Ich bin in der Wohnung gerade beim Malern. Liege auf dem Rücken, während mir die Farbe ins Gesicht tropft. Ich bin konzentriert bei der Arbeit. Und gleichzeitig nicht wirklich dabei. Wie auch, denn ich bin parallel in Dillingen. Auf einer eSession zu Midjourney, die mir vom Handy im Nebenzimmer auf meine Bluetooth-Kopfhörer gestreamt wird. Viele tolle Einfälle, die das Referententeam Christian Mayr, Melissa Schneider und Daniel Jurgeleit hat. Und ich höre gebannt zu, wie bei einem Hörspiel. Und finde es Wahnsinn, was in einem Jahr wie 2023 technisch mittlerweile so problemlos möglich ist.
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Jubiläum!
Mit dem ersten April April begehe ich dieses Jahr einen ganz besonderes Jubiläum. Mein Blog wird zehn. Eine ganze Dekade bin ich nun als bloggender Lateinlehrer unterwegs. Vor 10 Jahren war die Bloglandschaft noch sehr aufregend. Man tauchte ein in eine Welt von hochmotivierten Lehrkräften, die auf ihrer digitalen Präsenz innovative Arten der Unterrichtsgestaltung präsentierten und sich wie selbstverständlich vernetzten, diskutierten und sich gegenseitig zu tollen Sequenzen inspirierten. Für mich war das damals komplett neu.
Old School
Ich war noch relativ frisch im Beruf und durch meine Referendarsausbildung komplett in den alten Spuren verhaftet. Ich bekam 2007 noch das old-school Komplettpaket auf den Weg: Das Arbeiten mit analogen Stundenentwürfen, das Arbeiten mit OHP-Folien, das handschriftliche Erstellen von Bewertungs- und Umrechnungstabellen bei der Bewertung von Textproduktion. Einfach alles. Und das spiegelte sich auch wider in meinem Arbeitszimmer: Dort tummelten sich meterweise Leitz-Ordner voll von Hand geschriebenen Unterrichtsentwürfen, Klarsichtfolien und Kopien. Meine Schultasche war damals noch mit der Intention gekauft worden, möglichst viel Material dort unterzubringen. Und so entschied ich mich für ein Modell, das von sich behauptete, ganze vier Leitz Ordner beherbergen zu können. Aus heutiger Sicht ein Wahnsinn. Denn dass das auch ohne derartigen Ballast funktioniert, erfuhr ich über die Bloglandschaft. Frau Schütze berichtete regelmäßig auf ihrem Blog über ihre Unterrichtsvorbereitung mit Hilfe von Evernote. Herr Larbig zeigte, wie man mit Hilfe eines Dokumentenscanners sein Büro komplett papierlos machte. Und Jan-Martin Klinge präsentierte das Leben mit OneNote. All das wollte ich auch.
New School
Und so ging es los mit einer digitalen Webpräsenz. Erst noch auf einem eigenen Server, dann, als ich kalte Füße deswegen bekam, bei WordPress selbst, wo ich anonym meine Anekdoten zum besten geben konnte. Gleichzeitig lief die Vernetzung über Twitter… und über andere Dienste, die kamen und gingen. Flipboard, Pinterest, Google Plus, Scoop it! und einiges mehr waberte gelegentlich an die Oberfläche und verschwand dann wieder sang- und klanglos in den Tiefen des Netzes. Ebenso auch die Hardware. Mein HTC Flyer wurde ersetzt durch eine Armada an Samsung Geräten: Ein Note 8.0, ein Tab S3, ein Tab S7. Dann kam das Abenteuer Lehrerdienstgeräte. Und die lange Reise der Streaming Sticks. Über die Jahre habe ich wohl fast alles ausprobiert, was auf dem Markt ein bisschen Hoffnung versprach: Ein Dongle von Samsung, der EZCast, der EZCast Pro, der Microsoft Wireless Display Adapter. Die Geräte kamen und gingen. Und der Blog blieb bestehen. Und das eigentlich sehr erfolgreich – bis 2018 das Gespenst DSGVO umging und einigen Präsenzen ein jähes Ende setzte. Die Verpflichtungen, die mit Impressumszwang, Datenschutzerklärung und Nennung einer realen, juristischen Person, war für viele zu stressig (und auch gefährlich) und veranlasste einige Blogbesitzer, ihre Seiten auf privat zu stellen – oder komplett zum Netz zu nehmen. Ich gehörte dazu. Im Nachhinein ein ziemlicher Fehler.
