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    Mal wieder Zeit für eine #lernparade

    Noch vor ein paar Tagen war ich es noch selbst, der in Erinnerungen schwelgte, als er beim Aufräumen im Blog eine alte Blogparade fand. Anfang November ist es Bob Blume, der aus einem ähnlichen Gefühl heraus die alten Zeiten wieder aufleben lässt und mit dem Thema Zeitgemäße Bildung konkret einen Appell an alle Blog-Lehrer richtet, dem ich gerne nachkommen will. Abhängig davon, ob ich jetzt meine Englisch oder Lateinfakultas ins Zentrum stelle, kann ich mir bei dem Thema die Antwort besonders leicht (wer würde denn an Unzeitgemäßheit des Englischen zweifeln?) oder schwer machen. Spaßeshalber entscheide ich mich für letzteres. Denn wie man Lateinunterricht zeitgemäß gestaltet, ist für viele ein Kuriosum, das vielleicht nicht einleuchtet. Und ein bisschen stimmt’s ja auch: Denn obwohl ich mir der Möglichkeiten bewusst bin, die Mebis, H5P und eine Handvoll preisgekrönter Apps im Unterricht bringen können, muss ich zugeben, dass ich all das in Latein deutlich sparsamer einsetze als im Englischunterricht. Nicht nur weil die Zielsetzung im Lateinunterricht eine andere ist. Sondern auch – und das mag im ersten Moment komisch klingen – weil die Texte auch noch 2000 Jahre später modern sind wie eh und je. Here me out:
    Wir befinden uns 2019 in einem sonderbaren Zustand, an den ich vor 4-5 Jahren noch nicht geglaubt hätte. Es ist eine Zeit, in der die erwiesene Tatsache nicht mehr den einst unumstößlichen Anspruch auf Wahrheit in sich birgt. Es ist eine Zeit, in der alternative Fakten existieren. Und in denen gerne der Recht bekommt, der am lautesten brüllt. Eine Zeit, in der Leute in hohen Positionen stehen und die Verantwortung über Millionen von Leuten innehaben, und doch vorrangig erstmal an sich selbst denken. Eine Zeit, in der es chic geworden ist, über Leute anderer Meinung/ Hautfarbe/ Sexualität/ politischer Gesinnung in einem Sprachduktus herzuziehen, der jeglicher Empathie entbehrt. Eine Zeit des Wegsehens. Eine Zeit des Ignorieren und Geschehenlassens.
    Wir alle sind Teil dieses Diskurses unserer Zeit. Wir sind umgeben davon, wir atmen ihn, lassen uns zunehmend davon einnehmen… und gewöhnen uns daran. Die schiere Flut an Misinformation und alltäglichen Kruditäten macht uns mürbe. Stumpft uns ab. Verzerrt die Sicht. Man weiß gar nicht, worüber man sich am ehesten aufregen soll. Über hämische Begriffe wie Asyltourismus? Über den berühmten Vogelschiss? Über Sharpiegate? Über Brexit? Über “lieber gar nicht regieren als schlecht” [und sich dann über die Unfähigkeit der einer Regierung echauffieren]? Die Anzahl der Entgleisungen will gar kein Ende nehmen und zermürbt. Dabei wäre eine klare Sicht auf die Dinge so wichtig. Die wird aber zunehmend erschwert, weil wir Teil davon sind. Wir sind emotional und kulturell in diese unschönen Momente involviert, denen wir nicht entfliehen können und verlieren so zunehmend den klärenden Blick fürs Wesentliche. Daran wird Latein gewiss nichts ändern können. Oder vielleicht doch? Denn ich behaupte, dass die alten Texte, mit denen wir seit Generationen die Schülerschaft beehren, einen großen Vorteil in sich bergen, den es in vielen Fächern oft nicht gibt. Und der mag im ersten Moment seltsam klingen: Sie haben scheinbar nichts mehr mit uns zu tun. Und das ist gut so. Denn so stehen wir olympisch über den Geschehnissen in den Werken eines Caesar, eines Seneca, eines Cicero oder Catull und gehen aufgrund der zeitlichen Distanz mit den Texten recht unvoreingenommen um – zumindest bis wir sie uns zu nutze machen, um von dieser Warte aus in unsere Jetztzeit zu schielen. Und das klappt mit etwas Hilfe von der Lehrkraft erstaunlich gut.

