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    Runde 8 der Edublogparade 2024

    Es wird mal wieder Zeit für eine neue Folge in der Blogparade des Jahres 2024. Susanne und Erik haben dazu aufgerufen und ein tolles Thema gewählt: (Fast) rechtzeitig zum Tag der Lehrkräfte wird die Frage gestellt, warum man in den heutigen Zeiten überhaupt noch Lehrer werden soll. Denn der Berufsstand hat in den letzten Jahren gut gelitten:

    • Negative Publicity über Jahre,
    • unbezahlte Überstunden,
    • eklatanter Mangel an Lehrkräften
    • leere Kassen im Bildungsbereich
    • ständige Mehrung von Zusatzaufgaben, administrativer oder bürokratischer Art
    • hohe Krankheitsstände und Burnout-Raten

    Wozu also das auf sich nehmen? Das kann ich objektiv vermutlich nicht bewerten – aber privat. Daher erzähle ich einfach mal, warum ICH damals Lehrer geworden bin. Vielleicht findet sich ja jemand in meinem Geschreibsel wieder

    Vom Hausabreißer zum Arzt: Alles dabei

    Als Kind hatte ich so wie alle anderen beständig schwankende Wünsche, was meine Berufswahl angehen würde. Los ging es mit der Berufung des Hausabreißers. Als bei uns in Schwabing Mitte der 80er Jahre die alte Bibliothek dem Erdboden gleichgemacht wurde, war ich fasziniert von der Wucht, mit der die Abrissbirnen in die Fassaden gedonnert wurden. Das wollte ich auch! Allerdings nicht lange. Im Kindergarten war es die mittlerweile fast schon stereotype Vorstellung eines jeden Jungen vorherrschend ein Feuerwehrmann zu werden. Ab Gymnasium wollte ich alles werden, vom Tontechniker hin bis zu Chirurg oder Anwalt. Der Lehrberuf war für mich gar nicht so naheliegend, auch wenn ich ihm unbewusst schon über Jahre ausgesetzt war. Und damit meine ich nicht ausschließlich meine eigene Schule, an die ich großenteils tolle Erinnerungen habe.

    Mein Vater – der Held

    Mein Vater war selbst passionierter Lehrer und Schulleiter eines Gymnasiums im Rosenheimer Umland. Durch ihn bekam ich hautnah die Schattenseiten des Berufs vorgelebt, von denen in den Medien nie gesprochen wird: Die Überstunden in Hochzeiten, die unser Abendessen regelmäßig kalt werden ließen, die gelaufenen Ferien, wenn wieder Beurteilungen anstanden. Die Selbstverständlichkeit, mit der erwartet wurde, dass man auch mal seine Freizeit dafür aufopfern musste, um die Schule voranzubringen. Dann war da aber auch wieder die tiefe Dankbarkeit, mit der dieses Engagement belohnt wurde. Die ehemaligen Abiturienten, die regelmäßig bei uns vor der Haustür standen, um sich persönlich für die tolle Schulzeit bei meinem Vater zu bedanken. Die positiven Zeitungsartikeln in der Presse, die meine Mutter für die Familie sammelte wie Kinder ihre Paninibildchen. Und auch die Erfüllung, mit der mein Vater immer wieder am Mittagstisch von seinen Erlebnissen im Unterricht erzählte. Mein Vater hatte nicht nur einfach einen Beruf. Er hatte eine Berufung.

    Mein Werdegang

    Dass mir Unterrichten selbst Spaß macht, wurde mir in der 10. Klasse schlagartig bewusst, als ich in Deutsch ein Referat zu deutscher Exilliteratur halten sollte. Das Vermitteln von Inhalten, das Aufbereiten, die didaktische Reduktion, das machte mir über ein reguläres Maß hinaus irre Spaß – und zwar so, dass ich ernsthaft darüber nachdachte, diesen Beruf selbst zu ergreifen. Der Wunsch hielt sich über mehrere Jahre, über das Abitur hinaus und über den Zivildienst. Es war ernst.
    Als es langsam Richtung Studium gehen sollte und sich das Thema Lehramt herausschälte, platzte mein Vater vor Stolz. Wir hatten nie offen darüber geredet, dass seine Profession eines Tages meine werden könnte. Aber auf einmal stand das im Raum. Prompt er lud mich zu einem “Männergespräch” für zu einem griechischen Restaurant in Miesbach ein, in dem er mir damals alles über den Lehrberuf erzählte: wie er ihn wahrnahm, wie er sich nichts anderes vorstellen könne als das, aber auch über die Belastungen, die dieser Beruf nach sich zog. Er sollte recht behalten.

    Das Studium selbst war für mich eine kleine Achterbahnfahrt mit all den Problemen, die man heute noch von Studierenden im Seminar oder auf den sozialen Medien hört: realitätsfremde Dozierende, die kaum oder nie vor Klassen standen, Einfordern von unnötigen Zusatzqualifikationen für seine Fächer, kaum Möglichkeiten zu Unterrichtspraxis, riesige Diskrepanz zwischen Lehrstoff in den Seminaren und dem tatsächlichen Nutzen für den Unterricht. Aber das Ziel stand für mich fest. Im Studium, im Auslandsjahr, im Referendariat. Und die Realität lernte man schnell kennen: Der Job ist irre anstrengend. Um ihn gut zu machen, fordert er gnadenlos ein. Aber langweilig wird er nie. Jede Stunde ist anders, jede Lerngruppe ebenso, auch der Lehrplan ändert sich ständig und zwingt permanent zu neuen Mikroentscheidungen in Bezug auf Inhalt, soziale Formen und Organisation. Er ist intim, weil man seine eigene Persönlichkeit auf so vielen Ebenen einbringt und im Unterricht auf Klassenfahrten, Exkursionen oder Auslandsaufenthalten auch mal mehr sein muss als Lehrkraft. Dompteur zum Beispiel. Oder Reiseleiter. Oder Sekretär. Oder Papa, wenn sonst keiner da ist. Das macht den Beruf hochemotional und die Lehrkraft nahbar… Man freut sich wie Bolle über jeden Lernerfolg seiner Schützlinge und ist zu Tode beleidigt, wenn sie mal einen Test kollektiv in den Sand setzen.
    Der Job ist sinnstiftend, da wir in diesen unruhigen Zeiten einen Ruhepol zu schaffen versuchen, in dem für junge Heranwachsende konzentriertes, sicheres Lernen möglich ist. In dem wir Bildungsinhalte vermitteln, die unsere Schützlinge zu mündigen, klugen und weltoffenen Bürger machen. Wo wir Demokratieprozesse in der Schulentwicklung über Klassenrat, Schulforum und AKs einüben, um dem Nachwuchs die Werte nahezubringen, die eine moderne, offene Gesellschaft aufrechterhalten. Wenn das kein Grund ist in der Frühe aufzustehen, was dann?

