Meterlange Bücherreihen, Lexika bis unter die Zimmerdecke, Büsten antiker Philosophen, die allwissend in den Raum hineinstarren, dazu ein riesiger Schreibtisch mit einem feudal anmutenden Stuhl zum Arbeiten. Natürlich ausschließlich mit Mont Blanc-Füller. Im Eck des Raumes noch ein schwerer Ohrensessel mit einem kleinen Beistelltisch für längere Lektüren, eine ehrwürdige Stehlampe direkt dahinter, um die Szenerie in gediegenes Licht zu hüllen. So stellte ich mir im Studium mein Arbeitszimmer vor, wenn ich einmal im Job drin bin. Ein Traum. Und einer, den ich mir in der letzten Wohnung erfüllen konnte. Bis auf das mit den Büsten. Das ist affig.
Kein Arbeitszimmer
Beim letzten Umzug musste ich diesen locus amoenus leider aufgeben. Das hat mich schon ein bisschen verfolgt. Aber in einer Großstadt – das muss man zugeben – ist ein separates Arbeitszimmer ein Luxus, den man sich leisten können muss. Oder will. Und bei den gerade mal 1200 Euro, den man so ein Zimmer steuerlich geltend machen kann, zahlt man bei so einer Annehmlichkeit deutlich aus eigener Tasche drauf. Aber wo ein Arbeitszimmer integrieren, ohne dass es völlig deplatziert aussieht? Schreibtisch im Schlafzimmer – da hat man die Arbeit permanent vor sich. Schreibtisch im Wohnzimmer – möglich, will aber gut überlegt sein. Schreibtisch in der Küche – schwer vorstellbar, wenn da auch noch ein Esstisch drinstehen soll. Oder gleich gar keinen Schreibtisch und dann alles am Esstisch erledigen? Dann steht da aber halt immer ein Monitor in der Gegend herum. Das kann’s ja auch nicht sein.
Wohin?
Die Wahl fiel letztlich dann auf eine Aufteilung der Komponenten auf mehrere Zimmer: Im Wohnzimmer ist nun eine Bücherwand installiert, die mit zusätzlichen Regalaufsätzen bis unter die Decke reicht, um auf möglichst wenig Platz möglichst viel Literatur unterzubekommen. Der Schreibtisch selbst residiert in der Küche direkt am Balkonfenster. Allerdings ist das ein neuer. Für das alte Exemplar mit seiner 1,40×1 Meter Tischfläche war beim besten Willen kein Platz – und auch kein Bedarf, da meine Papierstapel über die Jahre immer kleiner (und digitaler) wurden. Jetzt ist dort ein kleiner Massivholztisch mit Schubladen integriert, der sich ein bisschen hinter dem Esstisch versteckt. Das taugt mir tatsächlich ganz gut, da auf diese Weise die Arbeitsecke den Raum nicht dominiert und so den Stellenwert in der Wohnung einnimmt, die sie eigentlich haben sollte. Um das Büroflair in der Küche weiter einzudämmen, sind sämtliche PC-Peripheriegeräte wie Tastatur und Maus kabellos und werden, sofern nicht gebraucht, einfach in einem Ablagefach im Schreibtisch verstaut. Bis ich ein Duo gefunden hatte, dass von den Ausmaßen her da auch reinpasst, hat es etwas gedauert, aber mit ein bisschen Suchen wird man schnell fündig. Aktuell stammen Funkmaus- und Tastatur von Rapoo. Nichts besonderes, aber alles sehr zweckmäßig, und für nicht mal 40€ für beides kann man definitiv nicht meckern. Wenn es der Ordnung dient. Zu der trägt seit Neuestem nun auch mein alter Raumtrenner bei. Denn dort wandern nach getaner Arbeit alle Unterlagen, Bücher und Korrekturen in einen Quasi-Handapparat. Damit bleibt der Schreibtisch leer. Und das ist gut so.
2 Comments
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herrmess
Sein Nicht-mehr-Arbeitszimmer bitte 😉