Zäsur
Denn das Bloggen ging mir tatsächlich sehr ab. Es hatte mir immer sehr geholfen, meine Gedanken zu ordnen und Frustrationen sinnvoll zu kanalisieren. Das fehlte mit einem Mal. Zusammen mit den ganzen Followern, die sich nicht nur über Twitter, sondern über diverse Reader versammelt hatten und rege in den Austausch getreten waren. Als ich daher 2020 wieder einen Blog eröffnete, musste ich mehr oder weniger bei Null anfangen. Kommentare zu Artikeln wurden deutlich rarer oder verlegten sich gleich in soziale Netzwerke, wo sie im Datennirwana verschwanden. Wieder eine Lektion gelernt.
Der gelassene Großvater
Insgesamt ist es seit dem Relaunch ruhiger geworden. Oder vielleicht auch ich. Die Sturm-und-Drang-Zeit, mit der man jeden Trend mitgemacht und sich in jeden EdChat oder Blogparade oder -stöckchen einklinkte, sind einfach vorbei. Der Fokus hat sich verlagert. Stürmen und Drängen tun andere. Und ich schaue aus der entfernten Warte zu. Wie der gute alte Opa aus der Werthers Echte-Werbung (die übrigens dreißig Jahre später ganz schön unangenehm zum Ansehen ist)
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Vom Abschied auf Zeit – Teil II
Falls ihr euch gefragt habt, was das dicke Ende war, auf das ich Anfang der Woche spekuliert hatte. Hier ist es:
Eine komplette Klasse, die für mich Spalier steht. Tosender Applaus. Ein Kuchen- und Tortenbuffet nur für mich mit allem, was dazu gehört: Säfte, Limo, Knabbereien. Eine große Kiste mit 26 teilweise hoch emotionalen Abschiedsbriefen. Ein Lorbeerkranz für den magister laureatus. Eine große Fotorunde mit allen. Ein paar Tränen. Und ein großes “Auf Wiedersehen”, als ob ich die Schule für immer verlasse. Dabei wechsle ich ja nur das Fach.
Und jeder, der nun behauptet, das Lehramt das Unterrichten sei ein furchtbarer Beruf, hat entweder keine Ahnung oder etwas fundamental falsch gemacht!Hast du eine Meinung dazu? Dann hinterlasse einen Kommentar oder eine Wertung.4.7 -
Vom Abschied auf Zeit
So wie es aussieht, bin ich ab diesem Halbjahr leider meine Klasse in Latein los. Grund ist der Weggang eines Kollegen, der bei uns Informatiklehrer war. Als Ersatz schickt uns das Ministerium… eine Lehrkraft mit Latein und Altgriechisch – was uns nicht im Entferntesten weiterhilft.
Deswegen wurde jetzt eine Lösung ersonnen. Der neue Kollege bekommt meinen Lateinunterricht und ich übernehme ab dem Halbjahr die entstandenen Lücken in Informatik. Fachfremd. Aber ein Systembetreuer kann das ja. Wir werden sehen.Die Nachricht über unsere anstehende Trennung führte zwischen meiner Klasse und mir zum Durchleben der klassischen Phasen einer traumatischen Erfahrung. Nach einer Stunde elegischen Klagens fanden wir uns zunächst im Stadium derVerleugnung
wieder. Die Kinder gingen in der ersten Hälfte der Woche davon aus, dass ich sie ärgern möchte und alles nur ein Streich sei. In der zweiten hofften sie auf eine Änderung der Personalsituation. Genauso wie ich. Vielleicht überlegt es sich ja der Informatikkollege nochmal mit dem Weggang. Oder der neue Kollege sagt ab, weil er München furchtbar findet. Aber nichts dergleichen passierte. Und so fanden wir uns in Phase 2:Wut
Vor meinen Augen wurden in der Klasse nun diverse Rachepläne geschmiedet. Wie kann man dem aktuellen Informatiklehrer das Leben zur Hölle machen? Wie boykottiert man am ehesten den Unterricht meines Nachfolgers? Meine Beschwichtigungsversuche in dieser Richtung wurden allesamt ignoriert. Man war sauer. Und das wollte man sich nicht nehmen lassen. Und so rutschten wir in Phase 3:Verhandlung
Eine Delegation von diplomatisch versierten Mini-Damen formierte sich eines Tages vor dem Büro des stellvertretenden Schulleiters. Mit Hilfe einer Petition, die von der gesamten Klasse unterschrieben war, wollte man den Schicksalsschlag abwenden. Jeden Tag wurde die Schar an Bittstellerinnen größer. Um weiteres Chaos abzuwenden, habe ich mit der Klasse vereinbart, die Klasse im nächsten Jahr wieder zu nehmen – vorausgesetzt es ist machbar. Und so war Phase vier nicht allzu schlimm, auch wenn der Titel es nicht vermuten lässt.Depression