    Schauen wir uns nur mal Caesars Bellum Gallicum an. Was für ein geniales Propaganda-Werkzeug! Man muss sich das mal durch den Kopf gehen lassen: Da verfasst ein damals führender Politiker ein Werk, um sich und seine Taten vor der Leserschaft zu rechtfertigen (Korruption, Rechtsbrüche, abruptes Abwandern nach Gallien inmitten von Unruhen in Rom, Kriegsführung angeblich zur reinen Bereicherung) und wendet dabei einen Spitzenkniff an: Anstatt eine bloße Verteidigungsschrift vorzulegen, die inhaltlich und stilistisch lediglich in den alten Kesseln rührt und die Zuhörer mit abgedroschenen Phrasen langweilt, bemüht er kurzerhand ein völlig unerwartetes Genre, das damit nach außen hin überhaupt nichts zu tun hat. Den commentarius. Dieser ist ursprünglich nichts anderes als eine schmucklose Aufzeichnung von Beamten. Ein Tätigkeitenbericht. Und genau so kommt de bello Gallico im ersten Moment daher. So lernte man es zumindest noch zu meiner Zeit. Der begrenzte Wortschatz, die endlose Aufzählung von Völkern und Stämmen, die sich in Gallien gegenseitig eins auf die Mütze geben, Caesars taktisches Eingreifen, der die Kämpfe oft im Keim erstickt. All das ist fein säuberlich aufgezeichnet. Aber der Schein trügt. Das Werk ist so viel mehr. Man darf nie vergessen: De bello Gallico bleibt trotzdem eine Verteidigungsschrift für Cäsars Vorgehen, aber sie kommt in völlig anderem Gewand daher. Wie eine gigantische Dokumentation, die in nüchternem, unaufgeregten Latein verfasst ist: Eine scheinbar neutrale Beschreibung über Land und Leute einer Gegend, von der der Leser bisher noch nichts vorher wusste. Edutainment, das für den Leser die damals unbekannte Faktenlage in knappen Worten zusammenfasst und Zusammenhänge erschließt. Und das alles in der dritten Person. Die handelnden Personen reden zu 95% in indirekter Rede, selbst Caesar – und das ist der genialste Kniff – verfällt als agierender Charakter kein einziges Mal ins Ich. Und das wo er sowohl Autor als auch handelnde Persona seines eigenen Werkes ist. Die Wirkung dieses Zusammenspiels der einzelnen Elemente ist enorm. Das Werk gibt den Anschein einer hervorragend recherchierten Reportage. Alles liest sich logisch, alles fundiert. Caesars Beweggründe, die Helvetier zu bekämpfen, leuchten völlig ein. So wie es dargestellt ist, existiert überhaupt kein Zweifel daran, dass er inmitten von politischen Wirren in Rom nach Gallien aufgebrochen ist. Man lässt sich vom Stil vollkommen einlullen, der in seiner Nüchternheit eine Faktenlage schafft, die keinen Platz für Diskussion lässt. Dass man hier eine Propagandaschrift vor sich liegen hat, fällt gar nicht auf. Caesar und der Leser begeben sich im Dialog in eine eigene Filterbubble, in der es keine Widerrede gibt. Wie auch, wenn sein Werk das einzige bleibt, das über den gallischen Krieg berichtet?
    Eine Spur brachialer geht eigentlich nur noch Augustus vor. Er braucht diese ganzen literarischen Schnickschnack nicht, um sich zu rechtfertigen. Der Personenkult, den er mit seinem Prinzipat um sich aufbaut, lässt jeglichen Widerspruch verstummen. Seine Taten und Erfolge, die er unter seiner Herrschaft für sich und für allem für das römische Volk erringt, sprechen für sich. Er stilisiert sich mithilfe eines gigantischen Propagandaapparates zu einer Ikone, die andere Autoren für sich instrumentalisiert. Er ist sich allerdings auch nicht zu schade ist, selbst Hand anzulegen. Seine res gestae sind ein eigens von ihm verfasster Tatenbericht über seine Herrschaft. Und dieser biegt sich gerne die Fakten etwas zurecht: Er glorifiziert sich und sein hartes Durchgreifen gegen die Cäsarmörder, indem er sie als eine Meute bezeichnet, qui parentem meum trucidaverunt. Cäsar als Augustus’ parens zu benennen, ist gewagt (zum es mal vorsichtig auszudrücken), da die beiden niemals eine echte Verwandschaft verbunden hat. Augustus wurde lediglich adoptiert. Parens spielt aber von der Bedeutung ganz eindeutig auf eine biologische Verwandtschaft an, immerhin ist das Wort etymologisch von parere abgeleitet. Der Ausdruck pater wäre hier definitiv passender gewesen. Und den hätte Augustus definitiv wählen können. Wenn er es denn gewollt hätte. Derartige Unschärfen finden sich reihenweise in den res gestae. So wird der Kampf gegen die Cäsarmörder mit einem knappen Hinweis auf eine Doppelschlacht en passant abgetan (bis acie vici).Dass er in der ersten dieser beiden Schlachten fast geschlagen worden war, bleibt unerwähnt. So geht es über viele Passagen weiter. Viele echte Fakten, gemischt mit der einen oder anderen alternativen Ansicht, die millionenfach in sämtlichen Ecken des Reiches publiziert wurden. Augustus ließ sein Werk retweeten – sogar zweisprachig für maximale Reichweite! – , es wurde millionenfach kopiert. Augustus’ dunkle Seiten blieben darin wie auch anderen Werken seiner Zeit unerwähnt. Erst die Nachfolge-Generationen an Schriftstellern wie Sueton oder Tacitus äußern herbe Kritik an dem Herrscher, der nicht nur geliebt, sondern wohl auch gerne gefürchtet war.