    Ich habe in den 15 Jahren, die ich im Beruf bin, meine Entscheidung kein einziges Mal bereut. Natürlich gibt es Tage, an denen man sich schlaflos hin und her wirft, wenn Kummer einen bis in die Träume verfolgt. Aber das liegt an Details. Äußere Zwänge, toxische Personalien oder eine Entscheidung vom Ministerium, die ungut im Magen liegt. Aber an der Entscheidung, die richtige Wahl im Beruf getroffen zu haben, zweifle ich keinen einzigen Tag. Lehramt ist mein Traumjob, aber ein easy Halbtagsjob ist er definitiv nicht – wenn man ihn ernst nimmt.

    Weitere Beiträge gibt zum Thema :

    1. Erik Grundmann
    2. Jan Martin Klinge
    3. Katharina Mowitz
    4. Lars Fengler
    5. Gesa von Lærari
    6. Maria Kruse
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  • Allgemeines,  Alltag,  blog,  Technik

    Exkurs zu Runde 5 der Edublogparade 2024: Wie ich Texte schreibe

    Susanne Posselts toller Beitrag zu Runde 5 der Edublogparade ist gespickt mit wundervollen persönlichen Einblicken in ihre Biografie und ihren Schreibprozess. Grund genug, dass ich auch mal in mich selbst reinhorche und ein bisschen darüber erzähle, wie meine Blogartikel entstehen. Und vor allem nach welcher Vorgeschichte. Schreiben ist nach wie vor für mich ein sehr persönlicher Prozess – und das eigentlich schon immer.

    Exkurs: Schreibgenese

    The Early Years

    Lesen und Schreiben konnte ich schon, seit ich denken kann. Meine Oma brachte es mir bei, weil ich meiner sechs Jahre älteren Schwester bei den Hausaufgaben zusah und zunehmend neidischer wurde, was sie da mit Stift und Heft anstellte – so geht zumindest die Anekdote im Hause der Familie Mess. Mit vier Jahren lief ich daher schon mit meiner Kinderfibel durch die Gegend und las munter vor mich hin. Welche das war, kann ich leider nicht mehr sagen. Ich kann mich nur noch an den Umschlag erinnern, auf dem ein hingekritzeltes Kind in blau-rot eine Fibel hochhielt, auf der es selber dargestellt wurde, wie es eine Fibel hochhielt, auf dem ein Kind dargestellt wurde, wie es eine Fibel hochhielt, auf dem… (you get the idea).

    Ich gab nie großartig damit an, weil es für mich einfach selbstverständlich war, und wurde immer sehr genervt, wenn man es als etwas Besonderes herausstellen wollte. Eine meine ersten Erinnerungen im Kindergarten an der Hiltenspergerstraße in München ist ein Nachmittag, wo ich von den Erzieherinnen mehr oder weniger genötigt wurde den anderen Kindern aus einem Buch vorzulesen. Ich fand das ganz furchtbar wie eine Zirkusattraktion in der Mitte des Raumes zu sitzen, mit 30 Augenpaaren auf mich gerichtet. Entsprechend bockig war ich dem Wunsch zu entsprechen: Erst habe ich gar nicht gelesen – dann mit gehörigem Widerwillen. Und in passiv-aggressivem Flüsterton. Geschadet hat mir das natürlich nicht. Aber ich kann mich an die Episode auch noch knapp 40 Jahre später erinnern. Das sagt schon einiges.

    The School Years

    Einen Vorteil hatte die Chose aber: Da ich mit Schreib- und Lesekenntnissen in die Schule kam, waren die ersten Jahre dort für mich ein Klacks. Mit so einem Vorsprung konnte ich mich gechillt auf den Vorschusslorbeeren ausruhen und bei wenig Arbeitsaufwand gute Ergebnisse einfahren. Und so kam es dann auch: Niederschriften, Aufsätze, Rechtschreibübungen – ich frühstückte sämtliche dieser Prüfungsformate und kam in der Regel mit fehlerlosen Ergebnissen nach Hause.

    Das hatte allerdings einen gewissen Preis: Der Prozess des Lesens und Schreibens hatte für mich nicht den Reiz des Neuen, den meine Klassenkameraden beim Erlernen dieser essenziellen Zauberkraft empfanden. Es gehörte für mich einfach dazu. Als Konsequenz sah ich keinerlei Notwendigkeit im Lesen und Schreiben besser zu werden. Ich las einfach nichts mehr. Bücher waren schick im Bücherregal, aber aus eigenem Antrieb ein anderes Buch als die in der Schule in die Hand nehmen? No way.

    Die Lektüren, die wir in der Schule lasen, taten ihr Übrigens mir das Lesen madig zu machen. Ich erinnere mich noch an Rokal, den Steinzeitjäger. Das Wirtshaus im Spessart (in der fünften Klasse!). Oder Hexen in der Stadt. Ich fand das alles ganz fad. Entsprechend plumpsten meine Noten in Deutsch irgendwann mal in halbgares Mittelmaß – vor allem, als es irgendwann in Richtung Sachtexte ging. Ohne Zeitungen oder Artikel zu lesen hatte ich schlichtweg keine Ahnung oder ein Gefühl dafür, was einen Sachtext lesenswert macht. Aber ich fand mich damit ab. Mehr als 3 wird es halt nicht mehr.

