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    Vom alten Schlag

    In einem seiner aktuellen Posts beklagt Hokeys das Aussterben von Lehrerblogs. Der Trend gehe seit Langem schon klar in die Social Media-Richtung, wo mit ein paar Handgriffen deutlich mehr Klicks und Likes zu erhalten sind als in einem separaten Blog. Ich beobachte das Phänomen schon seit geraumer Zeit. Und bin streckenweise auch sehr am Hadern, weil alleine das Organisieren von Blogs und das Lesen der Artikel einfach deutlich mehr Zeit in Anspruch nimmt als ein News Feed in einem sozialen Netzwerk, wo sich neue Postings von Kollegen mit anderen von meinen Followern nahtlos aneinanderreihen. Wozu sich also den Stress machen?

    • Das Schreiben ist für mich in Blogform deutlich angenehmer als in einem Netzwerk, wo ich mich oft so kurz fassen muss, dass der Spirit eines Artikels im Diktat der Zeichenbeschränkung und des Hashtag-Overkill einfach verloren geht. 280 Zeichen bei Twitter reichen höchstens für Anekdoten. Threads, die über mehrere Posts gehen, empfinde ich als sehr umständlich und meide sie als aktiver Leser, wo es geht. Instagram kapiere ich bis heute nicht so wirklich. Die Bildlastigkeit der Plattform macht es schwer, tatsächlich etwas Schriftlich zu hinterlassen, was Bedeutung hat. Da jeder Post ein Bild oder Video/Reel als Ausgangspunkt hat, wäre ich einen Großteil der Zeit damit beschäftigt, ein passendes Motiv für mein Geschreibsel zu finden, das dann traurig darunter in der Beschreibung eingepfercht darunter ein Schattendasein führt. Text ist hier einfach eine Fußnote. Und das lässt die Plattform einen permanent spüren.
    • Bloggen ist zeitraubend. Aber es entspannt mich ungemein. Es hilft mir beim Ordnen der Gedanken, bringt mich am Ende eines langen Tages runter. Und mit etwas Glück kommt ein Artikel raus, den ich und andere gut finden. Bei den sozialen Netzwerken fühlt sich das Posten hingegen ganz anders an. Viele Accounts setzen viel mehr auf den Spur-of-a-moment. Posten um gesehen zu werden. Denn Masse erhöht die Sichtbarkeit, generiert Follower, generiert Likes. Ich sehe dort endlos Leute, die gedankenverloren in einen imaginären Horizont blicken, sich von Filtern verbiegen lassen, brutzelnde Pfannen filmen oder random durch Bücher oder Comics blättern. Für solche Netzwerke Standard, fürs Bloggen aber zu seicht. Blogging bedeutet auch Selektion. Und konzentrieren auf das, was man als relevant erachtet.
    • Ein Blog ist noch deutlich mehr Handarbeit. Aber er bietet riesige Möglichkeiten zur Individualisierung: Vom Theme, zum Header, den Fonts, dem Layout der Beiträge, der Plugins, bis hin zur Gestaltung und Organisation der Menüs ist alles möglich. Diese gestalterische Freiheit habe ich noch nirgendwo anders gesehen.

    Das soll jetzt nicht ein Rant gegen soziale Netzwerke sein. Auch sie haben ihre Daseinsberechtigung und sind für viele Kolleg*innen unverzichtbar geworden. Aber ich nutze sie persönlich maximal als Inspirationsquelle beim Durchscrollen, aber auch nicht mehr. Wie eine Werbeanzeige, die man beim Einkaufen passiert. Registriert, vielleicht mal stehen geblieben, aber dann auch gleich weiter gegangen. Tiefgängigeres würde ich mir ungern in Form eines Posts auf Instagram anschauen. Das will ich in einer ruhigen Umgebung nachlesen. Frei von Posts aus einem Feed von anderen Nutzern. Nur der Text und ich. Und das klappte bei mir alten Mann schon immer am besten. 😎

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  • Allgemeines,  Alltag,  blog

    Wie hältst du’s mit den Blogs?