    Wie können solche Texte, die mit medialer Selbstdarstellung und -inszenierung auf maximale Wirkung aus sind, und deren Entlarvung mit Hilfe dessen, was wir heutzutage als Media Literacy bezeichnen, jemals aus der Mode sein? Erleben wir nicht exakt dasselbe auf genau dieselbe Art? Inhalte werden kreiert, bauschen sich in eigenen Echo-Kammern auf, werden ohne weiteres Hinterfragen millionenfach geteilt. Das Infragestellen geschieht selten. Dabei ist es genau dieser Schritt, der hilft, die großen Worthülsen zu entzaubern. Und wenn man die Kinder hierbei selbständig auf die Suche schickt, leistet die jüngste Generation eigenhändig einen wichtigen Beitrag dazu. Wie Junior-Jornalisten, die sich auf Basis der Texte auf die Suche nach der Wahrheit machen. Man muss ihnen nur Möglichkeiten dazu schaffen. Hier mal ein paar Denkanstöße für den Unterricht:

    • Erstellen eines Erklärvideos zur Topographie Galliens mithilfe von Cäsars Beschreibung. Wieviel müssen die Schüler beim Erstellen an der Fassung Cäsars ändern, um die Bilder mit der Beschreibung gleichlaufen zu lassen? (Ergebnis: Alles ist sehr akkurat. Keine Änderungen nötig)
    • Übertragung eines Dialogs in indirekter Rede bei Cäsar in direkte Rede (z. B. in Form eines fiktiven [Audio] Interviews) mit anschließender Untersuchung der Leserwirkung
    • Die Darstellung des Redepaares Divico und Cäsar und Herausarbeitung der narrativen Beeinflussung in BG 1.12-1.14
    • Vergleich der Darstellung fremder Völker in Cäsars Gallien- bzw. Germanienexkurs im Vergleich mit geeignetem modernen Forschungsmaterial (Bücher, Reportagen, Filme, Online-Quellen, Videos) und Herausarbeitung der Unterschiede
    • Untersuchung der Berichte von Caesars Ermordung bei Plutarch, Sueton, Cassius Dio im Vergleich mit der Filmszene aus der Serie Rom und Herausarbeiten der Unterschiede unter Berücksichtigung des Adressatenbezugs
    • Rechercheprojekt zu Augustus’ Propagandamethoden und Vergleich mit heutigen Prozessen
    • Personenkult damals und heute
    • Moderne Übertragung von Augustus’ Propagandamaschinerie mit Hilfe moderner Medien (Twitter) in die Jetztzeit
    • Erforschung der Sprache des Augustus unter sprachetymologischen Gesichtspunkten und Herausarbeitung ihrer Leserwirkung
    • Untersuchung diverser Propaganda-Dokumente der Antike mithilfe von Image Hotspots in H5P und Vergleich mit modernem Material

    Natürlich könnte man die Frage stellen, warum man sich für derartige Projekte und Arbeitsaufträge denn unbedingt durch die Fluten an lateinischen Texten arbeiten muss. Reicht denn nicht eine Übersetzung, mit der man deutlich schneller vorankäme? Klar kann man das, aber ein übersetzter Text ist immer bereits ein Stück Interpretationsautor durch jemand Dritten. Und wollen wir die Leute nicht dazu erziehen, nicht alles vorserviert zu bekommen und selbständig auf die Suche nach der Wahrheit zu gehen? Denn die ist irgendwo da draußen. Und das Auffinden ist heute schwieriger denn je. 

    Seht ihr das anders? Kommentiert und diskutiert mit mir.

     

     

     

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  • Allgemeines

    Time to go

    avatarEs ist Zeit. Zeit zu gehen. Aus den vier Wänden, die mir über viele Jahre ein Zuhause boten. Ich habe lange überlegt, ging mit dem Gedanken schon fast zwei Jahre schwanger. Aber vor allem in den letzten Monaten wurde mir klar: Die Zeiten haben sich geändert. Du hast dich geändert. Und deine Wohnung ist die alte geblieben. Genauso hellhörig, genauso windig isoliert, wie sie beim Einzug gewesen war. Und Dinge, die man damals noch als charmant abgetan hatte, begannen irgendwann schrecklich zu nerven.