    The University Years

    Und so tippte ich meine ersten Seminararbeiten im Grundstudium auf gewohnte, uninspirierte Weise. Da dort vorrangig der Inhalt und nicht die Art der Verpackung zählte, waren die Noten dort immer ganz ordentlich. Was sich allerdings für mich komplett neu gestaltete, war der Weg zu einem solchen Schriftstück: Eine längere Zeit an einem Thema sitzen und für sich recherchieren, die Gedanken ordnen und durchdenken, bevor man auch nur eine Silbe geschrieben hatte, war für mich eine neue Erfahrung. Es reichte nicht mehr auf eine Initialthese spontan zu reagieren und in einem Korsett von 90 Minuten irgendein Schriftstück hinzuschneuzen, wie ich es aus der Schule kannte. Für ein gutes Ergebnis war eine entsprechende Vorarbeit notwendig. Zunächst nur inhaltlich. Später aber auch stilistisch. Aber das lernte ich vor allem bei einem meiner Nebenjobs im Studium.

    Von 2002 bis 2006 war ich Teilzeit – Mitglied einer Redaktion in München, die sich auf Videospiele spezialisiert hatte. Wer von den Zeitschriften Cube und 360 Live aus der Zeit noch Exemplare auf dem Dachboden liegen hat, hat vermutlich ein paar meiner Artikel gelesen.

    Meine echten Lehrjahre: Die des Videospielredakteurs
    Redaktionsmitglied

    Am Anfang waren das noch kleine Beiträge. Kleine Snippets und Previews von den neuen Titeln. Dann kamen Testberichte dazu. Und mit ihnen der innere Antrieb mehr und mehr am eigenen Stil zu feilen. Denn mit einem Lesepublikum im Rücken wollte man den Leuten auch Schreibstücke bieten, unter die man guten Gewissens seinen Namen setzen konnte, bevor sie in den Druck gingen. Der Durchbruch in dieser Hinsicht folgte bei mir automatisch, als ich Ende 2004 zu meinem assistant year nach England aufbrach. Tagsüber war ich Deutschlehrer an einer Schule in Lincoln, Lincolnshire und abends Redaktionsmitglied im Außendienst – wenn auch mit stark eingeschränkten technischen Möglichkeiten. Da in unserem Haus kein Breitbandanschluss vorhanden war (anno 2004 definitiv noch kein Standard), mussten wir die Telefonleitung für das Internet nutzen, die wie damals üblich im Minutentakt abrechnete. Entsprechend waren wir gezwungen unsere online Zeit optimal zu nutzen, um nicht am Monatsende beim Öffnen der Telefonrechnung aus den Latschen zu kippen. Großartige Online-Recherche war für mich damit kaum möglich.

    Stattdessen kaufte ich mir in den örtlichen Zeitschriftenhandlungen Publikationen der englischen Presse, die in Sachen Videospielen der deutschen damals schon um Meilen voraus war, und exzerpierte die Inhalte wie bei Seminararbeiten auf Papier. Seitenweise. Blätterweise. Ich versank in den Artikeln, die in einem für mich sehr erfrischenden Ton geschrieben war, den ich so noch nicht kannte: Informativ, hoch fundiert, aber dennoch immer in einem grund-frotzeligen Ton, stets unter leichter Missachtung von gängigen Regeln der Punkt- und Kommasetzung. Satzreihen wie diese hier, die keinen grammatikalisch akkuraten Hauptsatz aufweist. Einfach durch einen Punkt abbrechen? Darf man das? I guess they don’t care. And neither did I.

    Ich begann unbewusst diesen Stil auf mein eigenes Geschreibsel zu übertragen. Bekam ein Gefühl für Satzrhythmen und den Atem, den man für seine Sätze braucht, um einen Effekt zu erzielen. So etwas ging mir zunehmend besser von der Hand. Ich fühlte langsam, wann ein Satz zu kurz war. Wann zu lang. Und wann genau richtig. Das ging so weit, dass ich in Sätzen Worte gegen entsprechende Synonyme austauschte, die in ihrer Silbenanzahl divergierten, und so nach meinem Empfinden besser in den Rhythmus des Satzes passten. So wurden meine Artikel in der Genese immer komplexer und herausfordernder. Daher musste ich meine Arbeitsweise umstellen – und setze sämtliche meiner Artikel handschriftlich auf.

    So hatte ich das Gefühl näher am Text zu sein. Worte wurden nicht einfach nur getippt. Sie wurden geformt. Ein leeres Blatt Papier, ein Bleistift und ich. Und über allem mein aufkeimender Perfektionismus. Jeder Satz wurde auf die Stilwaage gelegt, bewertet – und erweitert, umgestellt oder mit rabiaten Bleistiftstrichen vom Papier gelöscht. Ich wünschte, ich hätte noch irgendwo einen alten Block in einer Schublade, in dem man die Genese eines solchen Artikels sehen kann. Für den Uneingeweihten sah das aus wie ein Din/A4-Fiebertraum. Für mich hingegen war dieses Geschmiere das lebendige Ergebnis eines Schöpfungsaktes. Und das merkte ich. Und mein Chefredakteur. Meine Artikel lasen sich in Deutschland spürbar flotter. Entsprechend bekam ich zunehmend größere Fische zum Berichten. Erst die News-Seiten (12 Seiten Text, die monatlich zu füllen waren!). Dann die Leserbriefe, in denen der bayerische Grundgrant so richtig zur Geltung kam. Dann folgten die Testberichte zu den monatlichen Toptiteln (bis heute mein Favorit: der Bericht zu Resident Evil 4 – da war ich stolz wie Bolle drauf). Und zum Schluss die Reportagen, die eine nicht enden wollende Bandbreite an Themen bot: Die Geschichte von Donkey Kong, ein Bericht über die furchtbarsten Versoftungen von Kinofilem auf heimischen Konsolen, eine Abhandlung über das Erfolgsgeheimnis von Nintendo, ein Artikel über die berühmtesten urban legends in der Videospielindustrie. Ich forschte mich durch alles, was man mir vorlegte. Und ich liebte es.

    Meine gesammelten Werke auf CD-Rom

    Wenn es etwas gegeben hat, was meinen Schreibstil maßgeblich geformt hat, dann sind das die erfüllenden Jahre im Redaktionsbüro Löwenstein am Tassiloplatz in München. Von den Erfahrungen zehre ich bis heute – im Unterricht, beim Schreiben von Tutorials beim ISB – und im Blog.