Die Klasse verfällt nur selten ins Klagen und Traurigkeit – nur dann, wenn ich ihnen bei beginnenden Diskussionen aufzeige, wie wenig Stunden wir noch zusammen haben und wir die Zeit deshalb besser nutzen sollten. Das unterstütze ich bildlich mit einem digitalen Kalender, dem ich jede Stunde vor aller Augen ein weiteres Blatt abreiße. Das führt letztendlich zur aktuellen Phase:Akzeptanz
Die Klasse ist musterbrav, Unterrichtsstörungen sind komplett passé. Unser anstehendes Ende sehen wir jetzt mehr und mehr sportlich. Und nachdem ihnen letzte Woche aufgefallen ist, dass mit den letzten fünf Stunden nun the final countdown angebrochen ist, vergeht keine Stunde, in der ich diesen unsäglichen Klassiker einer jeden 80s Party über Spotify anspielen muss. Dann singt die komplette Klasse lauthals mit (sofern sie das nach einem halben Jahr Englischunterricht kann) und übt sich im Headbangen. Und ich bleibe heimlich sehr gerührt zurück. Das dicke Ende kommt ja noch. Nämlich kommenden Freitag. Drei Eltern haben schon angefragt, wann denn die letzte Lateinstunde ist…Hast du eine Meinung dazu? Dann hinterlasse einen Kommentar oder eine Wertung.5 -
Beurteilung
Das neue Jahr startet in Bayern mit einer Extremsituation. Und ausnahmsweise hat sie nichts mit außerplanmäßigen Zuständen einer Pandemie zu tun. Sondern mit regelmäßigen. Die so genannte Regelbeurteilung steht an, die in Bayern alle vier Jahre in die Fächer der Lehrkräfte wandert. Quasi ein Zeugnis für uns. In ihr kommt alles zur Sprache, was seit der letzten Beurteilung so geleistet wurde: Unterrichtsplanung und -qualität, die in Stundenbesuchen durch die Schulleitung bezeugt wurde, Kooperation, Wahrnehmung übertragener schulischer Funktionen, außerunterrichtliche Aktivitäten, Sachkompetenz, Fachkompetenz, Erziehungskompetenz – alles ist (hoffentlich) berücksichtigt und gebührend in einem von sieben Prädikaten bewertet – nicht in Noten.
Es gibt Leistung von herausragender Qualität (HQ), eine, die besonders gut erfüllt ist (BG), die die Anforderungen übersteigt (UB), den Anforderungen voll entspricht (VE), in hohem Maße gerecht wird (HM), die Mängel aufweist (MA) oder die insgesamt unzureichend ist (IU). Aber unter der Hand spricht man natürlich von Noten. Frau Müller hat kein UB, sondern eine drei. Herr Sachs eine vier. Aber davon bekommt in der Regel niemand was mit. Denn die Beurteilungen werden gehütet wie ein Staatsgeheimnis. Selbst Freunde sind sehr vorsichtig beim Ausplaudern der schriftlichen Würdigung – aus Angst, dass man sein Gegenüber verletzt, das schlechter weggekommen ist.
Schon verrückt, wenn man bedenkt, dass das Beurteilen von Leistungen zu unserem Alltagsgeschäft gehört und wir eine gewisse Professionalität an den Tag legen müssten, wenn es um unsere eigene Leistung geht. Stattdessen benehmen wir uns wie Fünftklässler, die ihre Schulaufgabe bei der Herausgabe angsterfüllt an sich reißen und sofort in die Mappe stecken, damit keiner die Zensur mitbekommt. Souverän geht anders.
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Von Vorsätzen
Ich kann mich überhaupt nicht dran erinnern, jemals einen Blogartikel zum Thema Neujahresvorsätzen gemacht zu haben (ich bin aktuell auch ehrlich gesagt zu faul um nachzusehen). Aber warum eigentlich nicht? Hat ja auch sein Gutes sowas mal zu machen. So kann man regelmäßig im Jahresverlauf nachschauen, was man 2023 eigentlich vor hatte… und nicht eingehalten hat. Na dann wollen wir mal die Liste eröffnen mit Vorsätzen für das jüngst angebrochene Jahr…
Mehr…
- Konsequenz. Beim Sport zum Beispiel. Ich gehe seit dem Referendariat zu regelmäßigen Zeiten in den Sport. Aber seit Corona und der Schließung der Fitnessstudios ist da ein gewisser Schlendrian reingekommen. Zu Stresszeiten ging ich letztes Jahr oft überhaupt nicht mehr. Und das, wo man Sport und Zerstreuung am meisten bräuchte.