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    Eww

    Der Mieter unter mir zum Beispiel, dessen kompletten Tagesverlauf ich problemlos mithören konnte, weil die Decken so dünn sind wie Pappe. Die Nachbarin von nebenan, die ihr Kind Tag und Nacht anbrüllt, bis es heult. Und dann sie. Oder der bescheidene Single aus dem ersten Stock, der sein Revier mit leckeren Schmierflecken am Türrahmen markiert. Der seit 4 Jahren immer noch seine Fenster mit dunklen Tüchern verhängt, statt sich Vorhänge zu kaufen wie jeder normale Mensch auch.
    Der in der Küche bis heute nur eine Glühbirne in die Fassung geschraubt hat. Und dessen Balkon seit 3 Jahren von einem Rest Pizza geschmückt wird, der sich dort munter durch die Gezeiten gammelt. Früher fanden wir diese Freakshow witzig. Früher, als wir noch Studenten/Referendare waren. Aber jetzt nervt es einfach. Und so habe ich nach langem, langem, laaaangem Hin und Her mit der Wohnungssuche angefangen – und bin für Münchner Verhältnisse rasend schnell fündig geworden. So schnell, dass der Umzug innerhalb von ein paar Tagen vonstatten gehen muss. Daher erstmal die Wohnung kündigen…
    Der Gang zur Hausverwaltung ist mir etwas unangenehm. Immerhin wohne ich hier schon seit Jahren. Mit der Kündigung ist ein Stück Lebensgeschichte abgeschlossen. Selbst das Referendariat habe ich in diesen bescheidenen vier Wänden durchlebt. Aber ich wollte es so. Es ist Zeit.
    Die Hausverwaltung nimmt mein Anliegen überraschend traurig auf. Offensichtlich bin ich als Mieter recht beliebt. Man bietet mir in der Anlage sogar eine ähnliche Wohnung wie meine neue an. Aus derselben windigen Bausubstanz. Und direkt an der Hauptverkehrsstraße. Vielen Dank.
    Man macht mit mir einen Termin zur Vorabnahme aus. Hierbei soll ermittelt werden, welche Ausbesserungen von mir vorzunehmen sind, bevor man die Wohnung an den Mann oder die Frau bringt. Bei dieser Gelegenheit soll dann auch der neue Mietpreis der Wohnung bekannt gemacht werden. Denn für die Suche nach einem geeigneten Nachmieter bin ich zuständig. So will es der Mietvertrag. Na dann…
    Zwei Tage später steht eine Mitarbeiterin der Hausverwaltung vor der Haustür. Ich habe sie schon vom Fenster aus kommen sehen, mit Fluppe im Mund, die sie noch in aller Hast vor den Abfalltonnen fertig gepafft hatte, um die Wartezeit bis 16.00 Uhr zu überbrücken. Ihren Zigarettennimbus trägt sie mir durch die gesamte Wohnung, während sie die Zimmer inspiziert wie ein Spürhund am Flughafen. Sie bemerkt vieles, nimmt aber überhaupt nichts ins Protokoll auf. Alles Kleinigkeiten. Kleinigkeiten, die ich schon vor 8 Jahren vom Vormieter so übernommen hatte. Und das sind einige: Von den Türen platzt die Farbe an den Kanten ab, das Laminat hat altersbedingt schon ein paar unschöne gelbe Flecken bekommen. Das Parkett im Wohnzimmer hat von einer Möbelrückaktion meines Vorgängers zentimeterdicke Kratzer. So steht’s auch schon im Übergabeprotokoll von 2008. Aber egal. Alles egal. Das bleibt so, so die Venus im Zigarettenwölkchen. Alles, was ich machen soll, ist Weißeln. Der Rest passt. Renoviert wird an der Wohnung gar nichts. Kein neues Laminat, kein Parkett. Nichts. Und dennoch wird ordentlich an der neuen Miete geschraubt. Sage und schreibe 150€ mehr soll mein Heim den Nachmieter kosten. Exakt dieselbe Wohnung ohne irgendwelche Ausbesserungen. Damit sind wir bei einem astronomischen Kaltmietenpreis von 13€ pro qm². In einem Münchner Vorort! Als ich den Preis höre, wird mir ganz anders. Wer legt denn bitte einen derartigen Preis für so eine Wohnung hin?
    Viele, wie ich sehen werde.
    Keine zwei Minuten nach dem Online-Inserat für meine Wohnung surrt die erste Interessentenmeldung herein. Dann die nächste. Und die nächste. Bis zum Abend sind allein schon am ersten Tag 30 eMails eingetrudelt. Ich bekomme ellenlange Nachrichten von verzweifelten Mietinteressenten, voll mit privaten Details, in denen sich Leute vorstellen, präsentieren, flehen. Studenten, Krankenschwestern, Unternehmer, eine junge Familie mit zwei Kindern. Wie die in den zwei mickrigen Zimmern Platz finden soll, ist mir ein Rätsel. Nach 16 Stunden bin ich gezwungen, die Anzeige vom Netz zu nehmen. Der Grund ist dieser hier:

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    Meine eMail-Fach ist zum Bersten voll mit Anfragen. Jede einzelne beinhaltet eine kurze Biographie, die ich erstmal durcharbeiten muss. Vor mir liegt ein echtes Stück Arbeit. Fast 2 Stunden benötige ich, um aus den 120 Anfragen 30 Leute in die nähere Auswahl zu bekommen. Den restlichen 90 sage ich brav ab. 90 eMails. 90 Mal copy and paste. 90 Mal ein Nein. 90 Mal ein schlechtes Gewissen.
    Ein paar Tage später ist der angegebene Besichtigungstermin. Ich habe Gruppen von jeweils 8 Leuten Zeitslots von knapp 30 Minuten zugewiesen, in denen ich ihnen die Wohnung zeige. Sie kennen mich nicht, ich kenne sie nicht. Und doch lernen sie mit der Wohnung in ein paar Minuten Details von mir, die sonst nur mein engster Freundeskreis kennt. Die Leute hinter den Namen aus den eMails bekommen ein Gesicht. Manchmal ein sehr sympathisches. Manchmal weniger. Man merkt sofort, wie unter den Interessenten ein Kampf um meine Gunst entbrennt. Als ob ich hier eine Entscheidung treffen dürfte. Manche preschen mit Fragen vor und machen sich wichtig, andere überzeugen mit Bewerbungsunterlagen, wie ich sie sonst nur von Vorstellungsgesprächen kenne: Selbstauskunft, Mietnachweis, Empfehlungsschreiben des aktuellen Vermieters, Kontoauszüge, SchuFa-Nachweis, Kopie des Personalausweises, Kopien von Arbeitsverträgen. Und doch ist jedem klar, dass hier letztendlich der den Zuschlag bekommt, der am ehesten das Geld für die Miete locker machen wird. Der Hausverwaltung geht es nicht um Sympathien oder gutes Klima. Der Hausverwaltung geht’s um reibungslose Geschäfte. Deswegen bekommt auch am Ende wirklich der Herr den Zuschlag, der uns mit Abstand am unsympathischsten war. Er wird jetzt diese Wohnung mit neuen Erinnerungen füllen. Und sich mit der Hellhörigkeit der Wohnung herumärgern. Soll er.
    Die nächsten Tage sind bestimmt vom Beschaffen von Kisten und deren Befüllen. Ich bin schier entsetzt, was sich in den Jahren so in einer Wohnung als Besitz festsetzt. Das Schlimmste sind die Bücher. Sie lassen jede noch so kleine Kiste schwer wie Blei werden und die Anzahl an Verpackungsmaterial in ungeahnte Höhen schnellen. Alleine 12 Kisten werde ich in diesen ersten Tagen für meine Bibliothek aufwenden. Die Habseligkeiten aus Wohnzimmer und Küche zusammengenommen machen gerade einen Bruchteil davon aus. Hätte ich mir vor 4 Jahren keinen Kindle gekauft, würde ich jetzt wohl noch knapp 3 weitere Kisten mit ca. 200 Büchern befüllen.
    Das Ausmisten dauert wie erwartet doch länger. Zu oft bleibt man an gewissen Objekten hängen, die einem plötzlich wieder in die Hände fallen, nachdem man sie fast vergessen hatte. Alte Postkarten, Fotos von WG-Feiern aus dem Referendariat. Gerade mal sieben Jahre her, aber wieviel ist seitdem passiert! Auf den Fotos strahlen mir noch die Konterfeis von uns als Studenten entgegen, die sich darauf freuen, endlich ein bisschen Lehrer spielen zu dürfen. Oder Freunde, um die es seit Jahren unheimlich still geworden ist. Was die jetzt wohl tun?
    Nicht ganz so sentimental werde ich bei alten Unterlagen, die mit der Schule zusammenhängen und seit dem Ref einfach nicht mehr gebraucht sind. So landen die schätzungweise 6 Kilo Papier, die wir für die Protokolle der Fachsitzungen anfertigen durften, in der Tonne – ebenso wie das “Dillinger Skript”, das uns in die Tiefen der Psychologie einführen wollte. In schwachen Momenten überlege ich sogar sämtliche meiner Ordner in die Tonne zu kloppen. Sie enthalten meine gesamten Unterrichtsunterlagen. Die habe ich aber auch digital auf Festplatte, Stick und Evernote. Ich bring’s allerdings nicht übers Herz. Mein Rücken wird mich in ein paar Tagen dafür hassen.
    Auch muss ich kurz schlucken, als ich Teile meiner Unterrichtsmaterialien aus der Zeit meines Auslandsaufenthaltes in den Midlands in Händen halte. Back in 2004 schloss ich dort große Freundschaft mit einem Laminiergerät und habe alles, was ich damals für die Kleinen gemacht habe, in Plastik eingeschweißt und für die Ewigkeit konserviert. Die Hingabe, mit der ich die einzelnen Karten gestaltet habe, kommt mir heute fast ein bisschen albern vor. Dazu hätte ich heute garantiert keine Zeit mehr. Aber eine schöne Erinnerung. Nur halt im wahrsten Sinne des Wortes für die Tonne. Weg damit!

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    A Blast from the Past

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    Der Wahnsinn setzt ein: Spiel und Spaß mit Umzugskartons…

