Tja, und da isser wieder, der Herr Schulanfang. Und wie immer trifft er mich irgendwie unerwartet. Natürlich ist mir das Datum bekannt, wenn der Ernst des Lebens wieder losgeht. Aber so richtig bewusst wird mir das erst dann immer, wenn ich im Schulhaus stehe oder das Lehrerzimmer betrete. Die ganzen Gesichter, die man mehr als einen Monat nicht gesehen hat, die einem braun gebrannt und tiefenentspannt entgegen strahlen. Dann wird mir kurzfristig immer etwas schlecht, weil die Ferien für mich damit unumstößlich vorbei sind. Und dann setzt sofort der Tatendrang ein, und ich freu mich eigentlich.
So sehr ich dem Schulbeginn entgegenfiebere, so sehr konnte andererseits ein Kollege das Ende im letzten Schuljahr nicht erwarten, um in die wohlverdiente Pension zu starten. Der hat nämlich seinen Spint geräumt und alles, was sich da über die Dienstjahre angesammelt hat, kurzerhand auf unseren Tagungstisch abgeladen. Neben Unmengen von Kopien, angegilbten Dias und Schulbüchern, die streckenweise noch in Frakturschrift (!) verfasst sind, fanden sich dort auch Unterlagen, die ich vor dem traurigen Schicksal der Altpapiertonne bewahren konnte. Das umfasste ein paar wirklich schöne Folien zum Thema Tempelarchitektur, Säulenordnungen und Ausdehnung des römischen Reiches, aber auch mehrere noch unbenutzte Stundenplanvorlagen. Vor allem letztere hatten es mir angetan. Diese Teile sind das, was man neudeutsch “ends-retro” nennt und stammen schätzungsweise aus den frühen 80er-Jahren (zumindest kommt mir das ganze verstreute Schulequipment am Boden sehr bekannt vor). Vor allem der Stundenplan von Pelikan ist der schiere Wahnsinn! Schaut euch nur die beiden Kinder an. Das kleine Mädchen mit Zöpfchen, Zahnlücke und Sandalen. Und dann erst der Junge! Hält stolz seinen brandneuen Pelikano in der Hand wie eine Trophäe, die er gerade erlegt hat. Kinder, die heute so in die Schule kommen würden, hätte man wohl spätestens in der ersten Pause verdroschen. Damals war das offensichtlich hip. Sah ich genauso aus, als ich in der Grundschule war? Mir wird ganz schlecht, ich muss am Wochenende unbedingt die alten Familienfotos durchschauen und mich (hoffentlich) vom Gegenteil überzeugen. Allerdings kann ich jetzt schon mit Sicherheit sagen, dass ich eine so kesse Fliege, wie sie der Junge trägt, nie besessen habe. Ja, ihr habt richtig gelesen und könnt es sehen: Der Kleine geht mit einer Fliege in die Schule. Jetzt seid ihr neidisch, was?
P.S.: Die Vorlagen habe ich selbstverständlich sofort eingescannt und auf meinem HTC Flyer ausgefüllt. Jetzt hab ich den retroigsten Stundenplan in Bayern! NOCH. Denn meine Fundstücke will ich auch der geneigten Leserschaft nicht vorenthalten. Vielleicht will ja einer meinem Beispiel folgen.
Schulanfang mit Retro-Plan
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2 Comments
spreewaldperle
Zuckersüß der Kleine mit Fliege.
frauhilde
Hach, da wird man ja glatt sentimental!
Ich hatte nämlich auch einen so tollen blauen Pelikan-Füller in der ersten Klasse (die ich ungefähr zur geschätzten Alterszeit Ihres Stundenplans besuchte). Und die Frage, ob wir auch so aussahen, als wir in der Grundschule waren, kann ich zumindest für mich mit einem klaren “Ja” beantworten.