    Heute: Schreiben im Blog

    Am Anfang ist der Gedanke – und die voice to text Funktion am Smartphone, wenn die Inspiration zuschlägt. Denn ein Blatt Papier zum Skizzieren meiner Artikel würde an einem normalen Arbeitstag hoffnungslos in den Tiefen meiner Tasche verschwinden. Mein oftmals nur schemenhaftes Geschwafel landet als Text in Evernote, wo ich – genauso wie Susanne – von jedem meiner Geräte darauf zugreifen kann. In einer Freistunde am Tablet, in der Ubahn am Handy oder zuhause am Arbeits-PC. Meine Notizen sind alle in Evernote in einem Ordner abgelegt, wo sich Ideen, Bilder, Soundschnipsel oder Screenshots lose in einem Ordner tummeln, den ich völlig uninspiriert “Blog” betitelt habe.

    Hier geht jeder Artikel los

    Darin passiert die Arbeit, die ich früher mit einem Blatt Papier vollzogen hätte. Ich schreibe, ich lösche, ich lese. Ich tausche aus. Ich markiere. Ich formuliere aus, gliedere. Und wenn ich mit dem Ergebnis irgendwann mal zufrieden bin, schiebe ich das Ergebnis in einen neuen Ordner, wo sich meine “Endredaktion” befindet, die automatisiert alles Richtung Blog schiebt. Dies passiert mit Hilfe des Dienstes Zapier, der alle Evernote-Notizen, die in diesem Ordner landen als Artikel-Entwurf in WordPress abspeichert. Dort muss ich den Artikel nur noch mit endredigieren und mit einem Mausklick in die weite Welt schicken.

    Ta-Dah!

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    4.5
  • Allgemeines,  Alltag,  blog

    Runde 5 der Edublogparade 2024: Warum schreibe ich einen Blog?

    Vorbemerkung: Eine Reihe von bildungsaffinen Bloggern hat sich zum Ziel gesetzt, 2024 häufiger thematisch gemeinsam zu bloggen. Die Themenvorschläge werden an dieser Stelle gesammelt, alle Beiträge zum aktuellen Thema werden unter dem Beitrag gesammelt.

    Folge 5 der Edublogparade2024 geht ans Existenzielle. Zumindest für uns bloggende Lehrkräfte: “Warum schreibe ich einen Blog?” lautet die Frage. Und darüber sinniere ich. Wieder mal. Das Thema spukte mir schon vor ein paar Jahren im Kopf herum und brachte mich zu einem Artikel, der sich irgendwo in den Tiefen dieses Archiv verbirgt. Ich muss ihn nur suchen… (and for later: hier ist er übrigens). Ich lese das gute Stück allerdings erst, nachdem ich fertig bin – allein um zu sehen, ob sich was an meiner Grundmotivation geändert hat. Kann ja gut sein. Denn die digitale Welt hat das definitiv.

    Drei Dinge auf einmal: Neugier

    Am Anfang war es pure, ungezügelte Neugier am Ausprobieren. Anfang 2013 wurde ich im Netz zunehmend auf die Blogs von Lehrkräften in Deutschland aufmerksam. Als ich dann merkte, dass es sogar Lehrende aus Bayern gab, die sich auf diesem Format bewegten, war das Interesse geweckt. Als dann auch noch die Verquickung mit Twitter bei vielen Blogs auffiel, fing ich auch auf technischer Ebene Feuer.

    Drei Dinge auf einmal: Vernetzung

    Nach den ersten Schritten kam dann der nächste Grund ganz automatisch: Vernetzung. Mit Blog und Kurznachrichtendienst öffnete sich eine Tür in eine andere, viel größere Welt. Zum physikalischen Lehrerzimmer vor Ort kam ein digitales dazu. Und das war weiter, größer und bunter als alles, was ich bis dahin gekannt hatte. Im späteren Twitterlehrerzimmer tummelten sich alle Bundesländer, alle Fächer, alle Schularten. Und mit dem großen Blick über den Münchner Tellerrand in andere Kollegien bekam ich eine Tonne an Ideen, lange bevor sie bei uns an der Schule ankamen:

    Ich war der erste mit einem Tablet an der Schule. Bereits 2014 versuchte ich mich an einer kabellosen Verbindung nach Inspiration eines Artikels von Matthias Heil. Der Corona-Lockdown wurde durch den Ideenpool online Wochen vorher mit Alternativformaten kompensiert, bevor wir von Staatsseite Unterstützung durch Videotelefonie bekamen. Die Liebe zu Lernplattformen und digitale Übungsformate fing ausschließlich online Feuer. Und in das tolle Team, mit dem ich am ISB arbeiten darf, kam ich nur aufgrund meines Blogs, auf den man aufmerksam geworden war.

    Drei Dinge auf einmal: Kontemplation

    Für mich war der Blog immer eine tolle Möglichkeit, Sachen loszuwerden, die mich im Schulkontext beschäftigten. Positives wie auch Negatives. Dinge, die mir sonst den Schlaf rauben würden, kann ich im Blog ablegen, im internen Monolog mit mir bearbeiten, veröffentlichen – und mit etwas Glück habe ich am nächsten Tag auch ein paar Leser mit an Bord, die mit mir darüber in Dialog getreten sind. Ich kann ein paar Apps ausprobieren, einen Erfahrungsbericht dazu verfassen – und bestenfalls jemand dazu inspirieren selbiges zu tun. Ist das nicht großartig?

    Oh ganz vergessen: Spaß

    Den hätte ich fast vergessen. Der schwingt bei all dem natürlich mit. Der Austausch, das Entdecken, das Vernetzen ist existenziell für mich geworden. Und jeder Kenntnisgewinn über neue Methoden oder Tools fühlt sich an wie ein neues Tor zu eine neuen kleinen, coolen Welt. Und das ist bis heute so.