    Und so vergeht die Zeit. Über die Tage merke ich, dass es zwischen dem Ikea-postulierten Alternativen “Leben” und “Wohnen” noch eine dritte Dimension unter einem Obdach existiert: Das Hausen. Ich hause. Unter Kartons und Kisten. Zwischen ausgeräumten Möbeln, zusammengelegten Kommoden. Der Stellplatz wird knapp und knapper. Um an meinen Schreibtisch zu kommen, mein Bett oder den Fernseher umtänzle ich tagelang die papp-verstauten Wohnaccessoires wie bei einem Hindernisparcours. Von Tag zu Tag kommen neue Hürden hinzu: Geschirr in einer XXL-Kiste, die Bücher in Obi-Boxen, Größe L, alte Ordner in Bananenkisten, Teppiche zusammengerollt, Bilder von der Wand geholt. Die Wohnung gleicht mehr und mehr einem Schlachtfeld. Die Akustik der Räume beginnt sich zu ändern. Hörbar. Unsere Worte hallen, ebenso die Schritte, der Fernseher, das Radio. Es klingt wie in einer Besenkammer. Und der Abnabelungsprozess von der alten Wohnung ist wieder einen Schritt weiter. Es ist keine Wohnung mehr. Es ist eine Höhle.
    Da der Umzug recht schnell vonstatten gehen soll, geht es bei mir irgendwann um nichts anderes mehr. Unterricht passiert nebenher, Vorbereitung genauso. Vieles geht lange nicht mehr so intensiv, weil die entsprechende Literatur längst in Kisten schlummert. Tja, dann gibt’s eben keine etymologische Erklärungen zur Walpurgisnacht…
    Es wird zunehmend schwerer, das dräuende Chaos auszublenden. Ich finde mich in dem, was von meinen vier Wänden übrig blieb, nicht mehr zurecht. Irgendwas fehlt immer, ist verlegt, verstaut, verschwunden. Lediglich abends, wenn ich völlig genervt bin, habe ich bei einer Tasse Tee genug Muße, beim Bloggen meine Gedanken zu ordnen und wieder runterzukommen. Und es klappt. Ich gehe tiefenentspannt schlafen. Bis ich beim Aufwachen beim Anblick der Kistenburg wieder zu grummeln beginne.
    Und plötzlich ist der letzte Abend in der Wohnung da. Ich hatte mit Sentimentalität gerechnet, mit ein bisschen Wehmut oder einem verkniffenen Tränchen. Aber das kann ich mir nicht leisten. Es gibt immer noch so wahnsinnig viel zu tun. Ich habe vorsorglich noch ein paar Kisten gekauft, genauso wie vor drei Tagen als ich der Meinung war, die Dinger würden garantiert nicht voll. Ich hatte Unrecht. Letztes Mal. Und dieses Mal auch. In die letzten Kisten kommt nur noch sporadisch aufgefundener Kram, den ich nicht wegwerfen will: T-Shirts, HDMI-Kabel, ein Bildband, ein CD-Player. Alles landet im selben Karton. Und dann kommt der Höhepunkt des Abends: Das Abschrauben meiner Lampen. Um 21.00 Uhr im Oktober. Super Timing! Nach Ausschalten aller Sicherungen wandle ich mit meiner Smartphone-Fotolampe durch die Dunkelheit meiner heiligen Hallen wie ein Einbrecher auf der Suche nach Beute. Ich kraxle die Leiter hoch, löse die Fassungen mit einer Hand, während ich mit der anderen die Lampe zu fixieren versuche. Zum Glück fällt nichts zu Boden. In fast vollkommener Dunkelheit hülle ich meine Glasschirme in die letzten Bettlaken, um sie vor eventuellen Stoßschäden am morgigen Tag zu sichern. Vorsichtig. Wie einen Schatz. Nach neun Stunden Zusammenpacken kapituliere ich vor dem Chaos. Es findet sich immer irgendwas zum Einpacken, irgendwas zum Verstauen, irgendwas zum Wegwerfen. Aber ich kann nicht mehr. Morgen gehen mir fast 20 Hände zur Hilfe, da geht das deutlich schneller. Ich will nur noch schlafen – nicht im Bett, denn das ist schon längst abgebaut. Stattdessen residiere ich auf meinem Lattenrost auf dem Boden. Wie so ein Student im fünften Semester. Hier mit dem Laptop auf dem Schoß kann ich wieder ein letztes Mal zur Ruhe kommen. Alles Revue passieren lassen. Runterfahren. Morgen wird ein langer Tag. Aber einer, auf den wir seit Monaten hingearbeitet haben. Ich hab es so gewollt.
    Es ist Zeit.
    Den Tag des Umzugs erlebe ich wie in Trance. Ich bin um halb sieben auf den Beinen, um die letzten Zeugnisse meiner Existenz in dieser Wohnung zusammenzupacken: Bettzeug und Lattenrost wandern an die Wand, um nur Minuten später vom ersten Trupp meiner Leute eingesackt zu werden. Erst rödeln wir zu dritt, dann zu fünft. Und als noch zwei meiner Kolleginnen und mein Vater eintrudeln, ist die Bude in Rekordzeit leer und im gemieteten Transporter verstaut. Ich bin ganz baff und gerührt ob solchen Aktionismus. Wohnwand, Panele, Couchtische, Bücherregale und haufenweise Kisten werden getragen, geschleppt und gehievt – mit Erfolg. Nach gerade mal zwei Stunden ist die Wohnung nicht mehr wieder zu erkennen. Alles wie leergefegt. Nur noch ein Bild an der Wand, ein Raumduft und der Duschvorhang sind vor den Saubermännern verschont geblieben. Das war’s dann jetzt. Das letzte Kapitel ist fast zu Ende geschrieben. Ein letztes Mal gehe ich durch die Räume. Erinnere mich an WG-Parties, schlaflose Nächte und Lernstress. Alles vorbei. Aus meiner Wohnung ist eine Wohnung geworden. Irgendeine. Nicht mehr meine. Ich nehme das Bild von der Wand, das mir meine Kollegen gelassen haben. Sie wissen um die Wichtigkeit der Leute darauf und haben mir die Ehre überlassen. Dann trete ich ins Treppenhaus. Drehe mich noch ein letztes Mal in den nackten Flur, der mal der meinige gewesen war. Jetzt ist er irgendeiner.
    Nur nicht meiner.
    Türe zu.
    Aus.

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  • Technik,  Unterricht

    Apps im Unterricht – Folge 8: Shake'em: Mündlichkeit durch Schüttelbilder

    avat_schielen_technikDa ich die Zeit im Moment nutze, um mal wieder selber an meinen Fremdsprachkenntnissen zu feilen, finde ich mich wieder vermehrt in der Position des Lerners. Und das ist gut so. Endlich merke ich einmal wieder, wie anspruchsvoll dieser Lernvorgang tatsächlich ist, welche Methoden und Übungen beim Spracherwerb am besten funktionieren… und welche gar nicht. Für mich besonders erleuchtend: Das schriftliche Üben, auf das ich im Englischunterricht zur Festigung des Stoffes wirklich großen Wert lege (hängt wohl an Latein, wo ja vieles oft ausschließlich so läuft), hilft beim Lernen nur bedingt. Freies Sprechen – oh Wunder – wird dadurch leider nicht besser. Und so kam ich auf die Idee, für den Unterricht im nächsten Schuljahr (noch) mehr reden zu lassen. Mithilfe des Tablets.
    Meine Vision dazu sollte ungefähr der von Rory’s Story Cubes entsprechen, die es ja mittlerweile auch digital  für iOS und Android gibt: In dem Spiel werden neun Würfel geworfen, auf deren sechs Seiten jeweils ein Bildchen gedruckt ist. Aus denen, die nach dem Wurf nach oben zeigen, sollen die Spieler spontan eine Geschichte erfinden.

