-Leistung abbringen, die er trotz seiner Streiche über die Jahre gebracht hat.

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  • Allgemeines,  Prüfungen,  Technik,  Unterricht

    Über meine Lehrprobe

    avat_shockFrüher oder später erwischt jeden von uns Lehrern dieser seltsame Moment – Der Tag, an dem uns zum ersten Mal unsere alten Lehrproben in die Hände fallen – oft aus Zufall, noch öfter tatsächlich, weil viele dieser Stunden für den Unterricht immer noch gut nutzbar sind. Irgendwie sind uns diese Lehrproben noch immer wunderbar vertraut und gleichzeitig so fremd. Kein Wunder, immerhin hat man damals im Referendariat drei Wochen auf diese eine Stunde hingearbeitet, das Material stundenlang korrekturgelesen und mit allem, was man damals drauf hatte, verschönert. Andererseits: Wieviel Zeit ist mittlerweile ins Land gezogen, wie sehr hat sich seitdem die eigene Perspektive geändert! Viele der Materialien und Arbeitsaufträge sind zwar kunstvoll in Szene gesetzt, haben aber stets etwas künstlich Überbordendes, das sich an Maßstäben eines Vollzeitlehrers gemessen völlig überzogen anfühlt. Meine zweite Lehrprobe war in dieser Hinsicht der absolute Overkill.
    Mein Thema lautete damals schlicht und ergreifend “Kreative Texterschließung im Englischunterricht der sechsten Klasse”. Dreh- und Ausgangspunkt dieser Stunde war ein Lektionstext über den Schulalltag eines kleinen kenianischen Jungen im damaligen Englischbuch. Um den einigermaßen in Szene zu setzen, zog ich alle Register, die mir damals zur Verfügung standen. Zur Hinführung an den Text erfand ich für meine 12-jährigen Schüler einen riesigen narrativen Rahmen, den ich über die gesamte Woche vorher kunstvoll über die vorangehenden Stunden gespannt hatte. Ich erfand einen Schüleraustausch zwischen der Schule unserer Englischbuch-Klasse und der fiktiven Schule aus Kenia, der in der Lehrprobenstunde gipfeln sollte. Ich erfand eine Rede des kenianischen Schuldirektors, der extra unsere Schulbuchklasse besuchte, sprach sie für eine Listening Comprehension-Aufgabe mit einem Mikrofon ein und verfremdete mit Plug-ins meine Stimme so, dass mich keines der Kinder erkannte – komplett mit Hintergrundgeräuschen, klatschendem Publikum und eingespielter Blaskapelle.

    notepad
    Das Notepad meiner imaginären Schülerzeitung

    Aus der Rede sollten die Schüler meiner Klasse die wichtigsten Informationen über Kenia herausfinden und zusammentragen, bevor der Direktor einen Brief eines seiner Schüler übergab, der von seinem Schulalltag aus Kenia berichtete – nämlich eben den Lektionstext aus dem Buch. Zum Festhalten der wichtigsten Erkenntnisse bekamen die Schüler den Auftrag, einen Steckbrief der wichtigsten Aussagen aus dem Text zu filtern, um sie für die nächste Ausgabe der aktuellen Schülerzeitung zusammenzustellen. Diese hatte ich über Wochen als reales Magazin vorbereitet. Meine Schülerzeitung hatte einfach alles. Ich hatte ein Logo entworfen, ein Emblem, Fotos, Banner, ein komplett in sich stringentes Layout – alles auf DinA3-Bögen doppelseitig, gefalzt und getackert in einem Copyshop in Hochglanz ausdrucken lassen. Für eine Summe, die damals einen Großteil meines kargen Refi-Gehaltes verschlang. 