- Fokussierung. Ich geb’s zu. Ich habe Anwandlungen eines Jack of all trades. Vieles interessiert mich gleichermaßen. Und so jongliere ich mit vielem parallel ohne einen echten Fokus setzen zu können. Das sieht man alleine schon einmal bei einem Blick auf mein Handy. Vor allem im Ordner zu den social media. Nichts als Apps für soziale Netzwerke, alle für eine andere Bubble mit einem anderen Fokus. Das muss anders werden.
- Ruhe. Die letzten zwei Jahre waren beruflich immer ein ziemliches Auf und Ab. Umso wichtiger, dass jetzt mal endlich nach dem Umzug bei uns auch nun in der Schullandschaft Ruhe einkehrt. Aktiv kann ich das natürlich nicht herbeiführen. Dafür im Privaten umso mehr. Was ich beispielsweise total vernachlässige seit Jahren ist Lesen. Ich habe schlichtweg nicht die Zeit oder die Muße dafür. Vor dem Schlafengehen einfach mal was zur Entspannung zu lesen, gibt es nicht bei mir. Stattdessen hänge ich in Tutorials, in Fachliteratur, in sozialen Medien. Alles nicht gut. Ich weiß. Ich staune da immer wieder, wenn ich mir ansehe, was für Stapel Kollegen wie Herr Rau über das Jahr so weglesen. Ich wüsste gar nicht, wo ich die Zeit dazu hernehmen sollte. Aber vielleicht muss ich mir die einfach nehmen.
- Arzt. Die Zeiten der Zipperlein sind bei mir angebrochen. Nix Großartiges. Ein Carpal-Tunnel-Syndrom an meinem linken Handgelenk. Seit zehn Jahren eine massive Verspannung am linken Rhomboiden und seit letzten November nun bei manchen ruckartigen Bewegungen ein komisches Ziehen (kein Stecken) irgendwo im Schulterbereich. Natürlich auch links. Dreimal dürft ihr raten, ob ich Links- oder Rechtshänder bin. Wegen des einen oder anderen war ich schon mehrmals beim Arzt, hatte Massagen, Chiropraktik, Schienen. Aber so richtig hat nichts geholfen. Die Maßnahmen lindern ja nur die Symptome, nicht die Ursache. Und die würde ich gerne mal rausfinden lassen.
- Investieren. Ich hätte vor zwei Jahren nicht daran gedacht, dass mich dieses Thema in dieser Art mal so umtreiben würde. Aber mit einer Inflation, die im Dezember in Bayern irgendwo bei 10% lag, denkt man dann schon daran, sein hart verdientes Geld irgendwo sinnvoll zu parken. Spätestens wenn dann wie letztes Jahr die Bank an einen herantritt, um einem das Thema Immobilien schmackhaft zu machen, merkt man, dass man für Finanzinstitute interessant geworden ist. Aber in was investieren? Immobilien in München kann im Moment niemand zahlen, solange man nicht von Mami und Papi ein stattliches Erbe auf den Weg mitgegeben bekommen hat. Aktien sind mir viel zu heikel, da auch sattelfeste Pferde ohne Vorwarnung kippen können. ETFs können klappen, aber sind in ihrer Gänze erst auf lange lange Laufzeiten richtig rentabel. Tagesgeld oder Termingeld werfen kaum Prozente ab, aber immerhin gibt es wieder welche. Der Wertminderung durch die Inflation wird das nicht aufhalten. Aber das wird nichts von den oben genannten Dingen. Das Thema wird mich also noch ein bisschen beschäftigen.
Weniger…
- Kaffee. Mein Konsum des braunen Goldes hat über die Jahre unheimliche Ausmaße angenommen. An Stresstagen waren es durchaus mal 15 Espressi, die ich konsumiert habe. Daran war auch meine Nespresso-Maschine schuld, die einfach innerhalb von 20 Sekunden einsatzbereit war… bis sie im Dezember dann nach zehn Jahren ihren Geist aufgab. Daher habe ich etwas (viel) Geld in die Hand genommen und mir eine Siebträgermaschine und eine Mühle besorgt. Das Zubereiten von Kaffee ist jetzt wirklich eine gewisse meditative Aufgabe, die schon jetzt deutlich entschleunigt und meinen Konsum gut runtergefahren hat. Denn bis alles einsatzbereit ist, heizt die Maschine knapp 15 Minuten vor. Jeder zubereitete Espresso will daher gut überlegt sein. Quick and dirty ist nicht mehr.