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    Rolling the dice: Rory’s Story Cubes gibt’s für iOS und seit geraumer Zeit auch für Android

    Natürlich könnte man einfach eben diese Würfel per App im Unterricht rollen lassen. Das wäre allerdings auf Dauer etwas zu eintönig, da sich die Abbildungen irgendwann dann doch wiederholen. Wie ungleich cooler wäre es dagegen, wenn die Schüler so etwas aus eigenen Fotos machen könnten?
    Mir schwebte dabei Folgendes vor:

    • Kinder laden selbstgemachte Fotos nach gewissen Vorgaben in ein Verzeichnis in einen Clouddienst hoch (z.B.: Anzahl der geschossenen Bilder, keine reale Personen, Objekte zu einem bestimmten Thema oder Wortfeld).
    • Die App meiner Träume greift auf das Verzeichnis zu.
    • Durch Schütteln werden in der App wahllos Fotos (bestenfalls zu einer Collage) zusammengestellt, aus denen die Schüler eine Geschichte machen sollen.

    Gesagt, gesucht… aber interessanterweise lange nicht wirklich fündig geworden. Was Rory’s Story Cubes noch am nächsten käme, wären wohl die Digital Story Cubes. Hier kann man durch Schütteln des Tablets vier Fotos auf dem Screen erhalten, die man dann zu einer Geschichte zusammenfassen soll. Nur ist die Handhabung, bis es zu soweit kommt, aus der Hölle: Jedes Bild, das man potentiell in den Schüttelpool wählen möchte, muss separat in Kategorien importiert und anschließend selektiert werden. Wenn ich das mit den Bildern einer ganzen Klasse mache, verbringe ich die komplette Schulstunde mit stupidem Tippen. Noch dazu werden die Bilder in der App in ein unpassendes Format gezerrt, dass die meisten Gesichter und Körper in adipöse Blobs verwandelt. Lieber nicht…
    Also neue Kandidaten her: die Photoshakes, die es bei iOS wie auch Android in entsprechender Anzahl gibt und genau das tun, was der Name sagt: Fotos zu Collagen schütteln. Das machen sie eigentlich auch ganz schön, allerdings müssen dazu auch hier wieder die Fotos separat angetippt und ausgewählt werden. Noch dazu habe ich leider bei keinem der Programme so etwas wie eine Random Funktion gefunden. Sollte jemand da etwas entsprechendes kennen: Sagt Bescheid!
    Tja, und dann kam er, der Kompromiss, der eigentlich so simpel ist, dass ich mich gar nicht traue, ihn zu nennen: Der Random Image Viewer (Pro)
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    Das Programm ist schnell erklärt: Man wählt einen “Slot”, der sich in der Pro-Version umbenennen lässt – zum Beispiel mit dem Namen der Klasse. Diesem Slot wird dann das Verzeichnis zugeordnet, in dem die Fotos der Klasse zu finden sind. Und schon kann’s los gehen. Allerdings wird hier nicht geschüttelt, sondern einfach getippt. Mir soll’s recht sein. Alles in allem funktioniert das am Tablet ganz wunderbar… ob das auch in der Klasse der Fall ist, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.
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  • Technik,  Unterricht

    Apps im Unterricht (Folge 5) Wortschatzarbeit mit Office Suite

    avat_schielen_technikDas Wörterlernen gehört in modernen wie alten Sprachen nach wie vor zur wohl trockensten und damit mühsamsten  Angelegenheit im Sprachenunterricht. Hier hilft kein pädagogisches Drumherum, kein Heulen und Klagen. Wörter muss man einfach lernen. Und dafür muss man sich einfach hinsetzen und was tun.  Ich kenne das noch aus meiner eigenen Schülerzeit, wo wir noch, um die Gedächtnisleistung zu trainieren, nicht nur alle Bedeutungen der Lektionsvokabeln kennen mussten, sondern auch gezwungen waren, sie in der richtigen Reihenfolge aufzusagen. Und keiner hat sich drüber beschwert! Das war halt so. Heute geht man ein bisschen anders an die Sache heran. Semantisierung lautet das Zauberwort und will sagen, dass die Vokabelliste im Unterricht für die Schüler etwas aufbereitet werden soll, indem man sie in eine kleine Geschichte einbaut, aus dessen Zusammenhang sich die Schüler die Bedeutung selber erschließen können. So sind sie von Anfang an schon in die Wortschatzarbeit aktiv miteinbezogen.
    In meinen Stunden greife ich aus diesem Grund zu eigens erstellten Wortschatzfolien. Die neuen Wörter sind mit kleinen Abbildungen verquickt, die in irgendeiner Weise das derzeit behandelte Thema aufgreifen, sodass die Schüler von Anfang an das Gefühl haben, mit ihrem aktuellen Wissen die neuen Wörter herauszufinden.  Seit Neuestem behelfe ich mir allerdings mit einem Kniff, der vor meiner Digitalisierung undenkbar gewesen wäre und die Schüler noch zu viel mehr Aktivität antreibt: Dem spontanen Verändern der Wortschatzfolien mithilfe einer Office App. Ich habe mich persönlich für die Office Suite entschieden. Einmal, weil sie recht umfangreich ist und – allerdings erst seit kurzem! – Formen wie Linien, Kreise etc. beherrscht. Zum anderen haben wir es hier mit der einzigen App zu tun, die nahtlos mit Evernote zusammenarbeitet. Das heißt, die DOC-Dateien meiner Wortschatzfolien können problemlos aus Evernote geöffnet, verändert und mit Veränderungen abgspeichert werden, vorausgesetzt, man will das so.
    Anstatt nun eine statische Folienversion meiner DOC-Dateien auf den OHP aufzulegen, öffne ich das Dokument und beginne, in Zusammenarbeit mit den Schülern, die Wörter und Bedeutungen an die entsprechende Abbildung in der Wortschatzfolie zu schieben. Dadurch sind sie viel mehr gefordert. Denn es reicht nicht nur, die vom Lehrer vorgetragene Bedeutung aufzuschreiben und zu lernen. Erst einmal muss man sich aus einer Gruppe von bis dato ungekannten anderen Vokabeln die richtige herausklauben. Wenn man auf diese Weise fertig ist, kann man gleich einen ersten Test machen, indem man die Folie erneut aufmacht (wobei die ursprünglichen Änderungen – das heißt die veränderten Positionen der Textfelder – verloren gehen) und die Vokabeln erneut zuordnen lässt. Nämlich dieses Mal durch die Schüler.