    Jetzt mal Butter bei die Fische (und wenn der Bayer beginnt, norddeutsche Wendungen zu nutzen, wird’s ernst): Bezüglich Blogs habe ich echt ein Zeitproblem. Den meinigen befülle ich auch nach Jahren mehr oder weniger regelmäßig mit Beiträgen. Aber beim Nachlesen bei meinen Blogkollegen komme ich irgendwie gar nicht hinterher. Ich finde weder Zeit noch Ort, im Tagesablauf mal über den digitalen Tellerrand zu schauen, um zu erfahren, was denn die anderen im digitalen Kollegium so treiben. Und das ist sehr schade. Von daher wäre ich um ein paar konkrete Tipps dankbar:

    • Wie organisiert ihr eure Bloglisten?
    • Wann lest ihr?
    • Wo lest ihr?
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  • Allgemeines,  blog,  Unterricht

    Jubiläum

    Weeeeeee… Confetti

    Wie mir Twitter dieser Tage stolz verkündete, habe ich dort jüngst mein Achtjähriges gefeiert. Und genauso alt dürfte mein Blog sein. Zeit für eine kleine Retrospektive. Aber nur eine ganz kleine. Wir haben ja nicht den ganzen Tag Zeit.

    Am Anfang war mein Wort

    2013 war meine Unterrichtsvorbereitung noch stark geprägt von dem Vorgehen, wie ich es im Referendariat erlernt hatte: Jede einzelne Stunde war mit sämtlichen dazugehörigen Materialien in einem Ordner abgeheftet und in einer Klarsichthülle verstaut. Jedes Arbeitsblatt war darin in Papierform zu finden sowie auf Folie, um sie bei Bedarf an den überall im Schulhaus vorhandenen OHPs im Klassenzimmer ausfüllen zu können… und sich nebenbei die Finger mit Folienstiften zu versauen. Audiodateien waren auf CDs gebrannt. Den zum Abspielen nötigen CD-Player trug ich munter durch das Schulhaus. Klingt nach heutiger Sicht ziemlich umständlich. Aber man war es nicht anders gewöhnt. Sich alles auf ein Tablet zu laden und damit durch die Lande zu ziehen – das kannte ich bis dato noch gar nicht. Vermisste ich aber auch nicht. Wie auch, wenn man es vorher nicht kannte…

    Auf Blogs bin ich damals nur eher zufällig gestoßen. Auf einer Suche nach Inspiration zu meinem ersten Seminar in der Oberstufe stieß ich damals auf einen Leistungskurs-Blog von Peter Ringeisen – und war schnell begeistert. So viel möglich. So viel online. Und dann noch in bayerischen Landen. Das war zu schön, um wahr zu sein! Von dort klickte ich mich durch die Linklisten und kam so in die Welt der Lehrerblogs. Viele der virtuellen Lehrenden, die damals noch aktiv waren, sind mittlerweile leider verstummt. Frau Henner zum Beispiel, die ich immer gern gelesen habe. Oder aber auch Frollein Rot, die über viele Jahre die schönsten Schulanekdoten zum Besten gab. Aber es gab auch damals schon die Stars, die bis heute aktiv sind. Bob Blume hatte jüngst angefangen, Jan-Martin Klinge war schon seit Jahren dabei. Ebenso Herr Rau. Und irgendwann war klar: Das wollte ich auch. Schnell war WordPress aufgesetzt und ein erster Artikel geschrieben. Der Rest lief von ganz von alleine.

    Lehrerzimmer 2.0

    Das Thema Twitterlehrerzimmer, in dem sich ein digitales Kollegium tummelte, lag damals noch in weiter Ferne. Man erklickte sich sein eigenes Wirkungsuniversum und die Leute darin: Im EdchatDE organisierten Torsten Larbig und André Spang jeden Dienstag den ersten, mir bekannten digitalen Lehrerchat über den eigenen Tellerrand hinaus. Herr Rau verfrachtete die bekanntesten Lehrkräfte und ihre Blogs in ein virtuelles Sammelkarten-Set und sorgte so sowohl für Erheiterung als auch Ausweitung des PLN. Bob Blume erfand mit Twanalog ein Brieffreundschaftsprojekt 2.0 für die über Twitter vernetzten Lehrer. Und ich nahm an allem sehr gerne teil.