- Überstunden. Klar, Mehrarbeit ist in unserem Beruf nichts Neues. Aber was ich über das übliche Maß hinaus letztes Jahr an der Schule war, alleine um die technischen Löcher an unserer Baustelle zu stopfen, ist kaum zu beziffern. Jetzt zum Jahresbeginn habe ich alles Menschenmögliche getan, um die Defizite in der Technik am Standort auszumerzen. Alles, was jetzt immer noch nicht geht, ist Problem der Stadt München. Und nicht meins. Das sollte ich mir tatsächlich als Spruch übers Bett hängen.
- Zeug. Wer in einer Stadt wie München wohnt, weiß, dass Platz ein Luxus ist. Umso wichtiger sich regelmäßig von Plunder zu trennen, den man nicht mehr braucht. Letztes Jahr begann ich mit dem Verkauf von alten Video- und PC-Spielen aus meiner Jugend, die mit mir seit 20 Jahren immer umziehen. Das war finanziell deutlich rentabler als ich gedacht habe, sodass ich dieses Jahr weiter ausdünnen möchte.
Wie sieht’s bei euch aus? Irgendwelche Vorsätze für 2023?
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Jahresrückblick: Es bleibt alles anders
Kein Blog ohne Jahresrückblick 😎 Aber eine detaillierte Darstellung erspare ich mir dieses Jahr. Denn Zeit ist für uns definitiv eine Komponente geworden, die rar ist. Zumindest bei mir. Ebenso wie das Thema Sicherheit und Routine. Vieles, was wir als gesetzt akzeptiert haben, wurde 2022 gänzlich auf den Kopf gestellt. Ein Krieg in Europa, explodierende Kosten für Gas, für Öl, für Elektrizität. Für Benzin. Für Lebensmittel. Eine Inflation auf Rekordhöhe. Und man steht tatenlos daneben und wird von den Ereignissen überrollt. Das weitet sich auch auf das Digitale aus, wo im Laufe des Jahres altbekannte Strukturen und Plattformen von Grund auf umgekrempelt wurden.
Zwitscher-Chaos
Twitter, die Plattform, auf der alles für viele von uns anfing, geriet beispielsweise ordentlich ins Straucheln. Seit Oktober hält die Spirale der Hiobsbotschaften an. Ein CEO, der einen Großteil seiner Mitarbeiter rauswirft, dann wieder einstellt, dann zu horrenden Überstunden verpflichtet, seine Abwahl zur Disposition stellt – das alles hat ein System, das für die meisten von uns aller Unkenrufen zum Trotz gut funktioniert hat, in Rekordzeit nachhaltig zerstört. Eine Neuorientierung fällt vielen immer noch schwer. Auch mir. Ich schaue immer wieder aus Gewohnheit bei Twitter vorbei. Aber es ist nicht mehr dasselbe. Und Mastodon ist kein Twitter. Und so hüpfe ich ratlos zwischen zwei Plattformen hin und her, die mich beide in ihrer jetzigen Form nicht zufrieden stellen…
An elephant in the room
In dem Durcheinander habe ich gänzlich verpasst, dass auch bei Evernote was im Busch ist. Die Plattform, mit der ich seit Bestehen des Blogs konsequent meinen Unterricht bestreite, hat den Besitzer gewechselt und ist ab Januar das Schätzchen von Bending Spoons, die sich auf mobilen Plattformen auf Monetarisierungsmethoden ihrer Programme versteht. Zwar wurde vom neuen Besitzer erklärt, dass sich alles zum Vorteil der Nutzenden ändern wird. Aber solche Versprechen kennt man ja. Und plötzlich sind völlig abstruse Neuerungen da, die Bezahlmethode auf das Doppelte erhöht, und die Leute in Scharen abgesprungen. Sollte der Dienst dann seine Schotten dicht machen, bin ich aufgeschmissen. Über Evernote läuft bei mir alles. Selbst die Dienste des Programmes, über die gerne gelästert wird (Widgets oder die Startansicht), sind bei mir fest in den Arbeitsablauf integriert und funktionieren für mich prima. Klar gäbe es Alterativen. Aber keine funktioniert für mich und meinen Workflow so wie Evernote und würde sich echt wie ein deutlicher Rückschritt anfühlen. Wo geht’s dann weiter? OneNote? DevonThink? Ganz was anderes?