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    Einen weiteren Vorteil habe ich jüngst entdeckt: Die einzelnen Abbildungen lassen sich – ähnlich wie bei einem OHP – prima nutzen, um gewisse dynamische Vorgänge darzustellen. Wenn ich beispielsweise das Verb to walk darstellen möchte, lasse ich einen Charakter gemütlich über das Dokument wandern. Soll dasselbe Figürchen genutzt werden, um to run zu verdeutlichen, schiebe ich das Bildchen der Figur entsprechend schneller über den Schirm. Vokabelarbeit wird auf diese Weise deutlich dynamischer und das ohne Zusatzaufwand. Denn die Vokabelfolien muss ich in keiner Weise verändern. Anstatt sie auszudrucken, werden sie einfach über Office Suite geöffnet und verändert. So einfach ist das. A propos einfach: Wer es mal in bewegter Form erleben möchte, dem empfehle ich einen Blick in mein zugegebenermaßen simpel gehaltenes Video. Für die schlechte Bildqualität bitte ich um Verständnis. Ohne Screening-App tut man sich beim Abfilmen des Monitors etwas schwer. Aber der Grundgedanke ist wohl zu verstehen.

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  • Prüfungen,  Technik,  Unterricht

    Hardware für den Unterricht (Folge 2): Wacom Bamboo

    avat_schielen_technikWenn ich über das Referendariat etwas gelernt habe, dann ist das Zeichnen. Kein Witz. Aber für einen Sprachenlehrer, der regelmäßig in Unterstufen eingesetzt wird, ist diese Fähigkeit essentiell, wenn es um das Vokabellernen geht. Dank meiner Vokabelfolien verfüge ich jetzt über ein umfangreiches Repertoire an digitalen Zeichnungen, die ich jederzeit wieder rausholen für meine Zwecke neu verwenden kann. Das Erstellen solcher Zeichnungen, war bis jetzt allerdings immer etwas umständlich. Der klassische Weg war bislang: auf einem Blatt mit Bleistift vorskizzieren, mit dünnem kräftigen Farbstift nachfahren, trockenen lassen, Bleifstiftskizzierung wegradieren, damit nur noch der Stabilo zu sehen ist, einscannen, in der Bildbearbeitung das eine oder andere anpassen (Kontrast, Helligkeit, Entfernen von Artefakten) ins Dokument einfügen.
    Irgendwann war mir das zu blöd. Und so holte ich mir etwas ins Haus, von dem ich nie dachte, es jemals in irgendeiner Weise nutzen zu müssen: Ein Grafik-Tablet. Nach der Installation kann man mithilfe des mitgelieferten Stylus sofort im Bildbearbeitungsprogramm seiner Wahl loslegen. Ich hab mich über Jahre mit dem Gimp sehr angefreundet. Und hier lassen sich Tablet, Stift und dessen Treiber ganz schnell einbinden, sodass auch Parameter wie Druck auf die Miene registriert und entsprechend umgesetzt werden. Am Anfang ist das Arbeiten mit so einem Ding etwas ungewohnt. Aber mit ein bisschen Übung bekommt man schnell wirklich präsentable Ergebnisse hin. Vor allem zu Beginn ist das Arbeiten mit der einen oder anderen Vorlage Gold wert: Man lädt sich ein Bild in Gimp oder Photoshop, das man im Internet gefunden hat und schon in eine gewisse Richtung geht, legt eine Ebene über das Bild und beginnt die Teile nachzuzeichnen, die unverändert bleiben sollen. Anschließend fügt man seine eigenen Elemente hinzu und verleiht dem Kritzelkratzel mit ein paar hinzugefügten Schatten und einem neuen Background-Layer einen neuen Touch. So wurden bei mir aus einer regulären Clipart-Cartoon-Ente zwei aufgeregt schnatternde Gänse, die den Ansturm der Gallier auf das Capitol verhindert haben. Und das in einem Minimum an Zeit (ca. 15 Minuten Arbeitsaufwand). Die linke Gans ist übrigens eine gespiegelte Version des Originals mit ein paar Abänderungen.

    Gänse
    Aus alt mach antik: Capitolinische Gänse

    So im Nachhinein betrachtet hätte es beim Bamboo-Tablet nicht gleich die M-Variante sein müssen. Die Din/A5-Version, die es um knapp die Hälfte billiger zu kaufen gibt, hätte locker gereicht. Besonders fein: Wacom gibt Lehrern gegen Vorlage eines entsprechenden Nachweises 15% Preisnachlass.

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