    Für mich selbst stand damals allerdings die Blogpflege an erster Stelle. Jeder Kommentar zu einem meiner Artikel war eine kleine Party. Wildfremde Leute aus irgendwelchen Regionen der Republik, die zu meinem Geschreibsel ihren Senf gaben – Awesome! Und so revanchierte man sich mit Gegenkommentaren und diskutierte vorrangig  eher auf den Blogs selbst als sich in den sozialen Medien zu verewigen, in denen die Artikel verlinkt sind – eine Entwicklung, die ich bis heute bedauere. So war der Kontakt noch eine Spur persönlicher, die Reaktion ein Quäntchen unmittelbarer. Man kam besser ins Gespräch. Sei’s drum, der Kontakt selbst stand im Zentrum und eröffnete zahllose neue Türen: Und ehe man sich’s versah, lief man sich im wahren Leben auf einer Fortbildung in die Arme, traf sich beim Umsteigen in einen Zug mal eben auf einen Kaffee, fand sich bei einem seiner Follower urplötzlich in einer Fortbildung. Oder endete selbst als Referent in einer Fortbildung, die man ohne die entsprechende Expertise aus der Kombination Twitter/Blog so nie angeboten hätte.

    Wozu nun diese Retrospektive? Nun für mich zunächst vorrangig als Erinnerung an all die tollen Erfahrungen und Erlebnisse, die ich aus dieser Mehr-als-Hobby-Aktivität ziehe. Und für den einen oder anderen interessierten Leser als Aufforderung, das auch mal auszuprobieren. Man kann nur gewinnen.

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    Mal wieder Zeit für eine #lernparade