    Times are a-changing

    Diese vier Gründe halten meinen Blog bis heute am Laufen. Zugegeben, es ist ein leicht instabiles Gebäude, dieses Fundament. Der Alltag ist nämlich gerne mal ruppig und raubt einem dieser Pfeiler gerne mal den ihm gebührenden Platz. Denn auch nach Jahren Routine in der Schule selbst ist in Digitalien zwar gut was los, aber nicht immer Gutes:

    Die DSGVO führte vor ein paar Jahren zum Blog-Tod einiger gut gehender Angebote. Das Twitterlehrerzimmer ist zerfallen und in BlueLZ, thLZ, das Instalehrerzimmer und das FediLZ zerfleddert. Dadurch sind social media zunehmend im Bildungsbereich unterwegs und haben viele Leute dorthin abgezogen. Der Bedarf an long reads in Blogs ist den Kurzformaten in Form von 10 Sekunden-Stories und Kurznachrichten gewichen. Selbst Kommentare zu Blogartikeln haben sich vorrangig in die sozialen Medien verschoben. Sagen wir es, wie es ist: Blogs sind ein Boomer-Format geworden. Aber das ist ok für mich. Ich brauche Inhalte jenseits von POV-Videos, in denen Leute mit zweifelhaften schauspielerischen Talenten ihren Schulalltag nachstellen. Ich brauche was anderes als Leute, die auf Instagram vorrangig ihre Links zu ihrem kostenpflichtigen Lernmaterial an den Mann und die Frau bringen. Oder mit ihren Klassen Dance Challenges durchführen. Ich brauch das nicht. Ich bin zu alt dafür. Oder wie Roger Murtaugh aus Lethal Weapon sagen würde:

    I’m too old for this shit.

    Weitere Beiträge zum Thema auf den folgenden Blog:

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  • Allgemeines,  Alltag,  Unterricht

    Runde 4 der Edublogparade 2024: Lehrkräfte, die uns beeindruckt haben

    Es ist Zeit für Runde 4 der Edublogparade 2024. Das Thema: Lehrkräfte, die Teenager beeindrucken – jaja, sowas kommt vor. Und für jeden passiert das aus anderen Gründen. Die einen fahren durch ihr schieres Sachwissen Respekt ein, andere überzeugen durch ihre Art. Mein Exemplar hatte beides. Und auch wenn ich ihn nur kurz als Sprachenlehrer hatte, ist er mir bis heute in Erinnerung geblieben.

    Es ist 1996…

    Wir bekamen ihn in der zehnten Klasse in Englisch und Französisch (und wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, war er sogar unser Klassenlehrer) – oder besser gesagt: wir sollten ihn bekommen. Das Schuljahr ging nämlich ohne ihn los. Aus Krankheitsgründen fiel er bis zum Halbjahr aus. Die beiden Sprachenfächer übernahmen solange zwei Kolleginnen und Kollegen von ihm. Mit denen kamen wir durch die Bank gut aus. Das war aber auch kein Wunder: Wir galten als Klasse als insgesamt sehr verträglich. Und so startete das Jahr nach anfänglichem Durcheinander – ohne Klassenlehrer fehlt schon etwas die Richtung – ganz ok. Es gab die typischen Ups and Downs eines Schuljahres für eine Mittelstufe. Frankreichaustausch, erste Schulaufgaben, Klassenparties, Kontakt mit Alkohol, Tanzkurs. Die Routine eines Schuljahres ließ uns vergessen, dass wir in zwei Hauptfächern Ersatzlehrkräfte stecken hatten und uns der Klassenlehrer fehlte. Und dann kam das Halbjahr. Und mit ihm kam er.

    Er war eine echte Erscheinung. Groß, athletisch, dynamisch – und mit einem perfekten Sprachenakzent sowohl in Englisch als auch Französisch. Mich beeindruckte diese Authentizität von Anfang an. Und die legte er auch bei allem anderen an den Tag. Er verstellte sich nicht. In den 90ern, wo wir an unserem Kleinstadtgymnasium schon noch das eine oder andere biedere Exemplar an Unnahbarkeit am Pult sitzen hatten, pfiff er auf Distanz. Er ging von Anfang an auf Tuchfühlung und Nähe. Persönliche Geschichten von sich und seiner Familie gehörten für ihn zur Tagesordnung, ebenso wie das ständige Sprechen über unsere Hobbies und Freizeitaktivitäten – natürlich in der jeweiligen Fremdsprache. Sein Interesse wirkte nie geheuchelt. Es war echt. Und er nutzte es im Unterricht regelmäßig, um uns ins Geschehen reinzuziehen:

    Lektionstexte zu Jugendthemen, die uns zu aufgesetzt vorkamen, ließ er kurzerhand von uns umschreiben. Rezepte, die in unseren Lehrwerken abgedruckt waren, wurden konsequent nachgekocht und im Unterricht verzehrt und in Rezensionen bewertet. Musik und Filme, die uns bewegten, waren immer wieder Teil von Diskussionen. Unsere privaten Anliegen und Interessen waren immer wieder Teile von Aufgaben in Prüfungen, die er absichtlich einbaute und uns so das Gefühl gab ständig gehört zu werden.

    Aus heutiger Sicht mag das selbstverständlich klingen. Aber ich bin noch Teil einer Schülergeneration, in der man von manchen Lehrkräften ausschließlich mit Nachnamen angesprochen wurde. In der man Klassenarbeiten namentlich und nach Zensuren verteilte. Oder offensichtlicher Willkür oft schutzlos ausgeliefert war. Bei ihm war das nie Thema. Man hatte “Wohlfühlunterricht”. Es gab immer was geboten. Unvergessen die Stunde, als er beim Thema Bürgerrechtsbewegung unvermittelt auf das Lehrerpult stieg und Martin Luther Kings berühmte Rede auswendig aus dem Kopf vortrug. Komplett mit theaterreifer Gestik, Mimik und Betonung. Er hat uns einen waschechten Dead Poets’ Society-Moment beschert, den ich so nie wieder erlebt habe. Spätestens ab da hatte er uns gewonnen.