    Image
    Mein Oscar-verdächtiges Layout

    Gipfeln sollte die Lehrprobe damals in einer Postkarte, die die Schüler dem imaginären Schüler auf seinen Text schreiben sollten. Reale Postkarten natürlich. Diese wurden dann am Ende der Lehrprobenstunde bei mir abgegeben, damit ich sie symbolisch an den Jungen (den es natürlich nie gab) abschicken konnte. In der nächsten Stunde wäre ich mit einem Antwortbrief angekommen, in dem sich der Junge für die Fanpost bedankt und der Klasse ein echtes afrikanisches Gericht mitgeschickt hatte – das natürlich ich zuhause gekocht hatte.
    Wer spätestens an dieser Stelle ungläubig den Kopf schüttelt: Ja, ihr tut das zurecht. Auch ich bin etwas verstört, während ich diese Zeilen schreibe, wieviel Arbeit in dieser einen Stunde steckt. Aber Mitleidende werden es verstehen: Es ist eine Lehrprobe. Die Note, die auf diese Stunde gegeben wurde, bestimmte maßgeblich den Schnitt des zweiten Staatsexamens mit. Und in den mageren Zeiten, wo die Planstellen nicht an den Bäumen wuchsen, entschieden Lehrprobenstunden über eine direkte Anstellung nach dem Referendariat oder eben Arbeitslosigkeit.
    Bevor die Frage nach der Note auch bei dieser Wahnsinnsstunde aufkommt, kann ich sie gleich beantworten: Ich bekam eine Zwei. Denn irgendwas hatte der Stunde letztendlich gefehlt. Nämlich die Schüler. Die kamen nämlich geschlagene 10 Minuten zu spät in den Unterricht, weil sie der Lehrer der Vorstunde nicht früher gehen lassen wollte (!!!). Als Reaktion darauf musste ich viele Phasen der Lehrprobenstunde quasi on the fly umwerfen und während der Stunde im Hinterkopf umstrukturieren, um genug Zeit für das Ziel der Stunde – nämlich die Postkarten – zu haben, das unbedingt erreicht werden musste. Ich hab in dieser Stunde echt Blut und Wasser geschwitzt. Und mit dem sauberen Kollegen, der mir 10 Minuten gestohlen hat, habe ich hinterher nie mehr ein Wort geredet.

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  • Allgemeines

    Aus is’! Über Abiturfeiern

    avatarAbifeiern sind schon ein komisches Ereignis. Zumindest für mich. Eigentlich sollte das bestandene Abitur einen Grund zur Freude darstellen. Aber zu der gesellt sich immer ein gehöriges Portiönchen Wehmut. Oftmals sogar Tränen. Oder Frust. Egal, bei welcher Gruppe der Beteiligten.
    Unsere Abifeiern an der Schule sind schon seit Jahren ein Großereignis. Dank des nimmermüden Einsatzes eines tatkräftigen Elternbeirats haben wir jedes Jahr das Privileg, die Feier in einer größeren Location in Münchens Innenstadt veranstalten zu dürfen. Chalets, Biergärten, Wirtshäuser, Bräukeller… we had it all. Die Zeugnisübergabe ist nicht minder gewaltig. Jeder Schüler bekommt zu seiner persönlich gewählten Einzugsmelodie über einen roten Teppich nach vorne ans Pult, um freudestrahlend sein Abiturzeugnis vom Direktor entgegenzunehmen. Anschließend werden die besten des Jahrgangs mit jeweils einer individuellen Laudatio des Chefs bedacht. Es folgen Abiturrede, Rede der Preisträger, Rede des Kollegiatenjahrgangs, anschließend die Feierlichkeiten, die bei einem Drei-Gänge-Menü (und dieses Jahr bei 32 Grad Raumtemperatur) ihren Lauf nehmen, gefolgt von einer Party mit oldie-tauglicher Musik (also für so Oldies wie mich).
    Ich mag unsere Feiern. Es ist vielleicht ein bisschen zu viel Brimborium, zu viel Tamtam, zu viel Tralala. Aber nach der ganzen Arbeit haben sich das die Schülerinnen und Schüler auch sehr wohl verdient. Trotz allem haftet den Abiturfeiern immer ein gewisses Etwas an, das ich schwer in Worte fassen kann. Es ist eine gewisse Scheinheiligkeit. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.  In den Abschlussreden werden die letzten zwei oder gar acht Jahre in höchsten Tönen gelobt:

    • Die Kollegiaten? Fantastisch und reif. Dabei weiß man ganz genau, dass man sich in drei Wochen nach dem Abistreich wieder fragt, ob das Abitur tatsächlich ein “Reifezeugnis” darstellen kann, wenn ein paar schwarze Schafe alkoholisiert wieder über das Ziel hinausschießen und alles eskalieren lassen.
    • Die Schule? Angeblich makellos. Dabei steht in der Abizeitung ein paar Stunden später doch eine derbe Richtigstellung, die natürlich jeder lesen und mitbekommen wird. Konsequenzen wird es keine geben – weder für die Schmierfinken, die sich verbrochen haben, noch für die Schule, die die Kritik vielleicht produktiv nutzen könnte, um Defizite zu stopfen. Es gehört einfach dazu, sich gegenseitig ein bisschen hochzunehmen. Wasch mich, aber mach mich nicht nass.
    • Die Stimmung nach dem Abi? Angeblich euphorisch. Aber keine drei Stunden später habe ich vier weinende Erwachsene neben mir, die mit der neu gewonnen Freiheit überhaupt nicht umgehen können und mir gestehen, panische Angst vor dem zu haben, was jetzt kommt. Die Schule. Ja, sie hat enge Regeln, ein steifes Korsett, das vielen vor allem in der Oberstufe auf der Suche nach Individualität zunehmend die Luft abdrückt. Aber sie gibt auch Regelmäßigkeit vor. Rituale. Struktur. Ein Zuhause.

    Es braucht ein paar Jahre, bis man diesen Eindruck von Abifeiern gewinnt. Am Anfang lässt man auch sich von der pompösen Atmosphäre des Ereignisses mitreißen. Aber mit der Zeit schleicht sich zunehmend das Gefühl ein, hier einfach Zuschauer in einem großen Schauspiel zu sein, das zum Abschluss keine wirkliche Kritik zulässt, die beiden Seiten eigentlich viel helfen könnte. Schade um die Chance!

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  • Allgemeines,  Pädagogik,  Unterricht

    Über verstörende Mäuse

    avat_lachenVertretungsstunde in meiner fünften Klasse. Da nur die Hälfte der Schüler anwesend ist (die anderen wuseln im Sport herum), entscheide ich mich AUSNAHMSWEISE für einen Film. In der Fachschaft Latein sind wir medientechnisch mittlerweile so gut aufgestellt, dass ich auch schnell fündig werde. Eine “Sendung mit der Maus”-DVD mit Beiträgen zur römischen Geschichte lacht mich geradezu an. Die Folgen haben mittlerweile einige Jährchen auf dem Buckel. Den Beitrag zur Sonnenuhr des Augustus kenne ich sogar noch selber aus Schulzeiten. Das war  anno 19…*unverständlichgrummelmurmelstammel*

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    Die Sonnenuhr der Augustus, zu finden auf http://www.swetzel.ch/sonnenuhren/physu/physu.html

    Die Expertenmeinungen haben einen Großteil der darin aufgestellten Fakten mittlerweile widerlegt, aber das soll uns vorerst nicht kratzen. Wenn der Schatten des Obelisken am Geburtstag des Augustus genau auf die Ara Pacis fällt, um die Menschheit symbolisch auf seine Frieden stiftenden Taten hinzuweisen, ist es totenstill in der Klasse. Der Beitrag verbreitet echtes Indiana-Jones-Flair und verfehlt seine Wirkung nicht beim anwesenden Mini-Publikum. Ich blicke in 12 faszinierte Augenpaare – und 3, die etwas verstört dreinschauen. Es sind unsere drei Schüler aus dem Ausland, die zum ersten Mal in ihrem Leben eine Folge aus der Sendung mit der Maus sehen. Der Beitrag selber ist wunderbar für sie, was ihren Unmut erregt, sind die Zeichentrickclips dazwischen, mit denen die Sachgeschichten aufgelockert werden. “Warum ist das ein blaues Elefant?” fragt Adrienne aus Frankreich und kratzt sich verstört am Kopf, während eine vibrierende Maus in Orange ihren Bauch aufmacht und ein Uhrwerk offenbart oder beim Angeln plötzlich einen Stöpsel eines Teichs zieht und buchstäblich auf dem Trockenen sitzt. Alles garniert mit denselben Soundeffekten, die sich seit den 70ern nicht mehr geändert haben: Das Kastagnetten-Klappern der Mausaugenlider, das Prusten des Elefanten, das Xylophongeschrammel, wenn einer der Charaktere Sternchen sieht. Das ist schon alles etwas oll… Aber dennoch so vertraut, dass man vor lauter Nostalgie darüber hinwegsieht. Selbst die Zehnjährigen. Als die drei Kinder immer noch etwas verstört umhersehen und die Faszination ihrer deutschen Klassenkameraden bemerken, meint die kleine Harriet auf Englisch, damit es keiner der Schüler mitbekommt: “Sir, what is it they’re so happy about? This big-eyed mouse is really creepy.” “Well, it’s a German thing.”
    Case closed.
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  • Allgemeines,  Alltag,  Technik,  Unterricht