    Noch vor ein paar Tagen war ich es noch selbst, der in Erinnerungen schwelgte, als er beim Aufräumen im Blog eine alte Blogparade fand. Anfang November ist es Bob Blume, der aus einem ähnlichen Gefühl heraus die alten Zeiten wieder aufleben lässt und mit dem Thema Zeitgemäße Bildung konkret einen Appell an alle Blog-Lehrer richtet, dem ich gerne nachkommen will. Abhängig davon, ob ich jetzt meine Englisch oder Lateinfakultas ins Zentrum stelle, kann ich mir bei dem Thema die Antwort besonders leicht (wer würde denn an Unzeitgemäßheit des Englischen zweifeln?) oder schwer machen. Spaßeshalber entscheide ich mich für letzteres. Denn wie man Lateinunterricht zeitgemäß gestaltet, ist für viele ein Kuriosum, das vielleicht nicht einleuchtet. Und ein bisschen stimmt’s ja auch: Denn obwohl ich mir der Möglichkeiten bewusst bin, die Mebis, H5P und eine Handvoll preisgekrönter Apps im Unterricht bringen können, muss ich zugeben, dass ich all das in Latein deutlich sparsamer einsetze als im Englischunterricht. Nicht nur weil die Zielsetzung im Lateinunterricht eine andere ist. Sondern auch – und das mag im ersten Moment komisch klingen – weil die Texte auch noch 2000 Jahre später modern sind wie eh und je. Here me out:
    Wir befinden uns 2019 in einem sonderbaren Zustand, an den ich vor 4-5 Jahren noch nicht geglaubt hätte. Es ist eine Zeit, in der die erwiesene Tatsache nicht mehr den einst unumstößlichen Anspruch auf Wahrheit in sich birgt. Es ist eine Zeit, in der alternative Fakten existieren. Und in denen gerne der Recht bekommt, der am lautesten brüllt. Eine Zeit, in der Leute in hohen Positionen stehen und die Verantwortung über Millionen von Leuten innehaben, und doch vorrangig erstmal an sich selbst denken. Eine Zeit, in der es chic geworden ist, über Leute anderer Meinung/ Hautfarbe/ Sexualität/ politischer Gesinnung in einem Sprachduktus herzuziehen, der jeglicher Empathie entbehrt. Eine Zeit des Wegsehens. Eine Zeit des Ignorieren und Geschehenlassens.
    Wir alle sind Teil dieses Diskurses unserer Zeit. Wir sind umgeben davon, wir atmen ihn, lassen uns zunehmend davon einnehmen… und gewöhnen uns daran. Die schiere Flut an Misinformation und alltäglichen Kruditäten macht uns mürbe. Stumpft uns ab. Verzerrt die Sicht. Man weiß gar nicht, worüber man sich am ehesten aufregen soll. Über hämische Begriffe wie Asyltourismus? Über den berühmten Vogelschiss? Über Sharpiegate? Über Brexit? Über “lieber gar nicht regieren als schlecht” [und sich dann über die Unfähigkeit der einer Regierung echauffieren]? Die Anzahl der Entgleisungen will gar kein Ende nehmen und zermürbt. Dabei wäre eine klare Sicht auf die Dinge so wichtig. Die wird aber zunehmend erschwert, weil wir Teil davon sind. Wir sind emotional und kulturell in diese unschönen Momente involviert, denen wir nicht entfliehen können und verlieren so zunehmend den klärenden Blick fürs Wesentliche. Daran wird Latein gewiss nichts ändern können. Oder vielleicht doch? Denn ich behaupte, dass die alten Texte, mit denen wir seit Generationen die Schülerschaft beehren, einen großen Vorteil in sich bergen, den es in vielen Fächern oft nicht gibt. Und der mag im ersten Moment seltsam klingen: Sie haben scheinbar nichts mehr mit uns zu tun. Und das ist gut so. Denn so stehen wir olympisch über den Geschehnissen in den Werken eines Caesar, eines Seneca, eines Cicero oder Catull und gehen aufgrund der zeitlichen Distanz mit den Texten recht unvoreingenommen um – zumindest bis wir sie uns zu nutze machen, um von dieser Warte aus in unsere Jetztzeit zu schielen. Und das klappt mit etwas Hilfe von der Lehrkraft erstaunlich gut.

