Wenn ich mich an mein Referendariat zurückerinnere, gab es vor einer Lehrprobe immer diesen einen Moment, bei dem ich mich immer etwas schmutzig fühlte: Den schriftlichen Entwurf. Vor allem ein Kapitel war immer eine besonders heikle Angelegenheit: Die Beschreibung der Lerngruppe. Hier galt es, die Klasse, ihre Leistung und ihre Dynamik zueinander zu beschreiben – und natürlich auch das Verhältnis zum Lehrer, der da vorne am Pult steht. Als Junglehrer vor einer pubertären Klasse zu bestehen – das war nicht immer ein klebrig-süßes Zuckerschlecken. Vor allem als Referendar vor Kindern, die wussten, dass man in vier Monaten wieder irgendwo anders in bayerischen Landen unterrichten würde, und daher gerne ausprobieren wollten, wie weit man bei der jeweiligen Lehrkraft gehen konnte. Die Folge waren daher nicht selten Unruhe im Unterricht und Disziplinlosigkeiten der eher geschmacklich fragwürdigen Sorte. Nur durfte von all dem nichts im Lehrprobenentwurf stehen. Stattdessen bemühte man sich um die berühmten blumigen Ausdrücke, um eventuelle Probleme zu kaschieren. Klassen waren auf einmal “aufgeweckt” statt “laut”, “dynamisch” statt “umtriebig”, “kommunikativ” statt “verquatscht”. Hauptsache den Schein wahren. Keine Fehler zeigen. Und dieses antrainierte Verhalten legen bis heute die meisten Kollegen an den Tag, wenn es um die Bewertung ihrer Arbeit im Unterricht geht…
Egal, ob der Chef auf Unterrichtsbesuche kommt, man auf Fortbildungen von gelungenen Projekten berichtet, oder auf diversen Blogs seine Unterrichtsmethoden glorifiziert. Alles klappt wie am Schnürchen. Sollte man einem Großteil der Blogs glauben, herrscht in den Klassenzimmern, in der Organisation, in der Vorbereitung unverbesserliche Perfektion. Für Berufsanfänger, die auf der Suche nach Lösungen für Probleme in ihrem Unterricht gehen, ist dieses ständige Herumreiten auf seinen Vorzügen mitunter bestimmt abschreckend. Unsere neue Blogparade soll damit mal ein bisschen kritischer umgehen. Deshalb laden die Edupunks zu einer Hand-aufs-Herz-Blogparade ein, um auf bundesdeutschen Lehrerblogs für ein bisschen Ehrlichkeit werben und Lehrer aller Schulformen dazu ermutigen, zur Abwechslung auch mal zu ihren Schwächen zu stehen. Denn aus diesen kann man bekanntlich lernen. Mein Problem mit dem Nein-Sagen ist ja hinlänglich bekannt 😉 So, und jetzt ihr. Einfach bei den Edupunks vorbeischauen und dort alles weitere erfahren.
Die Hand-aufs-Herz-Blogparade
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3 Comments
verplantzugenaeht
Ein schöner und wichtiger Beitrag! Danke. Ich glaube, bzw hoffe, dass jeder Lehrer seine Baustellen hat, an denen er arbeitet und sich verbessern möchte. Das gehört für mich dazu und zeugt von Interesse am Schüler und am Beruf.
Jan
Zu Beginn des Jahres ist einer meiner Schüler im Unterricht eingeschlafen – bei mir geht ganz furchtbar viel schief, geht.
Aber bei der Seite der Bildungspunks finde ich mich (mobil) gar nicht zurecht. Wo wird denn da zur Parade aufgerufen?
Herr Rau
Ich würde ja gerne, und habe sicher genug zu beichten, komme gerade aber zu nichts. (Immerhin, habe vergnügt meine Lehrprobenentwürfe aus dem letzten Jahrtausend wiedergelesen. Da war ich in der Formulierungen schon ehrlich. Aber sonst: So etwas von unerfahren…)