(K)ein Fels in der Brandung
Selbst auf meinem Blog, der in all den Jahren meine Konstante darstellte, habe ich dieses Jahr mehrmals die Augenbraue hochgezogen. Einige meiner Artikel gingen zahlenmäßig total durch die Decke. Andere blieben wie Blei in den Leseregalen liegen. Aus welchen Gründen, kann ich nicht nachvollziehen. Meine Top 3 – Beiträge sind völlig unterschiedlich. Einer davon ist mein Testbericht zu Squid, den ich schon vor Jahren verfasst habe, aber ständig gelesen wird. Die anderen sind Rants – einmal über Lehrerdienstgeräte und dann über das letzte chaotische Schuljahr. Wäre Bloggen jetzt meine Haupteinnahmequelle müsste ich jetzt aus solchen Zahlen Analysen ziehen. Zum Beispiel, dass schlechte Stimmung im Netz gut Quote macht. Oder ob ich Besucherzahlen mit Suchmaschinenoptimierung vergrößern möchte. Oder wann ich in der Woche meine Blogartikel am Besten platziere, um möglichst viele Leute zu erreichen. Aber zum Glück ist das nicht mein Beruf. Mein Blog hat nach wie vor eine süße Reichweite. Aber auch nicht mehr. Ich mache, was ich für richtig halte und freue mich, wenn es angenommen wird. Und wenn nicht, dann ist das schade. Aber zum Glück auch nicht mehr. Meine Rechnungen werde ich trotzdem bezahlen können.
Ich wünschte, ich könnte die anderen Baustellen des Jahres mit einem ähnlichen Schulterzucken abtun. Vielleicht lerne ich das 2023.
Bis dahin rutscht mal gut!
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Endjahresstimmung
Oh Wunder. In diesem verrückten Jahr zeigt sich 2022 auf einmal, wie es sein sollte. Passend zur Weihnachtszeit hat sich der Winter in den letzten Tagen breit gemacht. Die Straßen sind mit einer dicken Lage Schnee bedeckt, vom Himmel rieselt unaufhörlich Nachschub herab. Die Christkindlmärkte in München sind gefüllt von Menschen, die nach zwei Jahren Pandemie endlich wieder ein bisschen Weihnachtsstimmung spüren wollen. Der Geruch von Glühwein und Bratwürsten ist allgegenwärtig, ebenso wie die so vertrauten Klänge von beruhigender Weihnachtsmusik. Doch der Schein trügt. Man muss den Leuten nur ein bisschen zuhören um es zu merken. Das Gefühl der Ohnmacht ist auch in der staaden Zeit immer dabei. Krieg, Inflation, gestiegene Preise, Energiekrise, Strom. Man lächelt die Themen immer ein bisschen weg, um die Stimmung nicht zu versauen. Aber so richtig gelingt es nicht. Bei uns in der Schule sieht es ganz ähnlich aus.
Weihnachtsfrieden?
Zum ersten Mal nach drei Jahren gibt es wieder das volle Weihnachtsprogramm: Weihnachtsfeier, Weihnachtsbasar, Weihnachtskonzert. Der Nikolaus ging am 6. Dezember wieder durch die Klassen der Unterstufe. Der Lehrerchor übt nach Jahren wieder für den Auftritt vor einem großen Publikum. Es wird alles toll. Aber ebenso wie auf den Christkindlmärkten halten wir auch eine gewisse Fassade aufrecht, damit diese Scheinnormalität gelingt.
Wir haben echt zu ackern gehabt. Denn neben dem Alltagsgeschäft hatten wir gut mit unserem neuen alten Standort zu kämpfen, den wir im September noch voller Vorfreude bezogen hatten… bis die Realität zuschlug. Bei der Ausstattung fehlte es an allen Ecken und Enden: Kein Internet in den meisten Räumen, fehlendes Mobiliar, Docking Stations ohne Verbindung, ausfallende Telefone, Klassenzimmer ohne Heizkörper, Toiletten ohne Kabinen, ein EDV Raum ohne Rechner und Schränke. Kurz: Es war ein Desaster.