    Schauen wir uns nur mal Caesars Bellum Gallicum an. Was für ein geniales Propaganda-Werkzeug! Man muss sich das mal durch den Kopf gehen lassen: Da verfasst ein damals führender Politiker ein Werk, um sich und seine Taten vor der Leserschaft zu rechtfertigen (Korruption, Rechtsbrüche, abruptes Abwandern nach Gallien inmitten von Unruhen in Rom, Kriegsführung angeblich zur reinen Bereicherung) und wendet dabei einen Spitzenkniff an: Anstatt eine bloße Verteidigungsschrift vorzulegen, die inhaltlich und stilistisch lediglich in den alten Kesseln rührt und die Zuhörer mit abgedroschenen Phrasen langweilt, bemüht er kurzerhand ein völlig unerwartetes Genre, das damit nach außen hin überhaupt nichts zu tun hat. Den commentarius. Dieser ist ursprünglich nichts anderes als eine schmucklose Aufzeichnung von Beamten. Ein Tätigkeitenbericht. Und genau so kommt de bello Gallico im ersten Moment daher. So lernte man es zumindest noch zu meiner Zeit. Der begrenzte Wortschatz, die endlose Aufzählung von Völkern und Stämmen, die sich in Gallien gegenseitig eins auf die Mütze geben, Caesars taktisches Eingreifen, der die Kämpfe oft im Keim erstickt. All das ist fein säuberlich aufgezeichnet. Aber der Schein trügt. Das Werk ist so viel mehr. Man darf nie vergessen: De bello Gallico bleibt trotzdem eine Verteidigungsschrift für Cäsars Vorgehen, aber sie kommt in völlig anderem Gewand daher. Wie eine gigantische Dokumentation, die in nüchternem, unaufgeregten Latein verfasst ist: Eine scheinbar neutrale Beschreibung über Land und Leute einer Gegend, von der der Leser bisher noch nichts vorher wusste. Edutainment, das für den Leser die damals unbekannte Faktenlage in knappen Worten zusammenfasst und Zusammenhänge erschließt. Und das alles in der dritten Person. Die handelnden Personen reden zu 95% in indirekter Rede, selbst Caesar – und das ist der genialste Kniff – verfällt als agierender Charakter kein einziges Mal ins Ich. Und das wo er sowohl Autor als auch handelnde Persona seines eigenen Werkes ist. Die Wirkung dieses Zusammenspiels der einzelnen Elemente ist enorm. Das Werk gibt den Anschein einer hervorragend recherchierten Reportage. Alles liest sich logisch, alles fundiert. Caesars Beweggründe, die Helvetier zu bekämpfen, leuchten völlig ein. So wie es dargestellt ist, existiert überhaupt kein Zweifel daran, dass er inmitten von politischen Wirren in Rom nach Gallien aufgebrochen ist. Man lässt sich vom Stil vollkommen einlullen, der in seiner Nüchternheit eine Faktenlage schafft, die keinen Platz für Diskussion lässt. Dass man hier eine Propagandaschrift vor sich liegen hat, fällt gar nicht auf. Caesar und der Leser begeben sich im Dialog in eine eigene Filterbubble, in der es keine Widerrede gibt. Wie auch, wenn sein Werk das einzige bleibt, das über den gallischen Krieg berichtet?
    Eine Spur brachialer geht eigentlich nur noch Augustus vor. Er braucht diese ganzen literarischen Schnickschnack nicht, um sich zu rechtfertigen. Der Personenkult, den er mit seinem Prinzipat um sich aufbaut, lässt jeglichen Widerspruch verstummen. Seine Taten und Erfolge, die er unter seiner Herrschaft für sich und für allem für das römische Volk erringt, sprechen für sich. Er stilisiert sich mithilfe eines gigantischen Propagandaapparates zu einer Ikone, die andere Autoren für sich instrumentalisiert. Er ist sich allerdings auch nicht zu schade ist, selbst Hand anzulegen. Seine res gestae sind ein eigens von ihm verfasster Tatenbericht über seine Herrschaft. Und dieser biegt sich gerne die Fakten etwas zurecht: Er glorifiziert sich und sein hartes Durchgreifen gegen die Cäsarmörder, indem er sie als eine Meute bezeichnet, qui parentem meum trucidaverunt. Cäsar als Augustus’ parens zu benennen, ist gewagt (zum es mal vorsichtig auszudrücken), da die beiden niemals eine echte Verwandschaft verbunden hat. Augustus wurde lediglich adoptiert. Parens spielt aber von der Bedeutung ganz eindeutig auf eine biologische Verwandtschaft an, immerhin ist das Wort etymologisch von parere abgeleitet. Der Ausdruck pater wäre hier definitiv passender gewesen. Und den hätte Augustus definitiv wählen können. Wenn er es denn gewollt hätte. Derartige Unschärfen finden sich reihenweise in den res gestae. So wird der Kampf gegen die Cäsarmörder mit einem knappen Hinweis auf eine Doppelschlacht en passant abgetan (bis acie vici).Dass er in der ersten dieser beiden Schlachten fast geschlagen worden war, bleibt unerwähnt. So geht es über viele Passagen weiter. Viele echte Fakten, gemischt mit der einen oder anderen alternativen Ansicht, die millionenfach in sämtlichen Ecken des Reiches publiziert wurden. Augustus ließ sein Werk retweeten – sogar zweisprachig für maximale Reichweite! – , es wurde millionenfach kopiert. Augustus’ dunkle Seiten blieben darin wie auch anderen Werken seiner Zeit unerwähnt. Erst die Nachfolge-Generationen an Schriftstellern wie Sueton oder Tacitus äußern herbe Kritik an dem Herrscher, der nicht nur geliebt, sondern wohl auch gerne gefürchtet war.