    Ein Jahr später

    Umso trauriger waren wir damals dann, als in der elften Klasse nur noch ein Teil von uns ihn in Französisch bekam. Die Klasse wurde in Französisch aufgeteilt. Wieso, wussten wir nicht. Meinereiner war bei einer anderen Lehrkraft im Unterricht. Auch dieser war nicht schlecht. Aber er war nun mal nicht so wie im letzten Jahr. Die Spuren, die er bei uns im Französischunterricht hinterlassen hatte, waren deutlich zu spüren – und es schmerzte, dass sie nicht vollständig ausgefüllt werden konnten. Er war einfach one of a kind. Und so haben wir ihn alle bis heute im Gedächtnis behalten. Auf den wenigen Abitreffen, auf denen wir uns zusammenfinden, fällt sein Name immer wieder. Wir reden über seinen aufregenden Unterricht. Über seine herzliche Art. Und dann auch über die große Leere, die er zurückließ, als er nicht mehr war.

    Das war in den Osterferien der elften Klasse, als er mit einem Teil von uns auf Schüleraustausch in die Vereinigten Staaten aufbrach. Und nie wieder zurückkehrte. Was in den Ostertagen damals tatsächlich passiert war, ist uns bis heute nicht hundertprozentig bekannt. Wir wurden in der Schule lediglich mit den Fakten konfrontiert: Suizid. Auf dem Schüleraustausch. Mich schaudert es heute noch, wenn ich an den Ausnahmezustand zurückdenke, in den uns dieses Wort schleuderte.

    Die Klassenkameraden und Begleitlehrkräfte kamen verfrüht und mit blassen Gesichtern zurück. Viele seiner Kolleginnen und Kollegen, die wir als Fels in der Brandung erlebten, brachen vor unseren Augen im Unterricht weinend zusammen oder rannten tränenüberströmt aus dem Klassenzimmer, wenn das Thema in Durchsagen zur Sprache kam. Es wurde auch absolut nicht im Unterricht bearbeitet. Auffangen durch gab es nicht. Keine Beratungslehrkraft oder Schulpsychologe trat in Erscheinung. Es gab nur uns und dieses explosive Bündel an giftigen Emotionen: Trauer, Hilflosigkeit, Wut, Fassungslosigkeit, Angst. Wie wir damit umgehen sollten, war uns überlassen: Sowohl dem Kollegium als auch uns.

    Ich weiß noch, dass wir als ehemalige Klasse seiner Familie einen langen Brief schreiben wollten. Andere hatten Pläne über eine Radiostation für ihn und seine Familie ein Lied zu spielen. Was daraus geworden ist, kann ich nicht mehr sagen. Das ist schon bald 30 Jahre her. Aber ich denke regelmäßig in der Oberstufe an ihn, wenn es beim Thema Civil Rights Movement um Martin Luther King geht – und ich wirklich jedes Mal darüber nachdenke, auf einen Tisch zu klettern und auswendig I have a dream an mein Publikum zu schmettern. Ich hab es noch nie durchgezogen. An Legenden reicht man halt einfach nie so richtig ran.

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    4.7
  • Allgemeines,  blog

    Runde 4 der Edublogparade 2024: Ein Pauker-Schlag

    Liebe Schreiberlinge,

    die Würfel sind gefallen, eine Entscheidung getroffen. Für Runde 4 unserer Edublogparade werfen wir einen Blick in unsere eigene Vergangenheit und auf diejenigen Lehrkräfte, die uns besonders im Gedächtnis geblieben sind. Das Thema ist absichtlich etwas offen gestellt, damit man die Beiträge in alle möglichen Richtungen lenken kann – positiv wie auch negativ. Denn auch Letzteres kann richtungsweisend werden und als Negativbeispiel herhalten – auf dass man es als Lehrkraft selbst exakt umgekehrt macht.

    Das Thema verspricht sehr spannend zu werden. Denn unter uns Edubloggern tummeln sich tolle Menschen mit den unterschiedlichsten Lebensläufen – und auch verschiedene Generationen, die uns mit ihren Geschichten in alle möglichen Jahrzehnte deutschen Schulsystems entführen werden – das bietet viel Stoff für haarsträubende Anekdoten 😊

    Startschuss ist ab jetzt. Bis zum 7. April könnt ihr eure Beiträge verfassen. Gebt mir Bescheid, sobald sie online sind, damit ich sie hier im Beitrag sammeln kann.

    Die bisherigen Beiträge

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  • Allgemeines

    Umfrage zu Runde 4 der Edublogparade 2024: Cast your vote!

    Auf ein Neues!

    Runde 4 der Edublogparade 2024 steht bevor. Und ich darf sie einleiten. Bzw. ihr. Ich würde nämlich das Thema mit eurer Hilfe abstimmen lassen. Fünf Themenvorschläge habe ich aus unserem Pool gefischt und mit Hilfe von Yop Poll zur Abstimmung gestellt. Wählt darunter euren Favoriten. Das meistgewählte wird nächsten Sonntag zum offiziellen vierten Thema erhoben. Los geht’s!

    This poll is no longer accepting votes

    Runde 4 der Edublogparade 2024: Welches Thema darf es denn sein?
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    Edublogparade – Folge 3

    Runde 3 der Edublogparade bringt wieder etwas Positivität auf den Tisch. Was den Lehrberuf attraktiv macht, ist das Thema. Mit dem Blick auf meine aktuellen Arbeitszeiten, die ich seit drei Wochen brav tracke, fällt mir es schwer, diese tatsächlich als Plus anzuführen. Es ist gerade entsetzlich viel los. So viel, dass ich nach Dienstschluss so gar nichts mehr machen möchte, was mit dem Thema Schule zu tun hat. Blogbeiträge meiner Online-Kolleginnen und Kollegen lese ich aus Zeitgründen seit Wochen nicht mehr. Es ist einfach viel. Zu viel. Und mit dem Eindruck bin ich nicht alleine. Man hört immer wieder, wie gestandene Kolleginnen und Kollegen meinen, aktuell könne man diesen Beruf dem Nachwuchs nicht mehr ruhigen Gewissens ans Herz legen. Von daher finde ich es ganz schön schwierig in dieser Runde eine gute Antwort zu finden. Denn auf der einen Seite gibt es die Anforderungen auf dem Papier, auf der anderen Seite die Sachzwänge der Realität, die immer wieder Improvisation oder schlimmstenfalls Kapitulation bedeuten. Lehrermangel, Krankheitsausfälle, fehlerhafte Technik, marode Schulgebäude, Burnout als buchstäbliche Berufskrankheit. Die Zeitungen sind voll davon. Was bringt der Lehrberuf also?

