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    Edutainment mit Abstrichen: Liebeserklärung an "Assassin's Creed Brotherhood"

    Ich bin einer der wenigen Lehrer, die mit dem Ausdruck “Videospiel” nicht sofort “Amoklauf” verbinden. Wieso auch? Im Gegensatz zu vielen Kollegen oder Politikern, die meinen, etwas zum Thema beitragen zu müssen, hab ich ganz gut Ahnung von der Chose. Ich bin nicht nur in der glücklichen Lage, mit diesem wunderbaren Medium aufgewachsen zu sein, sondern auch im Studium als freier Redakteur bei einer Videospielzeitschrift mitgearbeitet zu haben. In dieser Zeit lernt man vor allem eins: Videospiele als Kunstform zu begreifen. Wie Filme, wie Bücher, wie Gemälde wollen Videospiele eine Geschichte erzählen, das Publikum fesseln und in andere Welten entführen. Und das geht – wie bei jedem anderen Medium – auf völlig unterschiedliche Weise. Mal geht’s böse zur Sache, mal ist’s lauschig, mal ist’s banal, mal ist’s kurzweilig, mal ein Griff ins Klo. Und manchmal kommen die Blockbuster, die einen einfach nur umpusten. Für mich passt die Assassin’s Creed-Serie genau in diese Kategorie. Sie ist die perfekte Versoftung eines Dan Brown-Romans. Verschwörungstheorie meets Historizität, gepaart mit ein bisschen Verdrehen der Fakten – natürlich alles im Namen der Kunst. So schlüpft in der Assassin’s Creed-Serie der Spieler in die Rolle eines Attentäters der Assassinen-Sekte, die sich um die Jahrtausendwende vor allem in Syrien (und Persien) als Splittergruppe der Ismailiten formiert hatte und von einem Meister angeleitet wurde, den die Quellen “den Alten vom Berge” nennen. Ziel der Assassinen war es, politische Gegner, die der Sekte und ihren Ansichten feindlich gesonnen waren, mit gezielten Attentaten aus dem Weg zu räumen. Und so wird’s auch in Assassin’s Creed erzählt. Dabei hält man sich in der Serie zu Beginn recht nah an die historischen Fakten. Städte wie Akkon oder Petra sind ebenso im Spiel erstaunlich akkurat wie die Erwähnung tatsächlicher Opfer der Assassinen (so z.B. Conrad von Montferrat). Ab Teil 2 wird’s dann allerdings etwas unglaubwürdig, da sich hier das gesamte Geschehen in Norditalien in der Renaissance-Zeit abspielt – und da war die Assassinensekte schon längst zerschlagen worden. Teil 2.5 (Brotherhood) entführt den Spieler in der Rolle des Assassinen Ezio Auditore da Firenze ins Rom des 16. Jahrhunderts. Einem Lateinlehrer geht bei solchen vollmundigen Ankündigungen auf der Spielepackung natürlich sofort das Herz auf. Aber erst richtig stand mir der Mund offen, als ich im Spiel auf einmal auf dem Forum Romanum stand. Jedes, aber auch wirklich jedes Gebäude ist erkennbar und aufwendig nachgebaut. Man findet sich sofort zurecht: Hier der Saturn-Tempel, da der Bogen von Septimius Severus, die Überreste der Maxentius-Basilika. Und nicht weit entfernt ragt das Kolosseum in den nächtlichen Himmel. Schöner sah das virtuelle Rom noch nie aus. Da kann jede Animation vom History Channel einpacken. Natürlich muss man bei der Authentizität Abstriche machen.

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    Des Kaisers neue Triumphbögen – Original und Nachbau
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    Inschriften der beiden Bögen

    Daher muss man sich nicht wundern, wenn das Kolosseum kugelrund ist und nicht elliptisch wie das Original, oder am Septimius Severus-Bogen eine Weihschrift prangt, die an Kaiser Trajan gerichtet ist und vom Trajan-Bogen in Benevent stammt (Das Bauwerk sieht eher aus wie ein großgezogener Konstantinbogen, siehe Abbildung). Aber mal ehrlich: Das Spiel ist ja auch nicht für Lateinlehrer gemacht. Aber auch die haben an Assassin’s Creed Brotherhood einen Heidenspaß. Wie ein Derwisch zwischen den alten Ruinen herumzukraxeln, den virtuellen Grillen nachts beim Zirpen zuhören oder mit klopfendem Herzen vor dem Pantheon zu stehen – das hat mich richtig mitgerissen. Mehr als ein gutes Buch, mehr als ein Film. Also, liebe Ignoranten: wenn das keine Kunst ist, Leute, was ist es dann?
    Wer sich mal einen Eindruck von der Schönheit und der Detailliebe machen möchte, dem sei diese Führung hier empfohlen. Ist natürlich jetzt keine architektonische Abhandlung, gibt aber einen Überblick über die großen Bauwerke der ewigen Stadt – und ihren virtuellen Pendants:

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