Mittlerweile hat sich einiges getan in unserem Hause. Das liegt vor allen an der Hartnäckigkeit, mit der Schulleitung, Systembetreuer, Hausmeister und Kollegium jeden Mangel permanent gemeldet und auch beanstandet haben. Auch hier gilt wieder: Der Unterricht per se ist gesichert. Aber wer hinter die Kulissen blickt, sieht noch immer die Defizite:
- So wurde das Mobiliar im EDV-Raum bis heute nicht geliefert. Auf Nachfrage wurde uns erst erklärt, dass die Bestellung ohne Angabe von Gründen storniert wurde. Ein andermal hieß es, die Schule habe nie Mobiliar bestellt. Ein Hinweis auf die Online-Liste, in der die Schränke unter der restlichen Ausstattung der MINT-Räume zu finden sind, wurde mit pampigen Worten quittiert. Ausgeholfen wurde uns bis heute nicht. Nur mit Hilfe der Fachschaft Physik, die mir zwei große Schränke aus ihrem Fundus geschenkt hat, kann ich nun nach drei Monaten endlich anfangen, unser Equipment aus den 30 Kisten zu befreien.
- Mein Arbeitsplatz als Systemadministrator wurde Anfang Oktober über Nacht einfach abgebaut. Grund hierfür war eine Raumvertauschung der Arbeiter, die mir irrtümlich den Arbeitstisch aus einem anderen Büro zugewiesen haben. Eine Bestellung für einen neuen Tisch wurde vor meinen Augen notiert. Erhalten habe ich bis heute… nichts. So steht nun mein Verwaltungsdrucker mitsamt Rechner einfach auf dem Boden. Arbeiten kann ich somit im Schneidersitz… oder auf allen Vieren.
- Der dritte Stock hat bis heute keine funktionierende Sprechanlage. Durchsagen oder Schulgong am Ende der Stunde lassen sich bei offenem Fenster nur erahnen… wenn diese sich öffnen ließen…
- … denn direkt unter dem Dach hält ein Regensensor die Fenster eisern geschlossen, damit durch die Dachschrägen kein Wasser in die Klassenzimmer tropft. Soweit alles ok. Aber die Fenster bleiben auch zu, wenn Schnee darauf liegt. Das bedeutet, dass sich nach dem aktuellen Wintereinbruch letzte Woche die Oberstufenräume seit knapp 10 Tagen nicht lüften lassen. Infektologisch ebenso wie olfaktorisch etwas… nun ja… suboptimal.
- Eine Zeitlang war die Sprechanlage im Rest des Hauses zu leise. Oder fiel aus. Oder sie gab für 30 Minuten konstantes Rauschen aus. Wie die alten analogen Fernseher nach Sendeschluss. Höhepunkt war, dass durch irgendeine Rückkopplung die Sekundenzeiger der elektrischen Uhren in einigen Räumen über die Sprechanlage zu hören waren. Zu jeder Sekunde klopfte es im Lautsprecher. Das Ende vom Lied war, dass sämtliche Uhren im Gebäude ausgeschaltet werden mussten, damit die Klassen in aller Ruhe arbeiten konnten. Und seitdem ist bei uns im Gebäude die Zeit buchstäblich stehen geblieben.
- Eins unserer Lehrerzimmer hat bis heute weder Strom noch Internet. Eine Nachfrage bei der Stadt ergab, dass nichts verlegt wurde, weil der Raum noch nicht fertig möbiliert war. Das hat uns dann schon ein bisschen überrascht. Denn da oben stehen Tische, Stühle, Schränke, Fächer. Wir arbeiten da oben schon seit Monaten – nur halt ohne Elektrik. Problem waren – nicht lachen – die Garderobenhaken. Diese sind seit September geliefert, aber bis Ende November nicht aufgehängt worden. Als die endlich hingen, wurde uns nach einem Wochenende stolz rückgemeldet, dass die Verkabelung von der Stadt vorgenommen wurde. Nur ist das halt nicht wahr. Was passiert ist, ist, dass Techniker im Raum waren und uns alles in Kisten auf ein Regal gestellt haben… Danach sind sie abgezischt. So etwas als “erledigt” zu betrachten ist frech.
Die Liste ließe sich noch ein bisschen weiterführen. Aber im Sinne des Weihnachtsfriedens erspare ich das der geneigten Leserschaft. In der Woche vor Weihnachten die Zeit zum Lesen von Blogposts erfahrungsgemäß äußerst rar. Und ich muss mir ja noch ein bisschen Blog-Material in der Hinterhalt halten.
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In the works
Ist ganz schön was los hier. Die Masto-Exodus ist in vollem Gange, seitdem auf Twitter eine Hiobsbotschaft nach der anderen eingeht. Mittlerweile sprechen einige davon, dass die Plattform innerhalb der laufenden Woche darnieder liegt. Irre, wie jemand es schafft ein Netzwerk, das mehr als eine Dekade echt gut lief und sich gut behaupten konnte, mit fragwürdigen Entscheidungen in kürzester Zeit völlig kaputt zu sanieren, dass es bald regungslos am Boden liegt. Und die Geschwindigkeit, mit der die Leute aktuell die Plattform verlassen, ist echt unheimlich. Das sieht man auch im Twitterlehrerzimmer.