    Läuft… Oder?

    avatarIch kann mir vorstellen, dass ein paar von euch seit ein paar Wochen die Klassenanekdoten vermissen, die hier im Blog regelmäßig zu lesen waren. Ich wünschte, ich könnte euch ein paar neue lustige Geschichten erzählen. Oder etwas Verrücktes. Aber ich muss euch enttäuschen: dieses Jahr läuft es.
    Die Klassen verhalten sich mustergültig und sind hochmotiviert. Selbst die Mittelstufe ist brav und liefert bei den Schulaufgaben Top-Niveau. Lediglich die Fünfte stellte sich für ein paar Wochen als Mini-Sorgenkind heraus, weil sich nach den ersten Tests schon deutliche Leistungsunterschiede gezeigt hatten. Vor allem die Kinder mit Migrationshintergrund waren zwar hochkonzentriert bei der Sache, aber mit dem schriftlichen Fixieren völlig überfordert. Deutsche Schulen im Ausland garantieren noch lange nicht, dass die Schüler sich in der Sprache auch ausdrücken können. An vielen Schulen dort wird zwar Deutsch gesprochen, aber nicht geschrieben. Das Ergebnis: Krudeste Rechtschreibfehler und falsche oder gar nicht vorhandene Flexion von Substantiven. Viele der Sätze reihten die Nomen einfach im Nominativ aneinander. Was ein Kasus ist und wofür sie gut sind, verstanden die Schüler nicht. Zumindest bis jetzt. Dass die kleine Heleni aus Athen plötzlich Formen wie “den Senator” oder “der Senatoren” bilden kann, kommt nicht von ungefähr. Das liegt zu einem gewissen Teil auch an Latein, wo wir uns mit dem Flexionssystem intensivst auseinandersetzen.
    Ähnliches auch bei der Unterrichtsvorbereitung: Im Moment flutscht es einfach. 90% meiner Stunden muss ich lediglich mit einem Mausklick in meinen Unterrichtsordner in Evernote kopieren, inklusive Bilder, Arbeitsblätter und Stundenskizzen, die als Anhang an der Notiz drankleben – und das war’s. Gelegentlich muss ich noch etwas Feinschliff anbringen, aber das meiste geht erstaunlich schnell von der Hand. Oft ist die Vorbereitung nach gerade mal einer Stunde erledigt. Das schafft Platz: Man hat wieder Luft. Man hat wieder Zeit. Zeit zum Nachdenken, wie es weiter gehen soll. Vor allem beruflich.
    Interessanterweise hat Frau Henner zu genau derselben Zeit ähnliche Gedanken im Kopf. Diese innere Unruhe, sich mit der neu gewonnenen Zeit anders, mehr oder besser in den Schulbetrieb einbringen zu wollen, aber nicht so recht zu wissen, in welcher Hinsicht, ist bei mir ebenso spürbar. Nur wo? Die Funktionsstellen sind fest besetzt (im Gegensatz au Frau Henners Schule durch die Bank mit sehr fähigen Leuten). Außerdem ist eine Bewerbung darum in meinem Alter noch recht aussichtslos, weil das Dienstalter gerne mal als Trumpf ausgespielt wird. Und da wäre ich als noch relatives Greenhorn mit Mitte 30 wohl erstmal unterlegen. Was bleibt da noch? AKs? Fortbildungen geben? Schülerzeitung?
    Wie sieht’s denn bei euch aus, liebe jung gebliebenen alten Hasen 🙂 ? In welche Richtung seid ihr denn geschippert? Und wann?

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