    Wie können solche Texte, die mit medialer Selbstdarstellung und -inszenierung auf maximale Wirkung aus sind, und deren Entlarvung mit Hilfe dessen, was wir heutzutage als Media Literacy bezeichnen, jemals aus der Mode sein? Erleben wir nicht exakt dasselbe auf genau dieselbe Art? Inhalte werden kreiert, bauschen sich in eigenen Echo-Kammern auf, werden ohne weiteres Hinterfragen millionenfach geteilt. Das Infragestellen geschieht selten. Dabei ist es genau dieser Schritt, der hilft, die großen Worthülsen zu entzaubern. Und wenn man die Kinder hierbei selbständig auf die Suche schickt, leistet die jüngste Generation eigenhändig einen wichtigen Beitrag dazu. Wie Junior-Jornalisten, die sich auf Basis der Texte auf die Suche nach der Wahrheit machen. Man muss ihnen nur Möglichkeiten dazu schaffen. Hier mal ein paar Denkanstöße für den Unterricht:

    • Erstellen eines Erklärvideos zur Topographie Galliens mithilfe von Cäsars Beschreibung. Wieviel müssen die Schüler beim Erstellen an der Fassung Cäsars ändern, um die Bilder mit der Beschreibung gleichlaufen zu lassen? (Ergebnis: Alles ist sehr akkurat. Keine Änderungen nötig)
    • Übertragung eines Dialogs in indirekter Rede bei Cäsar in direkte Rede (z. B. in Form eines fiktiven [Audio] Interviews) mit anschließender Untersuchung der Leserwirkung
    • Die Darstellung des Redepaares Divico und Cäsar und Herausarbeitung der narrativen Beeinflussung in BG 1.12-1.14
    • Vergleich der Darstellung fremder Völker in Cäsars Gallien- bzw. Germanienexkurs im Vergleich mit geeignetem modernen Forschungsmaterial (Bücher, Reportagen, Filme, Online-Quellen, Videos) und Herausarbeitung der Unterschiede
    • Untersuchung der Berichte von Caesars Ermordung bei Plutarch, Sueton, Cassius Dio im Vergleich mit der Filmszene aus der Serie Rom und Herausarbeiten der Unterschiede unter Berücksichtigung des Adressatenbezugs
    • Rechercheprojekt zu Augustus’ Propagandamethoden und Vergleich mit heutigen Prozessen
    • Personenkult damals und heute
    • Moderne Übertragung von Augustus’ Propagandamaschinerie mit Hilfe moderner Medien (Twitter) in die Jetztzeit
    • Erforschung der Sprache des Augustus unter sprachetymologischen Gesichtspunkten und Herausarbeitung ihrer Leserwirkung
    • Untersuchung diverser Propaganda-Dokumente der Antike mithilfe von Image Hotspots in H5P und Vergleich mit modernem Material

    Natürlich könnte man die Frage stellen, warum man sich für derartige Projekte und Arbeitsaufträge denn unbedingt durch die Fluten an lateinischen Texten arbeiten muss. Reicht denn nicht eine Übersetzung, mit der man deutlich schneller vorankäme? Klar kann man das, aber ein übersetzter Text ist immer bereits ein Stück Interpretationsautor durch jemand Dritten. Und wollen wir die Leute nicht dazu erziehen, nicht alles vorserviert zu bekommen und selbständig auf die Suche nach der Wahrheit zu gehen? Denn die ist irgendwo da draußen. Und das Auffinden ist heute schwieriger denn je. 

    Seht ihr das anders? Kommentiert und diskutiert mit mir.