Sag zum Abschied medienwirksam “servus”
Die Abschiedstweets häufen sich, die Mastodon-Accounts werden gepostet, damit man sich auf der anderen Seite schnell wieder findet. Andere bleiben enttäuscht und allein auf Twitter zurück. Den einen ist Mastodon zu kompliziert, zu unsicher, zu langsam, zu nischig. Den anderen ist Twitter zu voll geworden, zu unübersichtlich, zu böse… oder auch zu langweilig. Ein paar Abgesänge, mit denen sich Leute von ihren Followern verabschieden, lesen sich ganz schön hart und lassen das Gefühl aufkommen, dass man da die letzten Jahre nur aus Bequemlichkeit ausgehalten hat. Ich persönlich tu mir mit dem Abschied ziemlich schwer. Twitter ist und war Dreh- und Angelpunkt von allem. Hier wurden Grundsteine gelegt für Tätigkeiten im Lehrberuf, die so gar nicht möglich gewesen wären. Kein Netzwerk hat bei mir mehr Stunden online geschluckt. Nirgendwo sonst wurde offtopic so viel rumgeblödelt. Aber ich ließ es gerne geschehen. Denn die Balance zwischen Sinnlosig- und Sinnhaftigkeit blieb immer bestehen. Natürlich lässt sich das alles auf Mastodon wieder herstellen. Aber das braucht Zeit. Und ob ich die aktuell investieren will, ist die Frage. So ist Mastodon im Moment aufs Wesentliche beschränkt und dreht sich ausschließlich um Bildung und Schule. Und Twitter ist das große Hintergrundrauschen mit all den süßen Verlockungen. Eventuell wird dieser Doppelspagat irgendwann so aufs Stundenkonto schlagen, dass man wirklich eine der Plattformen abstellen muss. Man will ja nicht ständig vor dem Smartphone sitzen (… und tut es ja dann doch).
Mein Fels in der Brandung
Bei so viel Unbeständigkeit ist mein Blog mir dann doch sehr lieb. Der bleibt einfach ein Fels in der Brandung. Auch wenn der auch mal wieder ein kleines Facelifting braucht. Ein Anfang ist schon mal gemacht: Nach neun Jahren der Existenz hat er jetzt endlich mal Social Media Buttons bekommen sowie ein kleines Namensbanner, damit die Leute auch wissen, auf wessen Seite sie sich gerade rumtreiben. Allerdings bin ich noch nicht ganz glücklich damit. Vermutlich muss der Apollo früher oder später aus dem Banner weichen. Aber das entscheide ich selbst zu gegebener Zeit. Im Gegensatz zu Mr Musk lass ich mir für meine Entscheidungen nämlich Zeit.
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Spontan sprechen: TV Commercial
Hier mal ganz kurz eine kleine Idee, die wir jüngst im Konversationskurs ausprobiert und für gut befunden haben, um spontanes Sprechen zu üben.
Die Kinder werden mit ihrem Handy bewaffnet auf das Schulgelände geschickt, um mit ihrer Kamera ein Objekt auf dem Schulhof zu fotografieren, das sie aus welchem Grund auch immer bemerkenswert finden (Objekt, keine Leute!). Die geschossenen Fotos werden im Anschluss auf einer Taskcards-Pinnwand gesammelt. Nun muss jeder aus der Gruppe sein Foto einer anderen Präsentation zuweisen, indem er oder sie jedes der Fotos in Taskcards mit dem Namen der jeweiligen Person betitelt. Einfach den oberen Rahmen des Bildes anklicken, und man kann einen Namen eintragen.
Die auserkorene Person hat nun den Auftrag, dieses zugewiesene Objekt als TV-Presentator in einer 3-minütigen Vorstellung den Zuschauern im Kurs schmackhaft zu machen. Dabei soll er
- in Taskcards neben dem Namen das Objekt mit einem medienwirksamen Namen betiteln
- das Objekt mit Hilfe des Bildes ausgiebig beschreiben
- die Vorzüge des Objekts hervorheben
- positive Adjektive und Steigerungen zu benutzen
Wir hatten lange nicht mehr so viel Spaß wie in diesen Minuten. Und für mich sehr interessant zu sehen, was für einen Blick die Teens auf unseren Standort haben und sich auf interessante Details stürzen
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