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    Im Moment leider gefühlt genau dieses.

     

     

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  • Allgemeines,  Alltag,  Unterricht

    EduBlogparade2024 – Runde 2: Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte?

    Disclaimer: Ich agiere bei dem folgenden Thema rein auf common sense. Ich weiß nicht mehr darüber als jeder normal sterbliche Lehrkörper, der seit Jahren ohne Arbeitszeiterfassung vor sich hin wurschtelt und es auch nicht anders kennt. Deswegen verzeihe man mir meine Blauäugigkeit bei dem Thema.

    Jan-Martin hat sich für Runde Zwei der Edublogparade2024 ein ganz besonderes heißes Eisen aus einer ohnehin heißen Vorauswahl des Bildungsrates von unten gefischt: Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte. Das Thema wabert ja schon seit geraumer Zeit durch die Medienlandschaft und mein Stand der Dinge war ja immer, dass das definitiv kommen soll, die KuK-Konferenz aber darauf noch sehr verhaltend reagiert. Aber man kläre mich gerne auf, wenn es anders sein sollte.
    Zu dem Thema gibt es tatsächlich sehr konträre Meinungen. Ich hab mir vorgenommen, die verschiedenen Beiträge der Edublogparade erst hinterher zu lesen, weil ich mir meinen Blutdruck nicht unnötig in die Höhe treiben möchte. Denn theoretisch kann ich mir ein solches System schon gut vorstellen. Theoretisch wohlgemerkt. Denn es hätte ein paar echte Vorteile auf der Hand.

     

    Theorie…

    • Transparenz nach außen: Für die Öffentlichkeitsdarstellung würde so ein System zum Teil mit dem Märchen des Halbtagsjobs aufräumen, das der Profession seit geraumer Zeit anhaftet. Kein Wunder, er ist nun mal ein Job außerhalb des üblichen nine-to-five Korsetts. Ob er durch so ein System zu einem wird, ist zu bezweifeln. Aber es könnte zu einer gewissen Normalisierung beitragen.
    • Transparenz nach innen: Wer arbeitet wirklich wieviel? Und wie lange? Dieses Thema erhitzt regelmäßig die Gemüter. Auch innerhalb eines Kollegiums. Eine Arbeitszeiterfassung könnte schnell Klarheit schaffen, wer über die Maßen arbeitet oder aber auch nur so tut als ob. Auf diese Weise ließe sich die Last gerechter auf den verschiedenen Schultern verteilen.
    • Prävention: Für Außenstehende selten einsehbar, für Eingeweihte Realität: Unser Job ist anstrengend. Er geht an die Substanz. Und gerne auch an unser Stundenkontingent. Korrekturen, Bürokratie, Elterngespräche, Vorbereitungen, Nachbereitungen, Elternabende, Fortbildungen, Projekttage, Exkursionen. Das frisst Zeit. Soviel Zeit, dass wir sie manchmal komplett aus den Augen verlieren. Ich selbst habe nur in zwei, drei Situationen zum Spaß mal die Zeit mitgezählt, um zu sehen, wie viele Stunden ich zu Hochzeiten in den Beruf versenke. Aber über einen längeren Zeitraum habe ich das nie verfolgt. Man schludert schnell beim Mitzählen, vergisst, und plötzlich lässt man es wieder. Man hat ja nichts davon. Hätte ich aber ein System gehabt, das mir suggeriert, dass Mehrarbeit in irgendeiner Art auch mal (ab-)gerechnet und wertgeschätzt wird, hätte ich an vielen Stellen mal den Stecker gezogen. Und ein Wochenende auch mal Wochenende sein lassen.

    … und Praxis

    Soweit die Theorie: Ich grüble aber tatsächlich angesichts der praktischen Umsetzung: Wie soll so ein System aussehen? Wären wir gezwungen, nur noch am Lehrerdienstgerät zu arbeiten, wo eine Software die Arbeitsstunden zählt. Erkennt sie, ob ich tatsächlich arbeite oder einfach dem Online Shopping fröne? Kann sie technisch unterscheiden zwischen Freizeit und Arbeitszeit? Und was zählt als Arbeitszeit? Wenn ich in den Laden gehe um Lektüren für die Klasse zu kaufen? Wenn ich eine Zusatzschulaufgabe erstelle, weil wieder zwei bei der Prüfung krank waren? Oder wenn ich in Warteschleifen festhänge, um die Zugverbindung für die Klassenfahrt und die dazugehörigen Tarife erfrage? Wie wird das gezählt? Wird das überhaupt gezählt? Zählen nachmittägliche Elterngespräche außerhalb der Sprechstunden, weil es oftmals nicht anders geht? Zählt Bürokratie wie das Erstellen und Abhaken von Listen, Ordnen von Klassenarbeiten für die Respizienz? Erhöhter Korrekturaufwand aufgrund größerer Kurse oder korrekturintensiveren Fächern? Was mache ich mit Klassenfahrten? Bin ich da per se von Aufstehen bis zur Bettruhe im Einsatz? Oder rund um die Uhr? Und was passiert bei Überstunden? Bekomme ich die ausgezahlt? Oder kann ich die ähnlich abfeiern wie in einem Bürojob? Wo würde dann Zeit ausfallen? Wohl nicht Unterricht, oder? Der Lehrplan geht ja trotz der Zusatzbemühungen fürs Klassenklima weiter.
    Je länger man drüber nachdenkt, desto mehr Fallstricke fallen auf. Es IST eben kein anderer Job wie jeder anderer.
    So, und jetzt ihr…
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    EduBlogparade 2024 – Runde 1 – eine Nachlese

    So, das war’s. Runde 1 der EduBlogparade 2024 ist mit dem heutigen Tage durch. Und was für eine Runde das war! Mehr als 20 Beiträge – teilweise sogar außerhalb der Lehrerbubble! – kamen zusammen und sind hier verlinkt. Viele tolle Gedanken von vielen tollen Menschen. Viel Euphorie, viel Mut, viel Einfallsreichtum… und auch ein bisschen Frust. Mein Beitrag z. B. bleibt vermutlich der grummligste, weil bei mir gerade etwas Unmut herrscht. Bzw. herrschte. Runde 1 zeigt mir, wie wertvoll Austausch ist. Dass das “mehr wir” – mein Motto des Jahres 2024 – gerade schon realisiert wird. Gemeinsam sprechen, sich austauschen, neue Einblicke erhalten, Interessantes übernehmen. Genau darum geht’s! Mehr wir! Und mit dem Wunsch stehe ich nicht alleine da.