     

     

     

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  • Allgemeines,  blog,  Uncategorized

    Aus der Auszeit 2

    Es ist schon erstaunlich, wie sehr die Landschaft der Lehrerblogger und im Twitterlehrerzimmer ändert, wenn man erst einmal ein paar Monate draußen ist. Dank DSGVO hatte sich einiges geändert. Viele der bloggenden KollegInnen waren plötzlich verschwunden (RIP Frau Henner). Andere hatten ihre heiligen Hallen auf privat gestellt. Die, die geblieben waren, hatten ihren Blog oft zur Unkenntlichkeit verändert: Widgets waren verschwunden, Videos durch selbstgehostete Screenshots ersetzt, die Kommentarfunktion oftmals komplett entfernt. Vor allem Letzteres war für mich traurig zu sehen, da ich die Kommunikation zwischen Lesern und Autor immer als tolle Möglichkeit der Partzipation bewunderte, die Twitter nur in sehr komprimierter Form erlaubt (deswegen immer mein Zusatz bei Blog-Tweets Kommentare bitte im Blog zu posten und nicht bei Twitter, wo sie im Walhalla der Billionen Tweets irgendwann verloren gehen). Die ganz Radikalen hatten den alten Blog komplett gelöscht und durch einen neuen ersetzt, der komplett bei 0 anfing: Frei von Widgets, frei von alten Beiträgen, frei von Kommentaren, frei von Gravataren, Emojis, Embedded Content, Google Fonts – oft leider auf Kosten der Optik, but that’s the price to pay…
    Ich wollte keine dieser Möglichkeiten. Und entschied mich damit wohl für den schwersten Weg, das Alte zu einem Großteil zu bewahren und in den neuen Blog überzuführen. Schwer, weil man nicht nur sein bloggendes Ich der Zukunft künftig neubewertet, sondern auch das der Vergangenheit. Schwer aber auch, weil man sich erstmal wieder einfinden muss. Dass man nach eineinhalb Jahren so flockig weiter machen kann wie vor dem Cut, war ein Trugschluss. Auch in der Version 2.0 fängt man wieder mit einigem von vorne an. Zum Beispiel bei den Followern, die man wieder einfangen muss. Im Twitterlehrerzimmer, wo der Ton gerne mal etwas rauer geworden ist. Aber auch bei sich selber, da das selbstgehostete Heim viele Freiheiten bietet, in denen man sich gerne mal verliert. Es kann daher sein, dass der Blog in Details immer mal wieder etwas anders aussehen wird, weil ich etwas herumexperimentiere. Wird spannend. Ich hoffe, für beide Seiten.

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  • Alltag,  blog,  Technik

    Beitragsparade der #edupnx

    Die Bildungspunks haben mal wieder zu einer Beitragsparade aufgerufen. Und ich folge dem Aufruf gerne, weil ich mich mit der Themenstellung selber schon auseinander gesetzt habe. Das Thema Twitter hat mich in den letzten fünf Jahren weiter gebracht als jede andere Fortbildung, die ich in der Zeit besucht habe. Der Input, den ich über vernetzte Lehreraccounts reinbekomme ist enorm. So enorm, dass man beizeiten sehr überwältigt ist und überhaupt keine Ahnung hat, wie man die digitale Informationsflut bewältigen soll. Und schnell weicht der anfänglichen Euphorie ein Gefühl der Ohnmacht. Um aus der wieder herauszufinden und Herr über das Chaos der Bits und Bytes auf Twitter wird, habe ich mir zwei Verfahren zunutze gemacht:

    • Kurze Tweets, Bilder, Statistiken oder ähnliches Material bei Twitter, das ohne Verlinkung auskommt und in sich schon erwähnenswert ist, speichere ich kurzerhand als Screenshot, die auf dem Smartphone in einem Standardverzeichnis abgelegt werden (bei mir – oh Wunder – \Screenshots). Dieses Verzeichnis ist über Dropsync und Dropbox mit dem Dienst Zapier synchronisiert, das mir jeden Screenshot, der neu in dem Verzeichnis landet, in ein vordefiniertes Notizbuch in Evernote kopiert. Quasi als Best-of-Twitter Verzeichnis, auf das ich von überall her über Evernote Zugriff habe. Schematisch sieht das Vorgehen ungefähr so aus (mehr dazu, und warum ich für diese Automatisierung nicht IFTTT nehme, lest ihr hier).