    Nachlese: Mehr wir! Geht doch!

    Als sei es geplant gewesen, hat stand das Wochenende quer durch Deutschland unter diesem Motto. Überall gingen die Leute auf die Straße um gegen wachsenden Rechtsextremismus und Entgrenzung auf die Straße zu gehen – gegen genau die Dinge, die mir in meinem Artikel die Stimmung verhagelt haben: 35000 Leute in Hannover, 100000 in Hamburg, 70000 in Köln, 45000 in Bremen, 100000 in Berlin, 25000 in Freiburg, 70000 in Leipzig, 40000 in Frankfurt, 9000 in Erfurt. Kreuz und quer schossen aufgrund der Entwicklungen der letzten Wochen spontan Demonstrationen aus wie Pilze aus dem Boden. Die diffuse Unzufriedenheit der Leute war kanalisiert und mündete in eine kleine Massenbewegung, wie ich sie die letzten Jahre nicht mehr erlebt habe. Was ich heute in München gesehen habe, war gigantisch.

    Riesige Schlangen in der U-Bahn

    Am Marienplatz hatte sich vor den U-Bahnen 3km vor dem Startpunkt der Demo eine riesige Menschentraube gebildet. Die öffentlichen Verkehrsmittel waren dem Ansturm einfach nicht gewachsen. Wer nicht warten wollte und sich zu Fuß an die Oberfläche wagte, erkannte schnell das ganze Ausmaß der Demonstration: Das Siegestor in weiter Ferne, ein riesiger Menschenzug mit dem Ziel vor Augen, der nicht enden wollte.

    Beim Pfeil ist das Siegestor. Da müssten wir eigentlich hin…

    Ab dem Odeonsplatz ging dann gar nichts mehr. Die Leopoldstraße platzte vor Menschen mit Bannern, Kinderwägen und Fahnen. Über unseren Köpfe schwirrte in regelmäßigen Abständen der Hubschrauber des bayerischen Rundfunks, um sich ein Bild von der Situation zu machen – dass wir ca. 200000 Teilnehmer werden würden, erfuhren wir erst später. Ebenso von der Überforderung der Polizei. Nach nicht einmal 45 Minuten war die Demonstration so groß geworden, dass man für die Sicherheit der Leute nicht mehr garantiert konnte. Die Veranstaltung wurde abgebrochen und von der Polizei aufgelöst. Die Leute waren gelassen und ruhig. Keine wütenden Sprechchöre, keine eingeschlagenen Fensterscheiben, keine Personen, die an Galgen aufgeknüpft waren. Es war einfach eine gechillte Angelegenheit. Und trotzdem riss der Strom an Leuten nicht ab. Auch auf dem Rückweg kamen uns Tausende entgegen, die sich nichtsdestotrotz auf den Weg Richtung Siegestor gemacht hatten. Ich bin stolz auf München. Und stolz auf Deutschland, dass wir uns in dieser Masse auf die Hinterbeine gestellt haben. Und alles nur wegen einer Enthüllungsgeschichte von Correctiv.tv. Wäre die nicht geschehen, hätte es diese Erfolgsgeschichte nicht gegeben.

     

    Wie geht’s weiter?

    Wie es politisch weiter geht, schau mer mal. Aber bei der EduBlogparade bin ich recht sicher, was passiert: Runde 2 geht nächste Woche los. Ein Verantwortlicher, der sich mit Thema und den Randbedingungen befasst, ist noch zu finden. Aber wir haben ja noch eine Woche. Wer sich beteiligen möchte: Hier geht’s zur Aufstellung der Themen.

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  • Allgemeines,  blog

    EduBlogparade 2024 – 1. Runde

    Huch, das ging aber fix! Wir hatten uns noch gar nicht auf eine offizielle Ankündigung zu unserer anstehenden EduBlogparade verständigt, und schon sind die ersten Artikel online und verlinkt. Damit das aber nun keine Geheimoperation einer verschworenen Gemeinde bleibt, wollen wir das entsprechend groß in die Welt hinaustragen. Daher erfolgt hier nun offiziell eine herzliche Einladung zu unserer EduBlogparade 2024, die wir dieses Jahr installieren möchten (Warum, steht hier). Der Themenpool dazu ist auf einem zumpad für jedermann zur Einsicht hinterlegt. Neue Themen dürfen dort jederzeit angelegt werden.

    Für jede Runde der Blogparade einigen wir uns auf ein Thema und laden alle Bloggenden (auch gerne außerhalb der Lehrerbubble!) ein, hierzu einen Artikel zu verfassen und zu einer festgelegten Deadline online zu stellen. Für unsere erste Runde haben wir uns auf die folgenden hard facts geeinigt:

    EduBlogparade 2024 – 1. Runde

    Thema: Mein (schulisches) Motto für 2024

    Starttermin: Sonntag, 7.1.

    Deadline: 21.1.

    Vorgehen

    Verfasst zu obigem Thema bis spätestens 21. Januar einen Artikel und veröffentlicht ihn auf eurem Blog. Das ist die einzige Vorgabe. Alles andere habt ihr in der Hand: Textform, Umfang, Gestaltung – alles ist möglich. Nur keine Scheu! Sobald euer Werk “druckfrisch” und gepostet ist, lasst es mich einfach wissen (am besten über Verlinkung im Artikel, weil ich dann hier im Blog automatisch einen Hinweis erhalte), damit ich es hier an Ort und Stelle verlinken kann. Auf diese Weise haben wir direkt unter dem Oberthema eine hübsche Zusammenstellung, durch die man nach Belieben schmökern kann. Auf diese Weise lässt sich vielleicht auch die eine oder andere Blog-Entdeckung machen.

    Folgende Schreiberlinge haben schon ihre Artikel hochgeladen:

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