    • Tweets, die Links zu größeren Artikeln oder Videos haben, finden über einen anderen Umweg ihren Platz in Evernote: Nämlich über den bekannten Webclipper: Dieser ist darauf programmiert, beim Speichern von Seiten und Artikeln einen Großteil des webtypischen Firlefanz wegzulassen, sodass am Ende eigentlich nur der Fließtext mitsamt Bildmaterial zum Lesen übrig bleibt. Sieht damit fast schon wie eine Zeitung aus. Auch dieses Verzeichnis ist über Evernote ständig bei mir, sodass ich darin schmökern kann, wann immer ich Zeit und Lust habe.

      der Web Clipper von Evernote ist immer noch ein kleines, aber super nützliches Tool

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  • Allgemeines,  blog,  Pädagogik,  Prüfungen,  Unterricht

    Die Hand-aufs-Herz-Blogparade

    Wenn ich mich an mein Referendariat zurückerinnere, gab es vor einer Lehrprobe immer diesen einen Moment, bei dem ich mich immer etwas schmutzig fühlte: Den schriftlichen Entwurf. Vor allem ein Kapitel war immer eine besonders heikle Angelegenheit: Die Beschreibung der Lerngruppe. Hier galt es, die Klasse, ihre Leistung und ihre Dynamik zueinander zu beschreiben – und natürlich auch das Verhältnis zum Lehrer, der da vorne am Pult steht. Als Junglehrer vor einer pubertären Klasse zu bestehen – das war nicht immer ein klebrig-süßes Zuckerschlecken. Vor allem als Referendar vor Kindern, die wussten, dass man in vier Monaten wieder irgendwo anders in bayerischen Landen unterrichten würde, und daher gerne ausprobieren wollten, wie weit man bei der jeweiligen Lehrkraft gehen konnte. Die Folge waren daher nicht selten Unruhe im Unterricht und  Disziplinlosigkeiten der eher geschmacklich fragwürdigen Sorte. Nur durfte von all dem nichts im Lehrprobenentwurf stehen. Stattdessen bemühte man sich um die berühmten blumigen Ausdrücke, um eventuelle Probleme zu kaschieren. Klassen waren auf einmal “aufgeweckt” statt “laut”, “dynamisch” statt “umtriebig”, “kommunikativ” statt “verquatscht”. Hauptsache den Schein wahren. Keine Fehler zeigen. Und dieses antrainierte Verhalten legen bis heute die meisten Kollegen an den Tag, wenn es um die Bewertung ihrer Arbeit im Unterricht geht…
    Egal, ob der Chef auf Unterrichtsbesuche kommt, man auf Fortbildungen von gelungenen Projekten berichtet, oder auf diversen Blogs seine Unterrichtsmethoden glorifiziert. Alles klappt wie am Schnürchen. Sollte man einem Großteil der Blogs glauben, herrscht in den Klassenzimmern, in der Organisation, in der Vorbereitung unverbesserliche Perfektion. Für Berufsanfänger, die auf der Suche nach Lösungen für Probleme in ihrem Unterricht gehen, ist dieses ständige Herumreiten auf seinen Vorzügen mitunter bestimmt abschreckend. Unsere neue Blogparade soll damit mal ein bisschen kritischer umgehen. Deshalb laden die Edupunks zu einer Hand-aufs-Herz-Blogparade ein, um auf bundesdeutschen Lehrerblogs für ein bisschen Ehrlichkeit werben und Lehrer aller Schulformen dazu ermutigen, zur Abwechslung auch mal zu ihren Schwächen zu stehen. Denn aus diesen kann man bekanntlich lernen. Mein Problem mit dem Nein-Sagen ist ja hinlänglich bekannt 😉 So, und jetzt ihr. Einfach bei den Edupunks vorbeischauen und dort alles weitere erfahren.

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